Lasse Johannsen
· 02.11.2016
Jens Burmester erhielt die Auszeichnung »Segeln – Lieben – Bewahren«. Seit zehn Jahren widmet er sich dem Erhalt des Spitzgatters "Astral"
Auf dem Treffen des Freundeskreises Klassische Yachten während der Messe Hanseboot verlieh Torsten Conradi, Präsident des Boots- und Schiffbauerverbandes, die vom Hamburger Künstler Hinnerk Bodendieck gestaltete Plakette "Segeln – Lieben – Bewahren" an Jens Burmester, Eigner des 38-Quadratmeter-Klassenspitzgatters "Astral" aus dem Jahr 1939. Die Plakette wird vom Freundeskreis vergeben "als Auszeichnung für die vorbildliche Erhaltung einer klassischen Yacht. Einbezogen in die Wertung werden auch persönlicher Einsatz sowie das Vermeiden gravierender Stilbrüche."
Von den 2000 im vergangenen Sommer gesegelten Seemeilen erzählt Jens Burmester zwar lieber, aber die Tatsache, dass er sich diese Zeit auf dem Wasser jeden Winter aufs Neue hart erarbeitet, stand bei der Würdigung seiner Bemühungen um das maritime Erbe im Mittelpunkt. Schließlich sind es Leute wie er, die dafür sorgen, dass umfangreiche Restaurierungen, bei denen die Substanz der Schiffe ausgetauscht werden muss, gar nicht erst nötig werden. Der Freundeskreis Klassische Yachten verleiht die Auszeichnung »Segeln – Lieben – Bewahren« seit vielen Jahren Eignern, die wie Burmester dazu beitragen, dass der Szene die "Originale" erhalten bleiben.
Der Spitzgatter "Astral" ist dabei nicht nur im Hinblick auf seinen Zustand ein "Original". In seiner Laudatio führte Torsten Conradi aus:
Der "Spitzgatter" ist bei Liebhabern klassischer Yachten geradezu ein Inbegriff für dänische Bootsbaukunst. Diese Bauweise, bei der Schiffe nicht nur vorn, sondern auch achtern spitz zulaufen, zählt zu den ältesten überhaupt. Sie findet sich wieder in der bewährten und weitverbreiteten Kragejolle, einem geklinkerten Boot, jahrhundertelang das bewährte Fahrzeug der dänischen Kleinfischerei. Aus ihr hat sich der karweel geplankte Rumpf des Spitzgatters mit gestreckteren Linien und einem größerem Lateralplan entwickelt.
Die Entwicklung des Riggs führte vom ursprünglichen Sprietsegel der Kragejolle zunächst zur Gaffeltakelung. Erst später wurden die Vorteile des Marconiriggs erkannt, was die markanten hohen Masten und die typische mächtige Segelfläche im Groß und ein recht kleines Vorsegel mitbrachte.
Das rund zulaufende Heck mit dem angehängten Ruder sorgt für einen harmonischen Wasserablauf. Das angehängte Ruder unterscheidet im übrigen den Spitzgatter vom "Doppelender", der eine in einem Koker geführte Ruderwelle aufweist. Da diese Konstruktion ein Achterstag allenfalls mit einer aufwändigen Hilfskonstruktion zulässt, wird der gewachsene Mast meist nur von den Wanten, gelegentlich noch von Backstagen gehalten.
Ihre Glanzperiode hatten die Spitzgatter zwischen 1920 und 1950. Ein Trio begnadeter Konstrukteure hat die Boote vervollkommnet: Georg Berg, M. S. J. Hansen und Aage Utzon. Gesegelt wurden sie in mehreren Klassen: 20, 26, 30, 38, 45 und 55 Quadratmeter. Die meiste Verbreitung haben die 30-Quadratmeter- und 38-Quadratmeter-Boote gefunden.
Der große Ausverkauf in den fünfziger Jahren in die USA und nach Kanada brachte ganze Flotten auf die Großen Seen und an die Westküste. In amerikanischen Fachzeitschriften stößt der Leser heute auf zahlreiche, meist gut erhaltene Exemplare. Hierzulande zählt ein Spitzgatter eher zu den seltener anzutreffenden Booten.
Der hier ausgestellte 38-Quadratmeter-Klassenspitzgatter "Astral" entstammt der Feder Aage Utzons. Seine Konstruktionen waren überwiegend schnelle Regattaschiffe. Utzon zeichnete gern etwas spielerisch, mit eher unscheinbaren Merkmalen. Typischerweise sind seine Boote mit den auch hier sichtbaren rechteckigen Fenstern versehen. "Astral" entstand 1939 auf der Werft von P. Clausen im dänischen Bandholm auf der Insel Lolland. Zu Wasser gekommen ist es aber erst nach dem Krieg im Jahr 1946.
Ein erster Umbau mit der vorderen Kajüte erfolgte bereits im folgenden Jahr 1947. Abgesehen von notwendigen Instandsetzungen und einer aus Sicherheitsgründen vorgenommenen Umlenkung der Fallen in die Plicht kommt "Astral" weitgehend original daher.
Und auch der Motor ist eine Spezialität. Er ist zwar nicht wie das Schiff über 75 Jahre alt, ein gleichnamiger Motor aus der legendären Fabrikation am Hafen von Marstal ist fraglos eine zu einem dänischen Spitzgatter passende Rarität.
Ebenfalls anwesend bei der Preisverleihung war Gorm Boa, 71, aus Kopenhagen, einer der Voreigner, der das Schiff in den achtziger und neunziger Jahren besessen hatte. "Ich bin sehr stolz, dass ‚Astral‘ vom Freundeskreis ausgezeichnet wurde", sagte er YACHT online. Er und seine Familie sind damit hauptsächlich Touren gesegelt, in Dänemark natürlich – aber auch Schweden, Norwegen und Deutschland sind dabei oft längsseits gekommen. Restauriert hat er natürlich ebenfalls, sagt Boa: "Das Deck, das Kajütdach, ein neuer Baum." Vieles davon sei noch im Dienst. Wie auch die s-förmig gebogene Schiene für die Mastrutscher des Großsegels. "Damit konnte man das Großsegel viel schneller und einfacher reffen", so Boa.