InterviewWas macht ein Segelboot beim Wacken Open Air?

Ursula Meer

 · 20.12.2024

"Hedwig"  und Eigner Peter Marquardt.
Foto: Jörg Marquardt
Ein Segelboot beim Wacken Open Air? Hat der Eigner sich im Landliegeplatz vertan? Was sich hinter dem skurrilen Foto verbirgt.

Sagen Sie mal, Herr Marquardt, wie wurde Ihr Boot zum Wacken-Star?

Ganz aus Versehen! Wir hätten das selbst nicht erwartet, aber wir waren damit ganz weit vorne. Mit einem Boot auf das Festival zu fahren, um darin zu übernachten – das hat vor uns wohl noch niemand gemacht, und ganz sicher waren wir das einzige seetüchtige Boot auf dem Gelände. Das Aufsehen ging schon bei der Anreise los: Mehrere Kilometer vor der Zufahrt begannen schon die ersten Leute, zu winken und uns „Ey, geile Idee“ und so zuzurufen – das haben wir in den nächsten Tagen unzählige Male gehört. Etwa alle zehn Minuten wurden wir gefragt, ob jemand ein Foto machen darf oder ob man mit dem Boot auch segeln kann. Auf dem Festival sind viele Schleswig-Holsteiner und damit auch viele Segler, die löcherten uns mit Fragen, wo wir denn sonst so unterwegs sind, und erzählten uns ihre Geschichten – wie das immer so ist unter Seglern.

Aber bestimmt haben nicht nur die Segler ein Auge auf Ihre „Hedwig“ geworfen?

Nein, auch andere. An Bord war immer megaviel los. Die Seenotretter kamen zu einem Gruppenfoto und einem kleinen Schnack vorbei. Ganz besondere Bordpartys haben wir mit dem NDR-Gartenexperten John Langley und der Burlesque-Künstlerin Eve Champagne gefeiert, die sehr angetan war von dem Bordleben an Land und gleich mehrmals vorbeikam. Reichlich Zufallsbesuch gab es auch, wir waren so etwas wie ein kleiner Leuchtturm auf dem riesigen Campinggelände. Wir hatten den Mast gestellt, daran wehte bei Tag eine Flagge, nachts leuchtete eine Lichterkette. Mehr als einmal hörten wir: „Gut, dass ihr hier seid und mir den Weg weist, ich hätte sonst meinen Platz nie wiedergefunden.“ Und wenn man dann schon mal da war, konnte man ja auch kurz an Bord kommen. Darum baten selbst die härtesten Metalheads aus dem Wasteland-Camp nebenan – und dann saßen die Kerle in ihren aufsehenerregenden Kutten grinsend im Cockpit dieses kleinen Boots. Das war selbst für Wacken schon irgendwie surreal, und so ging das jeden Abend. Holger Hübner, einer der Wacken-Gründer, hatte zwei Mal ein Foto von uns in seinem Status, und die Bilder wurden auch auf den Leinwänden auf dem Festivalgelände gezeigt.

Das alles war dann wohl von langer Hand geplant?

Nein, im Gegenteil: Es war eine spontane Idee rein praktischer Natur. Mein Bruder und ich waren in der Dänischen Südsee segeln und haben die „Hedwig“ im dänischen Faborg aus dem Wasser genommen. Da wir im Anschluss einen Job auf dem Festival hatten, lag es doch einfach nahe, das Bordleben zu verlängern und auf dem Rückweg direkt Kurs auf das W:O:A zu nehmen.

Und wie wohnt es sich auf 17 Fuß an Land?

„Hedwig“ stand fest und gerade. Drinnen unterscheidet sich das Wohnen bis auf die fehlende Nasszelle nicht von dem im Wohnwagen, es erfüllt die gleiche Funktion, ist aber eher gemütlicher. Und einen großen Vorteil hat ein Boot allemal: Rain or Shine wird egal. Im letzten Jahr ist das Festival im Schlamm versunken, und wir wurden oft gefragt, ob wir schlechtes Wetter befürchten. Wäre es in diesem Jahr wieder so gewesen, hätte uns das nichts ausgemacht, die Leisure ist ja auch dafür gemacht, in den Schlick zu sacken. Mal sehen, vielleicht ergibt sich die Gelegenheit im nächsten Jahr.


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