F-24 “Jolly Rose”Mord an Bord

Jan-Ole Puls

 · 09.07.2025

F-24 “Jolly Rose”: Mord an BordFoto: Foto: dpa/pa
“Jolly”: An Bord dieses Trimarans sollen sich nach einer Regatta schreckliche Szenen abgespielt haben
Zwei Freunde, ein Segeltörn, die Jolly Rose – und am Ende ein Toter. Was als gemütliche Rückreise von einem Multihull-Treffen begann, verwandelte sich vor den Schären von Göteborg in ein tödliches Drama. Klingt wie der Stoff für einen Krimi? Leider nicht. Es war real – und grausamer, als es jede Fiktion je sein könnte.

Andreas F., 65 Jahre alt, erfahrener Skipper aus Berlin-Zehlendorf, und Thomas B., 71, ein renommierter Jurist aus Schöneberg, brachen im Juli 2024 nach Norwegen auf. Ziel war das International Multihull Meeting im Hafen von Horten – eine Veranstaltung für Liebhaber schneller, sportlicher Mehrrumpfboote. Mit dem Trimaran “Jolly Rose”, einem privaten F-24 Trimaran aus dem Besitz von Andreas F., absolvierten die beiden die Hinfahrt ohne Zwischenfälle. Auch die Tage in Horten verliefen ruhig. Beide Männer verband eine jahrzehntelange Freundschaft, Segelerfahrung und gegenseitiges Vertrauen. Doch was auf dem Rückweg über das Kattegat geschah, erschütterte nicht nur die deutsche Seglerszene, sondern rief inzwischen auch die Justiz auf den Plan.

Rund 13 Seemeilen westlich der Göteborger Schären eskalierte am 1. August ein Streit an Bord der Jolly Rose. Was genau zum Bruch führte, ist bislang unklar – es gibt Hinweise auf einen hitzigen Wortwechsel, auf körperliche Auseinandersetzungen, auf möglicherweise tiefersitzende Konflikte. Was die Ermittlungsbehörden jedoch rekonstruierten: Andreas F. soll seinem Freund mit einem metallenen Gegenstand mehrfach auf den Kopf geschlagen haben. Thomas B. stürzte dabei schwer verletzt über Bord.

Angebliche Hilfeversuche

Zunächst soll F. seinem Begleiter noch geholfen haben, zurück an Deck zu gelangen. Doch der Konflikt loderte weiter. Kurz darauf befand sich Thomas B. erneut im Wasser. Zeugen berichten, wie er versuchte, einen zugeworfenen Rettungsring, einer anderen Yacht zu erreichen. Doch Andreas F. sprang hinterher – angeblich, um zu helfen. Laut Anklage jedoch drückte er seinen Freund im Wasser unter – zunächst an den Schultern, dann am Kopf. Thomas B. verlor das Bewusstsein. Trotz des schnellen Eintreffens eines benachbarten Bootes und eines Rettungshubschraubers konnte der Segler nicht gerettet werden. Er verstarb noch in derselben Nacht.

Die schwedischen Behörden reagierten umgehend. Andreas F. wurde noch an Bord festgenommen. Die Staatsanwaltschaft beantragte Haftbefehl wegen Mordverdachts – unter anderem wegen Fluchtgefahr und der Sorge, Beweise könnten vernichtet werden. Im Frühjahr 2025 wurde der Fall an die Berliner Justiz übergeben. Seit Juli steht F. nun in Berlin vor Gericht – wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge und heimtückischen Mordes.

Viele Fragen im Prozess

Die Verteidigung spricht von einem tragischen Unfall, von einem gescheiterten Rettungsversuch in Panik. Die Anklage hält dagegen: Sie sieht in der Tat einen vorsätzlichen Gewaltakt – motiviert durch eskalierenden Streit, ausgeführt mit tödlicher Entschlossenheit und unter Ausnutzung der hilflosen Lage des Opfers im Wasser.

Das Landgericht Berlin hat zunächst zwölf Verhandlungstage angesetzt, das Urteil wird für Oktober erwartet. Während die Juristen im Saal um Tatmotive und Indizien ringen, bleibt unter Seglern vor allem Fassungslosigkeit. Zwei Männer, ein Boot, das offene Meer – und eine Situation, aus der es kein Zurück mehr gab.


Meistgelesen in der Rubrik Special