Tatjana Pokorny
· 24.08.2022
Die Ostseestadt Rostock ist vom 25. bis zum 28. August Gastgeberin der Inklusions-WM im Segeln. Gefordert sind Zweihand-Teams in der Klasse SV/14. Zu den Top-Favoriten im Feld von 26 Startern aus sieben Nationen zählen Heiko Kröger und Clemens Kraus, die für den Norddeutschen Regatta Verein starten.
Als Bühne für den WM-Gipfel haben die Rostocker Gastgeber ihren Stadthafen gewählt. „Das ist schön, wird sicher spannend und macht Spaß, auch wenn es tricky zugehen kann“, sagt Heiko Kröger. Und weiter: „Wir zeigen gerne bei der Inklusions-WM mit Seglern aus vielen Ländern, dass wir aus guten Gründen um unser Comeback bei den Paralympics kämpfen. Segeln gehört wieder ins paralympische Programm!“
Dafür haben der Weltseglerverband World Sailing, die Unterstützer und Aktiven mit einer starken, bereits eingereichten Bewerbung die Weichen gestellt. „Da hat World Sailing wirklich gigantische Arbeit geleistet“, attestiert Heiko Kröger, Paralympics-Sieger von 2000. In den kommenden Tagen wollen die Teams in der Hafen- und Universitätsstadt Rostock das Para- und Inklusionssegeln ins Rampenlicht rücken. Aktive mit und ohne Handicap werden bei der Inklusions-WM um die Medaillen und Top-Platzierungen kämpfen.
Die Teilnehmer kommen aus Österreich, Kolumbien, der Tschechischen Republik, Polen, den Niederlanden, Thailand und Deutschland. Die Idee zur Bootsklasse SV/14 stammt aus dem Jahr 2015. Die 4,39 Meter langen Boote werden von der Crew in Schalensitzen mit elektrischer Neigetechnik gesegelt. „Ich habe täglich mit dem Fahrrad trainiert, bin also bestens aufs Steuern vorbereitet“, sagt Heiko Kröger mit einem Augenzwinkern. Die Mannschaften sind gezielt mit Kombinationen aus Seglern mit und ohne Handicap besetzt. Es ist die Idealbesetzung für inklusives Segeln. Das gilt auch für Seesegler, Mini-Transat-Bezwinger und Class-40-Neueinsteiger Lennart Burke. Er bestreitet die Inklusions-WM mit Para-Schwimmerin Katherina Rösler und einigem Ehrgeiz.
„Jeder kann segeln. Unabhängig von den körperlichen Einschränkungen, die wir an Land erfahren. Indem wir die Teams auf diese Weise zusammenstellen, unterstreichen wir, dass Segeln eine der inklusivsten Sportarten der Welt ist“, erklärt Heiko Kröger. Der Gewinner der ersten Inklusions-WM im Segeln 2020 will mit Clemens Kraus um den Titel kämpfen. „Die Chancen sind da, aber es sind auch ein paar andere Gute am Start“, weiß der 56-Jährige aus Ammersbek. Dabei weist er unter anderem auf HSC-Steuerfrau Silke Basedow und ihr herausragendes Können hin. Kröger selbst wurde ohne linken Unterarm geboren. Er wird wieder mit Kraus an den Start gehen, um nach WM-Silber im vergangenen Jahr erneut das WM-Podium zu erobern.
„Viele von uns gewinnen offene Regatten gegen nicht behinderte Athleten – das ist Segeln, und deshalb ist dieser Sport so einzigartig in der Welt des Para-Sports“, erklärt Kröger, der als Mitglied der World Sailing Athletes’ Commission jede Gelegenheit nutzt, um die Vorteile des Para-Segelns zu demonstrieren. Seine Einschätzung: „Die Botschaft, die wir allen Zuschauern der diesjährigen Weltmeisterschaft in Rostock vermitteln, ist auch die zentrale Botschaft der World-Sailing-Bewerbung für die Wiederaufnahme des Segelns in die Paralympischen Spiele in Los Angeles 2028. Egal, welche körperlichen Einschränkungen man an Land hat, auf dem Wasser kann man viel, viel mehr erreichen. Deshalb sehen wir im Segelsport eine so große Bandbreite an Behinderungen.“
Die Inklusions-WM im Segeln wird von Deutschland auf Landesebene unterstützt. Die Schirmherrschaft hat Stefanie Drese übernommen. Die Ministerin für Soziales, Gesundheit und Sport des Landes Mecklenburg-Vorpommern sagt: „Spitzenveranstaltungen wie diese haben eine Vorbildwirkung für Inklusion im Sport und in der Gesellschaft. Sie sind ein Aushängeschild für Rostock und das Land Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb bin ich stolz darauf, dass Rostock mit seiner Exzellenz im Segelsport als Austragungsort für dieses sportliche Spitzenereignis ausgewählt wurde.“ Der Aufruf der Ministerin: „Ich hoffe, dass die Inklusions-WM im Segeln vielen Vereinen im Land den Anstoß gibt, Sportangebote für Menschen mit Behinderungen zu machen.“
Die Inklusions-WM im Segeln wird für die Zuschauer am Ufer der Warnowmündung live übertragen und von Experten kommentiert. Der Verband für Behinderten- und Rehabilitationssport Mecklenburg-Vorpommern (VBRS) wird neben der Meisterschaft auch ein Schnuppersegeln für Kinder mit Beeinträchtigungen organisieren. „Inklusiver Sport ist etwas Besonderes und enorm wichtig, um ein echtes Gemeinschaftsgefühl in unserer Stadtgesellschaft zu entwickeln“, sagte Dr. Chris von Wrycz Rekowski. Der Erste Beigeordnete der Hanse- und Universitätsstadt Rostock fordert: „Wir alle müssen unsere Wahrnehmung in Bezug auf Menschen mit Beeinträchtigungen schärfen, um gesellschaftliche Teilhabe tatsächlich zu ermöglichen – diese Veranstaltung ist eine gute Gelegenheit dazu.“
Für die WM hat zum dritten Mal der Eventmanager, Segelfotograf und Helga-Cup-Vater Sven Jürgensen ein Team gleichgesinnter Segelexperten zusammengebracht. Er sagt: „Jedes Jahr ist die Veranstaltung gewachsen. Im Jahr 2022 haben wir Sportler aus fünf europäischen Ländern und zwei Teams, die Asien und Südamerika vertreten. Das ist ein Beweis dafür, dass der Para-Segelsport weltweit wächst. Wir nutzen diesen Schwung, um mehr Menschen jeden Alters und mit allen Arten von Behinderungen aufs Wasser zu bringen. Wir werden bei dieser Meisterschaft auch auf die #BacktheBid-Kampagne von World Sailing aufmerksam machen, die sich für die Wiederaufnahme des Segelns in die Paralympischen Spiele für LA28 einsetzt.“
Hier geht es zum World-Sailing-Video-Plädoyer für das paralympische Comeback. Und hier setzen sich viele der bekanntesten Segler des Planeten aus dem SailGP für das Comeback ein.
Sven Jürgensen sagt auch: „Von allen Sportarten, die derzeit auf dem paralympischen Programm stehen, ist Segeln die definitivste, wenn es darum geht, Menschen mit einer Vielzahl von Behinderungen zu repräsentieren. Unsere Meisterschaft in Rostock ist auch ein perfektes Beispiel dafür, wie einfach Segeln zu organisieren ist: Es ist eine reine Pop-up-Veranstaltung. Alles, was wir brauchen, ist Wasser!“ Hier geht es ab 25. August zu den Ergebnissen.
Der Norddeutsche Regatta Verein (NRV) hat die Inklusionsweltmeisterschaft im Segeln bereits zweimal in seinem Heimatrevier auf der Außenalster in Hamburg ausgerichtet: 2020 und 2021. Nun schließt sich der NRV mit dem Rostocker Verband der Segelvereine und dem Rostocker Regattaverein zusammen, unterstützt von DSV-Präsidentin und Schirmherrin Mona Küppers. Weitere Partner für diese Veranstaltung sind der Landessportbund MV, der VBRS, der Segelverband MV, Wir sind Wir – Inklusion im Segeln und die Heinz Kettler Stiftung.