InterviewWie gelingt ein Sabbatical als Führungskraft?

Nils Theurer

 · 18.07.2024

Interview: Wie gelingt ein Sabbatical als Führungskraft?Foto: Christian Pukelsheim
Mit Familie und Freunden auf der Langfahrtyacht
Mit Partnerin und drei Kindern überließ der 43-jährige Christian Pukelsheim seinen Betrieb für ein Jahr seinen 20 Mitarbeitern. Fünf Jahre dauerte die Vorbereitung, vier Jahre vor dem Start wurde die Langfahrtyacht gekauft

Sagen Sie mal, Herr Pukelsheim, wie funktionierte das denn als Unternehmer im Sabbatical?

Sehr gut! Als ich den Mitarbeitenden meine Idee eineinhalb Jahre vor dem geplanten Ablegen auf einer Betriebsversammlung präsentiert habe, waren sie stolz, Teil dieses Traums zu werden und mit ihrer Kompetenz einen Beitrag zu leisten.

Wie blieb der Chef unterwegs informiert?

Mit einem Onepager pro Monat. Drei Führungskräfte notierten auf dieser einen Seite eine Ampelfarbe, ein paar Unternehmenskennzahlen und betriebliche Entscheidungen. Ich bekam sonst keine Mails.

Warum ein Monat und nicht etwa eine Woche?

Das passte zu den Betriebszahlen, sonst wäre ich zu oft gedanklich bei der Firma gewesen. Außerdem wäre das für die Führungsriege zu krasses Reporting. Und ich wollte ja das Verantwortungsgefühl stärken.

Gab es daheim Probleme, während Sie weg waren?

Es gab einige. Ein Hauptkunde schloss den Betrieb, es gab einen Liquiditätsengpass, aber ich hätte gar nicht viel helfen können. Die Geschäftsführung hat die Probleme analysiert und mutig entschieden.

Fiel die Rückkehr auf die Brücke schwer?

Nein, und alle haben sich gefreut. Allen war aber auch klar, es kommt nicht der gleiche Typ zurück, und die alte Rolle ist nicht mehr vorhanden. Obwohl sich das manche bestimmt gewünscht hatten.

Sollten also alle Chefs gelegentlich segeln gehen?

Das würde vielen Unternehmen guttun.

Gibt es Parallelen zwischen der Führung eines Unternehmens und der einer Segelyacht?

Ja, man sollte immer den Zielhafen genau kennen.

Sie stellen neuerdings auch Scheren für Segelmacher und Takler her. Weil Sie segeln?

Wir sind beide Segler, meine Frau spleißt außerdem gern. Ich hatte bisher gar keine Verbindung gesehen, und wir waren vor vier Jahren eher versuchsweise auf der Herstellermesse Mets in Amsterdam. Seitdem bestücken wir auch den maritimen Sektor. Seit Kurzem gibt es von uns eine Segelmacherschere, mit der man zum einen slicen kann, das ist eine besondere Schneidetechnik, die harte Mikroverzahnung schneidet aber auch Dyneemafasern.

An Bord hatte ihre Frau 20 Jahre Segelerfahrung voraus, wer von Ihnen beiden war Skipper?

Wir dachten, das gemeinsam hinzubekommen, was aber nicht funktionierte. Es gab noch zwei inkompatible Zwischenlösungen, zuletzt haben wir immer sonntags um null Uhr gewechselt, das klappte.

Welche Etappe war eigentlich die schönste?

Als wir das Boot eine Etappe ohne funktionierenden Motor bewegen mussten. Nicht nur bei Wind, sondern besonders in einem Flautenloch. Zur Untätigkeit verbannt zu sein, das musste ich auch unter Segeln lernen.

Die Hochseeyacht ist jetzt verkauft. Atmen die 20 Mitarbeiter auf?

Nun, ich habe meine neue Rolle gefunden, wir segeln außerdem die oft nicht genutzten Familienyachten befreundeter Eigner. Wir sind nun Schiffshopper.

Der 43-jährige Christian Pukelsheim führt in vierter Generation den Solinger Scherenhersteller Robuso. Über seine einjährige Segel­auszeit als Unternehmensführer hat er ein Buch geschrieben („Radikal weg“, Mentoren-Verlag)Foto: Christian PukelsheimDer 43-jährige Christian Pukelsheim führt in vierter Generation den Solinger Scherenhersteller Robuso. Über seine einjährige Segel­auszeit als Unternehmensführer hat er ein Buch geschrieben („Radikal weg“, Mentoren-Verlag)

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