“Gorch Fock”-DokuARD-Reporter auf Augenhöhe mit den Kadetten der Marine

Fabian Boerger

 · 30.08.2025

“Gorch Fock”-Doku: ARD-Reporter auf Augenhöhe mit den Kadetten der MarineFoto: HR/Martin Sündermann
Für seine ARD-Reportage “Drill auf hoher See – Als Marinesoldat auf der Gorch Fock” wurde Lukas Wiehler Teil der Crew und segelte zwei Wochen lang mit, von den Azoren bis auf die schottischen Shetland-Inseln.
Über zwei Wochen hinweg begleitete Lukas Wiehler (29), Reporter beim Hessischen Rundfunk, die „Gorch Fock“ auf ihrer Reise von den Azoren zu den Shetland-Inseln. Im Interview teilt er seine Erlebnisse an Bord, spricht über die Kontroversen rund um das traditionsreiche Schulschiff und erklärt, warum er denkt, dass wieder mehr über die „Gorch Fock“ diskutiert werden sollte.

Sagen Sie mal Herr Wiehler, wie hat die „Gorch Fock“ Ihren Blick auf die Bundeswehr verändert?

Ich gehöre zur Generation, die keinen Wehrdienst mehr geleistet hat. Und im Alltag kommt man ja selten mit der Bundeswehr in Berührung. Im öffentlichen Diskurs gibt es zudem viele Vorurteile – zu kaputten Hubschraubern oder rechtsradikalen Netzwerken. Doch das ist nur die eine Seite, wie ich gelernt habe. Die andere besteht aus klugen Soldatinnen und Soldaten, die tolle Arbeit leisten.

Es ist wichtig, die Bundeswehr in all ihren Facetten zu betrachten.

Sie sagen, es waren die härtesten zwei Wochen Ihres Lebens. Warum?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen kam ich in eine Gruppe, die sich und das Schiff schon seit einem Jahr kannte. Ich wollte die gleichen Herausforderungen erleben wie sie, hatte aber den Rückstand. Zweitens war da der Film. Ich musste immer überlegen, mit wem ich spreche, was wir filmen und was nicht. Zu guter Letzt wurde unser Kameramann seekrank, und ich musste mich auch noch um ihn kümmern.

War die Reise auf der “Gorch Fock” Ihre erste Segelerfahrung?

​Naja, mein Vater segelte. Als ich jung war, habe ich eine Weile am Bodensee die Grundlagen des Segelns gelernt. Das ist aber lange her, und seitdem hatte ich kaum noch etwas mit dem Segeln zu tun gehabt. Zudem ist es schon etwas anderes, auf einem Rahsegler über den Atlantik zu fahren. Das lässt sich kaum vergleichen.

Sie sind einer der ersten Reporter, die an der Ausbildung teilgenommen haben. Wie kam es dazu?

Im Gegensatz zu früheren Reportagen, bei denen Reporter mitfuhren, in eigenen Kajüten untergebracht waren und das Geschehen dokumentierten, verfolgt das YouTube-Format „Y-Kollektiv“ einen anderen Ansatz.

Wir tauchen direkt in die Lebenswelt der Protagonisten ein, um mehr Verständnis und echte Augenhöhe zu schaffen.

Ich glaube, eine Anfrage wie unsere, die das Schlafen in Hängematten, das Tragen der Uniform und das Mitwirken bei Nachtschichten umfasst, gab es bislang einfach nicht. Ich wollte von Anfang an wie jeder andere Kadett behandelt werden – und genau das wurde ermöglicht.


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Außerdem war es vermutlich auch schwierig, an Bord mitzufahren, insbesondere nach den Skandalen rund um die Renovierung und den Todesfällen. Doch ich habe den Eindruck, dass sich mit dem neuen Kommandanten auch die Offenheit gegenüber den Medien verbessert hat.

Ihr Film spricht auch Kontroversen an. Was macht die „Gorch Fock“ so umstritten?

Eine Frage, die sowohl von Kadetten als auch der Gesellschaft gestellt wird, ist, ob wir wirklich ein so teures und traditionsreiches Schiff brauchen. Kontrovers ist auch, welchen Nutzen das Segeltraining für junge Offiziere hat, die später auf modernen Kriegsschiffen dienen sollen.

Ich hatte den Eindruck, dass Verantwortung, militärische Werte und Teamgeist auf der „Gorch Fock“ gut vermittelt wurden. Es ist eine Erfahrung, die zusammenschweißt und lehrreich ist. Sie vermittelt ein Gespür für die Seefahrt, das sich deutlich von der auf den hoch technisierten „grauen Schiffen“ unterscheidet. Auf beiden Seiten gibt es viele valide Argumente.

Ein finales Urteil wage ich da nicht zu treffen – aber es ist wichtig, diese Diskussion zu führen.

Den “Gorch Fock”-Selbstversuch gibt es auch auf YouTube zu sehen:

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