Familie Schwörer und die “Pachamama”Auf Langfahrt für den Klimaschutz

Kristina Müller

 · 08.01.2024

Familie Schwörer und die “Pachamama”: Auf Langfahrt für den KlimaschutzFoto: YACHT/K.Müller
Leben ganzjährig an Bord: Schwörers auf ihrer „Pachamama“ in Norwegen
Dario und Sabine Schwörer sind seit 23 Jahren mit der Aluyacht „Pachamama“ auf Weltumsegelung, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Entlang ihrer Route besuchen sie Schulen – mittlerweile sind es Hunderte – und sensibilisieren in Workshops Kinder für das Thema. Sie selbst sind Eltern von sechs Kindern, die während der Reise zur Welt gekommen sind. Dario Schwörer über den Mix aus Segeln, Forschen und Aufklären

YACHT: Dario, ihr hattet euch mal vorgenommen, ohne Flugzeug zu reisen, das heißt Heimatbesuche in der Schweiz möglichst nur mit der Bahn oder innerhalb Europas sogar mit dem Fahrrad anzutreten. Haltet ihr das wirklich durch?

Dario Schwörer: Das ist nach wie vor das Ziel. Aber ganz ohne Fliegen ist es zugegeben schwer, die Familie zusammenzuhalten, jetzt, da die zwei ältesten Kinder an Land zur Schule gehen und nur in den Ferien an Bord kommen können. Das Thema bereitet uns tatsächlich Kopfzerbrechen. Unser Ansatz war immer, dass jeder bei dem, was er tut, das Beste rausholt. Aber manchmal ist das einfach nicht möglich.

Neben der Aufklärungsarbeit an Schulen unterstützt ihr Forschungsprojekte. Was kann man sich darunter vorstellen?

Wir kooperieren mit verschiedenen Einrichtungen, etwa Hochschulen, und stellen unser Boot beispielsweise zum Sammeln von Daten zur Verfügung. Für die ETH in Zürich, die Eidgenössische Technische Hochschule, sammeln wir sogenannte Environmental DNA, kurz eDNA. Dafür pumpen wir Wasser hoch, filtern es, und zurück bleiben Rückstände wie Fischschuppen, Walross- oder Eisbärenhaare. Die Analyse übernehmen dann Labore in Zürich. Außerdem fischen wir mit einem Manta-Netz Mikroplastik aus dem Meer, das an der Oberfläche treibt.

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Das klingt sehr spannend!

Das ist es auch immer wieder aufs Neue. Mit der Uni in Tromsø führen wir beispielsweise ein Projekt durch, bei dem wir mittels Unterwasserdrohnen schauen, welcher Müll auf dem Grund liegt. Gemeinsam mit Sporttauchern haben wir dort dann aufgeräumt. Wir nehmen auch Studenten mit, die ihre Forschungsprojekte bei uns an Bord umsetzen können. Und letztes Jahr hatten wir einen Wissenschaftler aus den USA zu Gast. Mit seinen Instrumenten konnte er auch in größerer Tiefe zum Thema Quecksilberbelastung forschen.

Was ist eure Rolle bei diesen Projekten: Packt ihr mit an, oder stellt ihr nur Boot und Crew zur Verfügung?

Wir sind an Bord voll involviert. Vor allem verstehen wir uns aber als Brückenbauer zwischen den Schulen, die wir besuchen, und der Wissenschaft. Um den Schülern positive Beispiele zeigen zu können, wie wir die Natur schützen können, müssen wir die Probleme kennen und definieren können. Durch die wissenschaftlichen Projekte bei uns an Bord sind wir am Ball und können den Schülern aus erster Hand erzählen, was auf dem Top-Level der Wissenschaft vor sich geht.

Welche Erkenntnisse nehmt ihr aus diesen Projekten mit, und was hat euch zuletzt überrascht oder schockiert?

2020 sind wir bis auf 83 Grad Nord und um Spitzbergen gesegelt. Dort und sogar auf dem Beerenberg während einer Reise nach Jan Mayen haben wir Mikroplastik nachgewiesen. Dazu kommt, dass wir große Sorge um die Biodiversität infolge des Klimawandels haben. Das Klima ändert sich rasant. Draußen auf dem Meer merken wir massiv, dass da etwas stattfindet.

Wir sollten wieder mehr in der Natur sein, um sie zu schützen. Erst wenn die Gischt spritzt, spürt man sie.”

Was also kann man eurer Meinung nach tun? 

Ganz grundsätzlich müssen wir alle wieder mehr in der Natur unterwegs sein. Deshalb fördern wir überall, wo wir hinkommen, Outdoor-Sportarten – von Bergsteigen über Fußballspielen bis hin zum Segeln. Das ist so wichtig. Man muss eine direkte Beziehung zur Natur haben. Wenn einem die Gischt ins Gesicht spritzt, spürt man sie.

Merkt ihr denn, dass die Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimawandel unter Seglern inzwischen an Bedeutung gewinnen?

Ich glaube schon, dass es Seglern besonders wichtig ist. Man muss den Gedanken mit Sorge tragen und wissen, dass das Meer endlich ist. Das ist sicher angekommen. Die Segler sehen das ja am Strand, man merkt das aber auch in Gesprächen. Wir versuchen zudem gern, sie aus der Reserve zu locken.

Was kann jeder Segler tun?

Unter den Langfahrtseglern bemühen wir uns schon seit Langem, alle zu überzeugen, dass sie bei Strandspaziergängen vielleicht einfach kurz ein wenig Müll einsammeln. Dass das passiert und mehr aufgeräumt wird, sehen wir immer häufiger und freuen uns sehr darüber.

Ich glaube, dass der Dieselmotor in Zukunft auf Segelschiffen ausgedient haben wird”

Was macht ihr selbst?

Clean-ups sind für uns wie Zähneputzen – ein fester Bestandteil des Lebens. Es ist sehr befriedigend, wenn man sich einen bestimmten Strandabschnitt vorgenommen und gesäubert hat. Ich sehe das Ergebnis direkt und schlafe danach besser. Das gibt mir auch viel mehr zurück als eine normale Segelreise. Wir haben schon einige getroffen, die sich für die Umwelt engagieren und dadurch sehr zufrieden sind. Eine Reise bekommt ja auch einen ganz neuen Sinn, wenn man die Welt dabei im Kleinen etwas besser machen kann.

Und darüber hinaus, gibt es noch weitere Möglichkeiten?

Toll finde ich die Elektrifizierung, die überall stattfindet. Das wollen wir auch an Bord unseres Schiffes umsetzen. Wir würden gern zeigen, dass wir auch in der Arktis elektrisch autark unterwegs sein können. Das wäre ein tolles Ziel und eine kleine Revolution. Ich glaube, dass der Dieselmotor in Zukunft auf Segelschiffen ausgedient haben wird. Es passt ja auch viel besser zur Philosophie des Segelns, ruhig und umweltschonend unterwegs zu sein.


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