Uwe Janßen
· 14.04.2020
Heute feiert Deutschlands Segelpionier 80. Geburtstag. Die rauschende Party aber muss ausfallen – kein Problem, sagt er. Der Jubilar ist Einsamkeit gewohnt
Goltoft an der Schlei, etwas über 200 Einwohner, ist ein beschaulicher Ort und nicht eben berühmt für rauschende Feste. Wenn hier in ländlicher Abgeschiedenheit eine größere Party steigt, dann hängt das meistens mit dem berühmtesten Sohn des Dorfs zusammen. Und heute hätte Wilfried Erdmann einmal mehr allen Grund, ordentlich zu feiern – Deutschlands großer Segelpionier wird 80 Jahre alt.
Angemessene Ovationen allerdings verbieten sich in Zeiten der Pandemie, so wird Erdmann seinen Ehrentag im kleinen Kreis verbringen. Das mag dem Mann, der großes Aufhebens um seine Person so gar nicht schätzt, vielleicht sogar ganz recht sein. „Ich bin das ja gewohnt“, sagt er. „Wenn es etwas Großes zu Feiern gab, war ich ja ohnehin meistens allein.“
Denn seine großen Meriten hat er sich als Einhandsegler verdient: Der erste Deutsche, der allein um die Welt segelte, der einzige, der nonstop den Globus rundete, und das gleich zweimal, mit den vorherrschenden Winden und gegenan – sportliche Großtaten, die hierzulande unerreicht und weltweit extrem rar sind.
Auch auf diesen unglaublichen Fahrten gab es Anlässe zu feiern, nämlich das Erreichen von Teilzielen wie die Passagen der großen Kaps. Und auch an solchen wichtigen Wegepunkten war eben niemand zugegen, mit denen Erdmann dem Moment teilen und auskosten konnte – er hat die Einsamkeit des Einhandseglers immer gemocht.
Heute vor 80 Jahren wurde Wilfried Erdmann in Scharnikau geboren, dem jetzigen Czarnków im Nordwesten Polens. Er beschäftigte sich schon früh mit extremen Reisen und fuhr mit 18 Jahren per Fahrrad nach Indien. Auf dieser Reise bekam er einen ersten Kontakt mit dem Segelsport, er wurde zum Thema seines Lebens.
1965 kaufte er sich im spanischen Alicante seine erste „Kathena“, eine betagte Holzslup von nur 7,62 Meter Länge, und segelte damit 1967 und 1968 allein um die Welt. Das war damals hierzulande unvorstellbar, sodass man ihm nach seiner Rückkehr zunächst nicht glaubte.
Dann heiratete er und segelte mit Ehefrau Astrid von 1969 bis 1972 erneut rundum. Vier Jahre später folgte ein langer Törn durch die pazifische Südsee, diesmal mit seiner Gattin und dem kleinen Sohn Kym.
1984/85 dann die erste Nonstop-Weltumsegelung mit der selbst ausgebauten Aluminium-Slup „Kathena nui“ – wieder eine Erstleistung für deutsche Segler. Gleiches gilt für die Krönung seiner Karriere, die Nonstop-Weltumsegelung gegen den Wind, die 2001 nach 343 Tagen und 32.000 Seemeilen in Cuxhaven endete.
Erdmann schrieb über all seine Törns mitreißende Bücher, die vielfach ausgezeichnet wurden und manchmal sogar für lange Zeit die Bestseller-Listen enterten. Zu seinem 80. Geburtstag war nun ein weiteres Werk geplant, ein aufwändig produzierter biografischer Bildband. Aber auch auf dieses Präsent muss Erdmann zu seinem heutigen Ehrentag verzichten, das Erscheinen wurde wegen der Pandemie verschoben. „Ich bin auf See – Mein Bild vom Segeln" mit zahlreichen bislang unveröffentlichten Fotos wird vermutlich erst zur Messe boot Anfang kommenden Jahres erscheinen.
Wenn er schon auf die große Fete und das Buch verzichten muss – was wünscht sich der Jubilar noch? „Mir geht es gesundheitlich gut, und ich wünsche mir, dass es so bleibt“, sagt er. „Und natürlich, dass ich mit Astrid in diesem Jahr möglichst bald wieder segeln kann.“