Zwei Männer, ein Boot, das offene Meer – und eine Situation, aus der es für einen kein Zurück mehr gab. Was als gemütliche Rückreise von einem Multihull-Treffen in Norwegen begann, endete in einer Tragödie vor der schwedischen Küste. Seit Monaten steht der 65-jährige Andreas F. aus Berlin vor Gericht. Dem Skipper eines F-24-Trimarans wird vorgeworfen, seinen langjährigen Freund Thomas B. (71), einen Juristen aus Schöneberg, im Sommer 2024 getötet zu haben. Nun hat die Aussage eines schwedischen Rettungspiloten neue Brisanz in den Fall gebracht.
Der 64-Jährige war an der Rettungsaktion beteiligt und schilderte am Mittwoch seine Beobachtungen vor dem Berliner Landgericht. Der Berliner Kurier zitiert den Piloten wie folgt: „Aus meiner Sicht sah es aus, als würde eine Person die andere unter Wasser festhalten.“ Die gesamte Szene habe seltsam gewirkt, Rettungsversuche habe er nicht gesehen, so der Pilot. Das widerspricht allerdings den Aussagen, die der Angeklagte Andreas F. gemacht hat. Er behauptet, er habe versucht, seinem in Not geratenen Freund zu helfen.
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders und wirft dem Angeklagten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. In einer Mitteilung des Landgericht Berlin wird der Fall wie folgt geschildert:
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, am 1. August im Kattegat nahe der schwedischen Küste seinen Segelpartner getötet zu haben. Zuvor habe es einen Streit gegeben, bei dem sich beide gegenseitig verletzt hätten. Andreas F. soll dann eine metallene Halterung vom Rettungsring genommen und seinem Freund auf den Hinterkopf geschlagen haben, woraufhin dieser über Bord fiel. Danach habe der Angeklagte seinem Freund geholfen, wieder auf das Boot zu kommen.
Doch der Streit habe erneut begonnen und Andreas F. habe angefangen, seinen Freund zu würgen. Daraufhin sei dieser ins Wasser gesprungen. Augenzeugen hätten die Küstenwache alarmiert und ihm einen Rettungsring zugeworfen. Aus Angst, Thomas B. könnte von dem Vorfall berichten, sei Andreas F. hinterhergesprungen. Als er ihn erreicht habe, soll er ihn unter Wasser gedrückt und dadurch ertränkt haben.
Letzteres will der Helikopter-Pilot der Küstenwache beobachtet haben. Laut Berliner Kurier berichtet er zudem, dass Andreas F. von seinem Freund abgelassen hätte, als er den abgeseilten Rettungsschwimmer entdeckt hat. Als wäre nichts gewesen, sei er zurück zu seinem Boot, der “Jolly Rose”, geschwommen, sagt er. Auch das widerspricht der Aussage, die der Angeklagte vor Gericht abgab. Dieser hatte behauptet: “Ich wollte ihn retten. Aber ich bekam ihn nicht richtig zu fassen, meine Kräfte verließen mich.”
Nach dem Vorfall wurde der Angeklagte wegen des Verdachts auf Mord von den schwedischen Behörden festgenommen. Die Staatsanwaltschaft beantragte Haftbefehl wegen Verdacht des Mordes - unter anderem wegen Fluchtgefahr und der Sorge, Beweise könnten vernichtet werden. Im Frühjahr 2025 wurde der Fall an die Berliner Justiz übergeben. Seit Juli steht F. nun in Berlin vor Gericht.
Während die Verteidigung von einem tragischen Unfall und einem in Panik gescheiterten Rettungsversuch spricht, bewertet die Anklage die Tat als vorsätzlichen Gewaltakt. Sie argumentiert, dieser sei durch einen eskalierenden Streit ausgelöst und mit tödlicher Entschlossenheit ausgeführt worden.
Neun weitere Prozesstage sind laut Landgericht Berlin angesetzt. Ein Urteil wird derzeit für den 28. November erwartet. Bis dahin soll geklärt werden, was wirklich an Bord des Trimarans “Jolly Rose” passiert ist.