InterviewWie wird man Bareboat-Skipperin?

Martin Hager

 · 28.06.2024

Jacqueline Bonfiglio
Foto: YACHT/Martin Hager
Jacqueline Bonfiglio gehört zu den jüngsten Bareboat-Skipperinnen und -Skippern der großen weltweiten Moorings-Flotte. Mit 28 Jahren lebt sie ihren Traum vom Barfuß-Leben an Bord – und das auf den British Virgin Islands.

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Jacqueline, du bist Bareboat-Skipperin in einem Segel-Traumrevier? Wie kam es dazu?

Es begann damit, dass ich 2019 auf die British Virgin Islands kam. Das war meine erste Saison hier, und ich kam, um in einem Sommercamp zu arbeiten, das ich besucht hatte, als ich noch viel jünger war. Und seit ich in diesem Camp war, hatte ich einen tief in mir verankerten Wunsch (lacht). Ich wollte unbedingt zurückkommen und hier arbeiten. Ich bekam einen Job bei der Firma Sail Caribbean, für die ich drei Saisons lang arbeitete, jeweils von Mai bis September. Und jedes Jahr hat sich meine Position ein bisschen weiterentwickelt, ich bin peu à peu in den Rängen aufgestiegen. Erst war ich Deckhand, dann Skipper und schließlich noch zusätzlich Tauchkoordinator. Danach habe ich mir ein Jahr Auszeit genommen, um mir zu überlegen, wie ich meine Skipper-Karriere weiter vorantreiben kann. Ich wollte gern ein Boot führen, sei es für Charterunternehmen oder für eine Privatperson. Und Moorings stand weit oben auf meiner Liste, deswegen habe ich sie kontaktiert.

Warum genau Moorings?

Moorings und Sunsail sind die größten Charterunternehmen auf den BVIs, die ganz zu Recht als eines der schönsten Charterreviere der Welt bezeichnet werden. Konstanter Wind, traumhafte Temperaturen und ein entspannter Lifestyle unter Palmen. Dazu sind fast alle Ziele innerhalb eines Tages ganz entspannt zu erreichen.

Was musstest du vorweisen, um Skipperin bei Moorings zu werden?

Ich musste entweder einen RYA Yachtmaster oder einen gleichwertigen Segelschein haben. Für mich als Amerikanerin war die USCG-Lizenz die logische Konsequenz.

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Was bedeutet das, und was darfst du damit fahren?

Das steht für U.S. Coast Guard Licence und ich darf Boote mit bis zu 100 Tonnen Verdrängung und mit mehr als sieben Gästen skippern. Das entspricht mehr oder weniger dem Yachtmaster der Royal Yachting Association, nur dass man für die USCG-Prüfung mindestens 720 Tage auf See nachweisen muss – in den letzten drei Jahren. Das hatte ich natürlich durch meine Skipper- und Tauchjobs in den Jahren zuvor leicht zusammen. Dazu kommt die Prüfung, für die man ganz normal lernen muss. Das war ein hartes Stück Arbeit.

Wie lange bist du jetzt schon Skipperin auf den BVIs?

Seit Februar dieses Jahres.

Das ist noch nicht lange. Fühlst du dich sicher im Umgang mit den Katamaren, die du mitunter ja ganz allein segeln und anlegen musst, da die Chartergäste gar nicht segeln können?

Ich fühle mich total sicher, der Leopard 50, auf dem ich meistens bin, ist ein Schiff, dass ich durch meine Arbeit bei Sail Caribbean sehr gut kenne. Ich bin mit der Technik an Bord bestens vertraut und kann dadurch fast alles selbst reparieren und technische Probleme an Bord meist allein lösen.

Kannst du einen Motor ausbauen oder Motor reparieren?

Nicht unbedingt, aber ich musste schon Kraftstoffpumpen und Ölfilter austauschen und Ölwechsel und ähnliche Jobs allein erledigen.

Was ist das Beste an deinem Job?

Ich liebe es, anderen Menschen die British Virgin Islands nahezubringen – vor allem Gästen, die noch nie hier waren. Dieses Revier ist so besonders und einzigartig. Da ich schon so lange hier lebe und die Inseln zu meinem Zuhause geworden sind, genieße ich es, die Kultur, die Geschichte und die Schönheit der Natur an unsere Kunden weiterzugeben.

Segeln und Skippern ist ein recht männerdominierter Beruf. Wirst du oft komisch angeschaut, wenn du allein am Ruder und ohne Hilfe deiner Gäste in einen Hafen einläufst?

Andauernd. Vor allem, wenn das Boot voller älterer Leute ist, älterer Männer. Und dann ist da eine zierliche 28-jährige Frau, die das Boot steuert.

Kannst du gut mit diesen Blicken umgehen?

Klar, ich weiß ja, dass ich anlegen kann, und ich weiß, dass das Hafenkino dazugehört. Mir geht es ähnlich; wenn ein Boot einläuft, möchte ich sehen, was los ist. Mich interessiert, wie die Leute mit ihrem Boot umgehen, und ich biete gern meine Hilfe am Dock an. Und ich weiß, dass sie dasselbe tun, wenn sie mich in die Marina fahren sehen. Ich habe auch gelernt, die Leute im Hafen auszublenden. Das hilft mir sehr!

Du lebst mit deinen Chartergästen auf engem Raum zusammen. Wie kommst du damit klar?

Ich hatte mit all meinen Gästen bisher sehr viel Glück. Ich bin aber ohnehin ein offener Mensch und genieße es, viele Leute kennenzulernen und ihre Geschichten zu hören.

Wenn du das Segelrevier wechseln müsstest, was wäre dein Traumrevier?

Ich kann mir vorstellen, dass mir Griechenland, Italien und Kroatien sehr gut gefallen würden. In all diesen Ländern gibt es Moorings-Standorte – wer weiß, wo es mich hin verschlägt. Rein seglerisch würde mich das sicher weiterbringen, denn auch die zu segelnden Distanzen sind dort wesentlich größer, wenn gewünscht.

Kannst du dir vorstellen, auf deinem eigenen Boot um die Welt zu segeln?

Ja, klar, das würde mir gefallen. Aber natürlich muss ich Geld verdienen, deswegen ist mein aktueller Lifestyle ein absoluter Traum. Ich segle unter der karibischen Sonne, verdiene Geld und spare für weitere Abenteuer.

Würdest du dir für deine privaten Segelreisen einen Kat oder einen Monohull kaufen?

Das kommt stark darauf an. Ich liebe den Komfort eines Katamarans, aber um des Segelns willen und wegen der besseren Segeleigenschaften würde ich mich wohl für einen Monohull entscheiden. Ich bin aktuell froh, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss, denn sie fiele mir nicht leicht.

Was ist dein Tipp für junge Frauen und Männer, die in deine Fußstapfen treten wollen?

Habt keine Angst, findet selbst heraus, was ihr wollt, folgt eurem Gefühl und lasst euch nicht vom Kurs abbringen. Ihr müsst euch selbst antreiben, denn einfach ist es sicherlich nicht – sonst würde es ja auch jeder machen.


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