An Fronleichnam wird das Allerheiligste, der Leib Christi, in einer Monstranz durch die Straßen getragen wird. In vielen Regionen haben sich über die Jahrhunderte hinweg besondere Traditionen entwickelt, die das Fest zu einem beeindruckenden Schauspiel machen – besonders in Form von Prozessionen auf Flüssen und Seen. Diese außergewöhnlichen Feiern finden unter anderem in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt.
Der Ursprung der Fronleichnamsprozessionen lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Feiertag wurde von Papst Urban IV. 1264 eingeführt, um die Verehrung des Sakraments der Eucharistie zu verstärken. Die Prozessionen symbolisieren die Gegenwart Christi in der Eucharistie und sind ein öffentliches Bekenntnis des Glaubens.
Ursprünglich fanden diese Prozessionen in den Städten statt, doch im Laufe der Zeit entwickelte sich in vielen Regionen die Tradition, auch auf Gewässern zu feiern.
Wasser gilt in der christlichen Tradition als Symbol für das Leben und die Reinigung. Das Fest auf einem See oder Fluss zu begehen, bringt die Verehrung des Heiligen Sakraments in Einklang mit der Natur und erinnert an die spirituelle Reinheit. Besonders in den Alpenregionen, entlang des Bodensees, auf den bayerischen Seen sowie in den Flusstälern Deutschlands, Österreichs und der Schweiz sind solche Prozessionen daher verbreitet.
Auf dem Hallstättersee beispielsweise wird die Fronleichnamsprozession auf unzähligen, mit Blumen und Kränzen geschmückten traditionellen Booten - sogenannten Fuhren - abgehalten. Bereits um sechs Uhr morgens starten die örtlichen Fronleichnam-Schützen ihren Teil der Prozession: Vom Ortsende beginnend, weiter auf den Hallstättersee und dann bis zur Kirche geht ihre Reise. Traditionsgemäß wird jede volle Stunde ein Schuss - von einer Plätte am See – abgegeben.
Seit 1632 wird auch in Traunkirchen das Fronleichnamsfest in Form einer Seeprozession gefeiert. Viele festlich geschmückte Boote begleiten die Himmelsfuhre und die Gegenfuhre zu drei Stationen am See. Besucher können die Prozession auf dem Wasser miterleben, entweder auf einer geführten Rundfahrt oder in einem geschmückten Elektro-Mietoboot eines örtlichen Bootsverleihers.
Und in Seehausen am Staffelsee findet jährlich die bayernweit einzigartige Seeprozession statt. Der Festzug begibt sich nach der Heiligen Messe auf einer Fähre zur Insel Wörth. Begleitet von vielen kleinen Booten mit festlich gekleideten Gläubigen wird an die Gegenwart von Jesus Christus im geweihten Brot und im Wein erinnert. Auf der Insel angekommen, begibt sich die Gemeinde zum Altar in der St. Simpert Kapelle.
Weiter nördlich, auf dem Rhein bei Köln, wird die Mühlheimer Gottestracht abgehalten. Die erste Erwähnung findet sie in einem „Weistum" des 16. Jahrhunderts. Heute zieht die Prozession, die von einem großen Bootskorso begleitet wird, von der Kirche Liebfrauen zur Schiffsanlegestelle nördlich der Clemenskirche, wo das Allerheiligste auf die „MS RheinFantasie” getragen wird. Begleitet von vielen Fahrgastschiffen und privaten Sportbooten, führt der Weg flussaufwärts bis zur früheren Stadtgrenze Mülheims. Dann lässt sich das Schiff der Köln- Düsseldorfer Schifffahrtsgesellschaft bis zur Höhe der Clemenskirche zurücktreiben. Dort wird der traditionelle “Segen über Strom und Land” gespendet.
Teilnehmen kann jeder an der Gottestracht. Für die Fahrt auf dem Prozessionsschiff werden Karten verkauft. Die Teilnahme auf einem Begleitschiff ist ebenso möglich. Bei der Begleitung mit einem Privatboot wird um eine formlose Anmeldung gebeten.
Die Fronleichnamsprozessionen auf Flüssen und Seen sind nicht nur ein religiöses Ritual, sondern auch ein Ausdruck der kulturellen Identität und der Verbundenheit mit der Natur. Die Gottestracht etwa wird durchgeführt, weil einst das Wohl und Wehe der Mülheimer Bürger auch vom Rhein abhing. Mit dem Segen über das Land der ehemals freien Stadt Mülheim am Rhein und den Strom erbitten die Bewohner, dass der mächtige Fluss gezähmt bleibt und nicht als Naturgewalt die Früchte ihrer Arbeit zerstört.