Dabei war die Karriere des Düsseldorfers als Repräsentant der Marke Jongert zunächst ein klassischer Zufall. Nachdem er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg seine erste erfolgreiche Karriere mit dem Verkauf von Rundfunkgeräten, Rechenmaschinen und einer eigenen Software für die Medizinbranche gestartet hatte, war er in den sechziger Jahren auf der Suche nach einer Yacht für eine Weltumsegelung. In Medemblik stieß er auf die Yachtwerft Jongert, die, so Dahm, „gute Boote, aber schlechtes Marketing“ machte. Wie es so kommt: Wenig später begann seine zweite Karriere als selbstständiger Marketing- und Vertriebschef der Marke, die in den folgenden Jahrzehnten einen Ruf wie Donnerhall erfuhr.
Immer wieder hat der Familienvater seitdem mit Ideen und Rekorden für Aufsehen gesorgt. Über Jahre hinweg hat Jongert auf der boot Düsseldorf – vor Dahms Haustür – die größte Yacht der Messe ausgestellt. Als regelrecht verrückt galt um die Jahrtausendwende seine Idee, auf der Flybridge seiner 35-Meter-Benetti „My Way“ eine aufgeriggte Segelyacht mitzuführen: die Mini-Jongert „True Love“ aus der Feder von Judel/Vrolijk.
Anstelle der Weltumsegelung sah man das spätere Ehrenmitglied des Düsseldorfer Yachtclubs, des Real Club Náutico de Palma und des Yacht Club de Monaco auf den Regattabahnen. Hierfür hatte der Tüftler Ron Holland mit der Entwicklung der perfekten Maxi-Yacht beauftragt. Die Jongert 2200s „Inspiration“, eine Yachtbau-Ikone, war Mitte der achtziger Jahre wohl der erste reinrassige Cruiser-Racer und vollgestopft mit wegweisenden Ideen: allen voran die weltweit erste hydraulische Heckklappe mit Badeplattform und Garage, eine ausfahrbare, um 360 Grad drehbare Bugschraube oder ein cleveres Stausystem, mit dem die gefurlten Genuas längs in Röhren tief in die Bilge hineingezogen werden konnten. Erfolge wie der lange gehaltene Streckenrekord Newport–Bermuda trugen zur Legendenbildung bei.
Unter der Marke „dahm international“ hat der Entrepreneur über Jahrzehnte die Entwicklung der Maxi-Szene begleitet und Hunderte Yachten vermittelt, die meisten mehrfach. Den Broker- und Charterbetrieb hatte er Ende der neunziger Jahre veräußert, Teile davon aber später, schon tief im Rentenalter, wieder zurück übernommen, um seinen Kundenstamm weiter betreuen zu können. „Meine Kunden sind meine Freunde“ lautete ein Mantra Dahms. Mit diesen Freunden segelte er noch bis vor zehn Jahren regelmäßig Werftregatten im Mittelmeer.
Kundenbindung war eine der vielen Leidenschaften des Multi-Unternehmers. Die Gründung eines Luxus-Spa in Düsseldorf im Alter von rund 80 Jahren mag wie eine Randnotiz wirken – war aber tatsächlich seiner damals schwerkranken Ehefrau gewidmet. Das „Momentum Spa“ war kurz nach der Eröffnung auf Rang 2 der „besten Spas Deutschlands“ gelandet. Wenn Dahm etwas tat, dann richtig.
Die Branche traf ihn zuletzt zur Eröffnung der boot Düsseldorf 2023. Sein Fehlen bei diesem geliebten Pflichttermin 2024 war schon ein Vorzeichen. Herbert Dahm hat am Wochenende, wenige Wochen vor seinem 95. Geburtstag, seine letzte Reise angetreten.
Die Yachtwelt verliert einen legendären Tüftler und Treiber. Entrepreneur und Freund. Vor allem aber einen Segler.
Jörg Müller-Dünow