InterviewWarum ein Hochseekatamaran auf einem Baggersee segelt

Johannes Erdmann

 · 28.08.2023

Interview: Warum ein Hochseekatamaran auf einem Baggersee segeltFoto: A. Beuster
Hochseekatamaran auf dem Binnensee: Der Goitzschesee in Sachsen-Anhalt befindet sich auf dem Areal des ehemaligen Braunkohlentagebaus Goitzsche, das 1998 geflutet wurde. Heute ist der See ein Naherholungsgebiet
Ein ungewöhnliches Bild: Ein Hochseekat auf einem Baggersee. Zu sehen in Sachsen-Anhalt auf dem Goitschesee, wo ihn Andreas Beuster für Gast-Touren zugänglich macht. Wie es dazu gekommen ist, verrät der Segler im Interview

Sagen Sie mal, Herr Beuster warum ein Kat auf dem Baggersee?

Weil das ein recht ungewöhnliches Bild abgibt. Und irgendwie auch, weil alle gesagt haben: „Das geht doch nicht!“ So was reizt mich dann immer, es einfach trotzdem zu machen.

Mit dem Boot bieten Sie Rundfahrten an. Aber ist solch ein Hochseeschiff hier nicht am falschen Ort?

Als wir damals unser mediterranes Hotel-Resort „Seensucht“ direkt an dem See gebaut haben, meinten die Leute auch‚ so etwas gehört doch ans Mittelmeer und nicht an den Baggersee. Meine Antwort war: „Da gibt es doch so was schon. Hier fehlt es.“

Wie sind Sie auf den Katamaran gekommen?

Ich bin selbst Segler, deshalb wollte ich am See ein Wassersport-Highlight anbieten. Das war für mich ein Katamaran, denn so was hat hier niemand. Ideal, um unsere Gäste auf einen dreistündigen Kurzurlaub zu entführen und ein wenig zu verwöhnen.

Wie waren die ersten Reaktionen auf Ihre Pläne?

Als ich in Düsseldorf am Messestand ein Boot bestellen wollte, fragten die: „Wo wollen Sie damit segeln?“ Als ich antwortete: „Auf einem Baggersee bei Bitterfeld“, hieß es dann: „Wir haben keine Zeit für solche Albernheiten.“ Doch irgendwann haben sie verstanden, dass ich das durchaus ernst meinte.

Wie ist das große Schiff auf den See gelangt?

Es war ein Ausstellungsschiff auf der boot 2018. Nach der Messe wurde es in Düsseldorf in den Rhein gesetzt, und dann begann unsere Fahrt im Pulk mit den anderen Messeschiffen. Am Wasserstraßenkreuz Minden bogen alle auf die Weser ab, wir fuhren weiter in die Schleuse zum Mittellandkanal. Der Schleusenwärter dachte, wir hätten uns verfahren. „Ihr müsst da drüben lang, dort geht es zur Nordsee“, schrie er. Wir antworteten: „Wir wollen aber nach Bitterfeld.“

Ließ sich der Mann überzeugen?

Im Gegenteil, er rief die Polizei. Wir mussten unsere Papiere vorlegen und sogar einen Alkoholtest machen. Alle dachten, wir wären verrückt.

Doch irgendwann waren selbst die Kanäle zu Ende.

Die letzten 35 Kilometer von der Elbe zum See legte das Boot auf dem Tieflader zurück. Dafür mussten Ampeln und Verkehrsinseln demontiert werden.

Wie wurde Ihre Idee in Bitterfeld angenommen?

Die haben mir dort auch alle einen Vogel gezeigt. Aber als lokale Radiosender von der Überführung erfahren haben, musste ich mich nicht mehr ständig erklären. Unsere Ankunft wurde zum großen Event.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Seitdem drehen Sie hier mit Gästen Ihre Runden?

Anfangs hat mir das großen Spaß gemacht. Die skurrile Idee ließ viele Neugierige an den See kommen, einige übernachteten an Bord, und sogar die Werft schickte potenzielle Bootskäufer zur Besichtigung. Doch alles hat so seine Zeit, und deshalb überlegen wir, das Boot im kommenden Jahr ans Mittelmeer zu verholen und dort weiter unsere Touren anzubieten.

Damit verliert der Goitzschesee vermutlich seine größte Sehenswürdigkeit ...

Das schon. Aber ich habe bereits eine neue Schnapsidee: Wie wäre es mit einem Wasserflugzeug auf dem See?


Über Andreas Beuster

Andreas Beuster: Der 61-Jährige betreibt seit 2010 das Hotel-Restaurant „Seensucht“ am Goitzschesee. Seine ungewöhnlichen Ideen ziehen Gäste aus weiten Einzugsgebieten an. Den Sommer verbringt er gern auf seinem Zweitboot „Dienstreise“ am MittelmeerFoto: J. ErdmannAndreas Beuster: Der 61-Jährige betreibt seit 2010 das Hotel-Restaurant „Seensucht“ am Goitzschesee. Seine ungewöhnlichen Ideen ziehen Gäste aus weiten Einzugsgebieten an. Den Sommer verbringt er gern auf seinem Zweitboot „Dienstreise“ am Mittelmeer

Auch interessant:

Meistgelesen in der Rubrik Special