In der Serie „Segler beichten“ gestehen wir unsere dümmsten Fehler beim Segeln. Aber wir sind auch auf Ihre Beichte gespannt. Schicken Sie uns ihren Text, wenn möglich mit Bildern, an mail@yacht.de, Stichwort „Seglerbeichte“. Falls gewünscht, erfolgt die Veröffentlichung anonymisiert.
Der Juni bringt in Norddeutschland bekanntlich die ersten warmen Sommertage. Nach der langen Winterlagerzeit liegt mein Boot frisch poliert und „ready to race“ im Hafen. Klar, dass man da segeln gehen möchte!
Normalerweise bin ich kein Einhandsegler. In der Jolle macht es mir zwar Spaß, aber eigentlich habe ich lieber Gesellschaft – ob segelerfahren oder nicht, ist mir egal. Das Boot kann ich schließlich auch allein fahren. Doch was tun, wenn wirklich niemand Zeit hat, mitzukommen? Genau: Man geht einfach allein segeln!
Also bereite ich alles vor, ziehe die Genua hoch und rolle sie ein, überprüfe die Schoten – alles ist bereit zum Ablegen. Langsam ziehe ich mich aus der Box und verlasse den Hafen von Schleswig.
Jeder, der schon einmal auf der Schlei war, genauer gesagt in Schleswig, kennt die enge Passage zwischen Fahrdorf und Schleswig. Sie ist mit sechs Tonnen – drei grüne, drei rote – gut gekennzeichnet. Ich segle entspannt, stolz auf meine ersten Einhand-Erfahrungen, und nähere mich der Engstelle. „Da fahre ich doch sonst auch lang“, denke ich mir und halte mich vielleicht drei Meter außerhalb des Tonnenstrichs.
Plötzlich fühle ich mich gar nicht mehr so sicher und leite schnell eine Wende ein – doch zu spät. Der Kiel berührt den Grund, und ich bleibe abrupt stehen. Ich hatte, wie man so sagt, ein Grundstück gekauft.
Zunächst noch gelassen, versuche ich, die Fock backzuziehen, um das Boot herumzudrücken. Es klappt – mein alter Langkieler, eine Erria 25, Vorgängerin der Bandholm 26, dreht sich. Doch was ich nicht wusste: Ich bin in eine Unterwasserbucht geraten. Drei Meter weiter stecke ich erneut fest – diesmal mit deutlicher Krängung. Ohne Motor komme ich hier nicht mehr raus.
Also: Motor an, Segel runter, und im Rückwärtsgang versuche ich, mich aus der misslichen Lage zu befreien. Die ersten Segler passieren mich und fragen, ob ich Hilfe brauche. „Nein, alles gut, da komm ich selbst wieder raus!“, rufe ich ihnen zu. Zu diesem Zeitpunkt bin ich noch zuversichtlich.
Zwanzig Minuten später sieht die Sache anders aus. Nichts geht – weder vorwärts noch rückwärts.
In der Ferne entdecke ich das Schlauchboot der DGzRS, das in Schleswig stationiert ist. Sie sind offenbar auf Patrouillenfahrt. „Bitte lass es nicht Thomas sein!“, schießt es mir durch den Kopf. Mit seinen Kindern bin ich aufgewachsen, und meinen ersten Holz-Opti hatte ich bei seiner Mutter liegen. Das wäre mir einfach nur peinlich.
Das RIB nähert sich und kommt längsseits. „Moin, sollen wir helfen?“, schallt es mir entgegen.
„Wenn ihr gerade Zeit habt – sehr gern“, antworte ich, etwas verlegen.
„Klar! Nimm mal die Leine und mach sie an deiner Klampe fest, wenn die hält. Ansonsten müsstest du sie um den Mastfuß knoten“, erklärt mir der freiwillige Helfer.
„Ach, die wird schon halten“, erwidere ich zuversichtlich.
Langsam strafft sich die Leine, und ich merke, wie sich das Boot wieder in Bewegung setzt. Der Skipper des RIBs gibt mehr Gas, und es fühlt sich an, als würde ich auf einen Berg gezogen. Das Schiff kippt zur Seite, und gefühlt liege ich plötzlich 40 Zentimeter höher. Ich bange um meine Klampe, doch schließlich rutsche ich über den Hügel zurück ins freie Wasser.
Wieder frei, überprüfe ich schnell den Seewasserfilter auf Schlick – zum Glück ist er leer. Erleichtert bedanke ich mich und frage, ob ich die Crew auf ein Eis einladen oder mich anderweitig erkenntlich zeigen kann. Sie lehnen freundlich ab: „Der Sommer kommt und wir trainieren auf unsere Sommerfigur hin“, scherzt einer. Dann verabschieden sie sich mit den Worten: „Mach dir nichts draus, du bist nicht der Einzige, dem das passiert.“
Für mich ist der Segeltag gelaufen. Ich fahre direkt unter Motor zurück in den Hafen.
Einige Monate später kann ich mich doch noch revanchieren: Während der Sturmflut läuft das DGzRS-Gebäude mit Wasser voll, und ich helfe, es wieder trocken zu legen. Glück im Unglück – einige Berichte erleiden Wasserschäden und sind nicht mehr lesbar. Ich hoffe insgeheim, dass mein Fall dabei war.