Ehrlich gesagt war es anfangs recht beängstigend. Zunächst habe ich mich bei ein paar kleinen Testfahrten vorsichtig aufs Wasser gewagt. Schritt für Schritt bin ich dann auch bei stärkerem Wind und rauerer See hinausgefahren. Auf diese Weise habe ich ein immer besseres Gespür für das Boot entwickelt und erkannt, unter welchen Bedingungen es sich am besten steuern lässt.
Ich nutze zum Beispiel Segel aus alten Zeltplanen, die ich zurecht schneide. Alternativ habe ich noch einen Außenbordmotor. Allerdings segle ich die meiste Zeit vor dem Wind – unter anderem, weil die Schwerter nicht wirklich funktionieren. Ich warte also auf den Wind, der mich in die richtige Richtung treibt – und dann geht es los.
Es ist ein sehr langsames Boot. Im Durchschnitt fahre ich zweieinhalb bis drei Knoten. Mein Rekord lag bei 5,6 Knoten. Allerdings hatte ich da vermutlich zwei Knoten Strom.
Die stärksten Bedingungen, bei denen ich je unterwegs war, waren fast 50 Knoten und fünf bis sieben Meter See. In dieser Nacht befürchtete ich, an den Klippen im Süden Tasmaniens zu zerschellen. Dank des Außenborders konnte ich mich gerade noch frei halten. Das hat mir erstmal den Wind aus den Segeln genommen. Allerdings habe ich dadurch meine Grenzen besser kennengelernt.
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Ursprünglich wollte ich eine vom Staat ausgemusterte Fähre mit Platz für rund hundert Fahrzeuge in eine Insel mit Restaurant, Bar und Seminarräumen umwandeln. Dort hätte ich Coaching-Kurse angeboten, die ich früher beruflich gegeben habe. Doch die Regierung lehnte ab und ließ die Fähre verschrotten.
Ich beschwerte mich bei meinem Vater. Doch dieser meinte nur: „Warum baust du deine Innovationsinsel nicht aus dem Abfall von Fischfarmen? Davon gibt es doch genug.“ Für ihn war es eine beiläufige Bemerkung – für mich der Beginn des Projekts.
Zuerst bekam ich von einem Bekannten die Boje einer alten Austernfarm, dann fragte ich andere nach brauchbarem Meeresmüll und begann selbst an der Küste zu suchen. Schritt für Schritt öffneten sich neue Wege, und immer mehr Material tauchte auf.
Es war ein Prozess; ich habe viel ausprobieren müssen. Zudem brauchte es Geduld: es ging drei Schritte vor, zwei zurück. Ich fand Materialien von Fisch- oder Muschelfarmen, Fisch- oder Sportbooten. Sie waren vorher noch nie zusammengesetzt worden.
Das Problem war, dass ich weder Muttern, Schrauben noch Nägel oder Gurte fand. Anfangs laschte ich die einzelnen Teile mit Seilen zusammen, die ich fand. Doch es wäre das Schlimmste gewesen, wenn sich diese Laschen gelöst hätten und das Boot im Sturm auseinanderfallen würde. Schließlich kam ich auf die Idee, die Rohre ineinanderzustecken.
Nein, nichts dergleichen. Das hätte auch nicht funktioniert, denn ich arbeite mit unbekannten Materialien und unbekannten Mengen.
Ich musste mit den Materialien herumprobieren – so lang, bis ich das Gefühl hatte, dass sie eine Struktur bilden, die auf dem Meer schwimmen.
Dabei half mir, dass ich zuvor schon viel Segeln und surfen war. Ich wusste also, wie kräftig der Ozean ist, und was das Boot aushalten muss.
Ich habe mit drei Monaten geplant. Am Ende dauerte es zwei Jahre. Zum Glück war der Eigentümer des Grundstücks, auf dem ich das Boot baute, auf meiner Seite. Dort gab es einen kleinen See, auf dem ich testen konnte, ob meine Konstruktionen schwammen. Wochenlang stand ich stundenlang im brusttiefen Wasser und verband Austerngestelle miteinander. Mehrere Anläufe waren nötig, bis ich eine Form fand, die mir Sicherheit gab. Schließlich wurde es ein Floß mit spitzer Nase.
Ungefähr seit Februar 2024. Dann lag es noch länger am Anker und ich musste noch die Kajüte bauen, den Außenborder und die Segel anbringen sowie die Elektrik installieren.
An Bord habe ich ein 200-Watt-Solarpanel und eine 120-Ah-Lithiumbatterie – genug für Radio, gelegentliches Laden von Telefon und Laptop sowie die Innenbeleuchtung. Neu hinzugekommen ist Starlink, denn in der Bass Straße und in Teilen der viktorianischen Gewässer gibt es keinen Mobilfunk, um Wetterdaten zu empfangen. Außerdem nutze ich eine kleine Bohrmaschine, einen Werkzeugkasten, einen 12V-Kühlschrank und habe Surfboards dabei.
Ja, ich liebe es, den Ozean zu erleben und surfen zu gehen. Das Verständnis für das Meer und dessen Funktionsweise spielt eine große Rolle. Ich nutze die Strömungen, Gezeiten und die Winde. Das Wissen dazu ist für die Sicherheit meiner Reise entscheidend.
Vor dem Projekt war mir Umweltverschmutzung und Artensterben schon bekannt, doch es war mir irgendwie fern. Erst als das Projekt begann und ich viel Zeit damit verbrachte, an der Küste entlangzugehen und Meeresmüll zu sammeln, wurde mir deutlich, wie sehr ich mich in eine Opferhaltung versetzte und mich machtlos fühlte. Ich beschloss, Verantwortung zu übernehmen und aktiv etwas zu tun. Ich bin überzeugt: Wenn wir alle ein wenig mehr für die Natur einstehen, kann der Wandel gelingen.
Manche hielten mich für verrückt und sagten voraus, dass ich scheitern würde. Andere wiederum trauten mir das von Anfang an zu – vorausgesetzt, ich wähle die richtigen Bedingungen. Dieses breite Spektrum an Reaktionen war mir von Anfang an bewusst. Dennoch konzentriere ich mich auf meine Mission. Ich glaube, dass wir das erreichen, worauf wir unseren Fokus richten.
Ich habe gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen und Prioritäten zu setzen. Vor der Sturmnacht, in der ich beinahe an den Klippen Südtasmaniens zerschellt wäre, sorgte ich mich noch mehr darum, was andere von mir denken. Danach wusste ich: Meine Sicherheit und die meines Bootes müssen immer an erster Stelle stehen.
Außerdem habe ich gelernt, mit wenig Geld zu leben. Geld spielt in meinem Leben kaum noch eine Rolle, zumal es weltweit so viel Schaden anrichtet. Heute weiß ich, wie man auch mit wenig Mitteln ein außergewöhnliches Leben führen kann – und dass es wichtig ist, um das zu bitten, was man braucht. Früher fiel mir das schwer, doch das Projekt hat mich genau das gelehrt.
Ich habe es geschafft, eine Vision Wirklichkeit werden zu lassen – etwas, das sich manche nicht vorstellen können.
Von hier aus geht es weiter Richtung Sydney. Wann ich dort ankomme, weiß ich noch nicht – ebenso wenig, was danach geschieht. Für mich ist das Ganze eine Art spirituelle Reise. Die Aborigines nennen es „auf Wanderschaft gehen“ – eine Suche nach sich selbst. Vielleicht erreiche ich Sydney nicht, und auch das wäre in Ordnung. Eine andere Idee ist, das Meeresmüll-Boot dort an Land zu holen, Räder anzubringen und es an der Leine bis vor das Parlament in Canberra zu ziehen. Ich werde sehen, was passiert.