Der DSV-Fahrtenwettbewerb wird seit 2024 in seiner jetzigen Form ausgeschrieben. Dabei sollen laut den Verantwortlichen nicht nur besondere seglerische Leistungen gute Chancen auf eine Auszeichnung haben: “Egal ob ausgedehntes Segel-Sabbatical, Familienauszeit oder kurzer Törn - alle Fahrtensegler sollen ermuntert werden, ihre Reisen zu dokumentieren und einzureichen”.
Es gibt drei Kategorien, Binnen, Küste und See, für die je drei Preise vergeben werden – Gold, Silber und Bronze. Optional kann die Jury weitere Preise verleihen. Den Commodore Preis für herausragende Leistungen, den Gudrun-Calligaro-Preis für die beste Reise unter der Leitung einer Schiffsführerin und den Umweltpreis für besonderes Engagement für den Umweltschutz. Zudem gibt es Sonderwertungen für Familienreisen und Einsteiger. Außerdem wurde ein Publikumspreis eingeführt, für die schönste Geschichte. Er wird von den Anwesenden bei der Preisverleihung vor Ort vergeben.
Blauwasser-Legende Jimmy Cornell war Ehrengast des Abends. Der 85-Jährige blickt auf ein außergewöhnliches Seglerleben zurück: drei Weltumsegelungen, über 200.000 Seemeilen, die Durchquerung der Nordwestpassage und die Gründung der Atlantic Rally for Cruisers (ARC). In Hamburg erzählte er aus seinem bewegten Leben – vom Aufwachsen im deutschsprachigen Teil Rumäniens bis zu den entlegensten Winkeln der Welt. Seine Botschaft: Mit Mut und Leidenschaft ist vieles möglich, was zunächst unerreichbar scheint.
DSV-Präsidentin Mona Küppers gratulierte gemeinsam mit dem Vizepräsidenten für Fahrten- und Freizeitsegeln Claus Funk den Preisträgerinnen und Preisträgern persönlich. Sie sagte: „Der Fahrtenwettbewerb zeigt jedes Jahr aufs Neue, wie vielfältig und inspirierend Segeln sein kann – fernab ausgetretener Pfade, mit besonderen Zielen, individuellen Zielsetzungen oder besonderen Crewkonstellationen, die Rücksicht und Zusammenhalt erfordern. Diese Reisen inspirieren und machen Lust, das gerade eingewinterte Schiff am liebsten sofort wieder ins Wasser zu bringen.“
Die Preisträger im Einzelnen:
Schon 2001 entsteht in Falmouth die Idee: Eines Tages will Jan-Erik Kruse das traditionsreiche Azores and Back Race segeln. Zwei Jahrzehnte später, 2023, erfüllt sich der Berufspilot diesen Traum. Mit der Familienyacht „Seamonster“, einer Najad 361, startet er in Falmouth allein Richtung Azoren und zurück – das legendäre AZAB, eine der ältesten britischen Hochseeregatten, die nur für Einhand- und Zweihand-Crews zugelassen ist. Für diese herausragende Leistung wurde Kruse aus dem Cospudener Yacht Club Markkleeberg im Fahrtenwettbewerb des Deutschen Segler-Verbands mit dem Commodore-Preis und Gold in der Kategorie See ausgezeichnet. Nach dem Rennen nahm er Abschied von der „Seamonster“, die 25 Jahre lang Familienschiff war – und begann mit seiner Seascape 18 ein neues seglerisches Kapitel.
Marga Keyl von der Vereinigung Hamburgischer Yacht-Segler ist die Gewinnerin des Preises für Skipperinnen. Die Hamburgerin segelt ihre Contest 36S „Gitana“ meist allein oder mit kleiner Crew. An ihrem 40. Geburtstag fasste sie den Entschluss, den Traum von der Weltumsegelung selbst in die Hand zu nehmen – auch ohne Segelpartner. 2020 kaufte sie die „Gitana“ in Spanien, überführte sie größtenteils solo nach Hamburg, refittete sie dort und rüstete sie für die Langfahrt aus. 2022 folgte die erste große Solo-Ostseerunde, anschließend der Törn von Hamburg zu den Kanaren. Aktuell liegt die „Gitana“ auf Grenada in der Karibik. „Ich möchte anderen Frauen Mut machen, ihren Segeltraum zu verwirklichen – lieber allein als gar nicht!“, sagt Marga Keyl.
Sarah Ruiz García und Sebastian Johnke von der Seglervereinigung Havel verbrachten ihre Elternzeit komplett an Bord ihrer X-332 „Lunatix“ – gemeinsam mit ihren Kindern Martha und Hugo. Die Berliner segelten von ihrem Heimatrevier über Stettin und Bornholm in die schwedischen Ostschären – insgesamt 999 Seemeilen. Vieles davon im „Einhand-plus-Modus“, da Sohn Hugo erst sieben Monate alt war. Gute Planung machte auch längere Etappen möglich, etwa 80 Seemeilen von Świnoujście nach Bornholm. Belohnt wurde die Familie mit unvergesslichen Momenten: Wandern, Klettern, Baden und Ankern in der Einsamkeit der Schären. Das Fazit: Jederzeit wieder!
Judith „Jules“ Tolomello vom Segelverein Speichersee Emsland erhielt den erstmals vergebenen Starter-Preis. Die Hotelmanagerin aus Schüttorf ist eine seglerische Senkrechtstarterin: 2023 kaufte sie sich eine Dehler 31, ohne jemals zuvor gesegelt zu sein. Mit viel Lernbereitschaft, Mentorenhilfe und großem Engagement eignete sie sich in kurzer Zeit alle nötigen Kenntnisse an. 2024 nahm sie sich neun Wochen Segelauszeit und segelte von Friesland über die Nordsee, den NOK bis in die Ostsee und zurück – rund 1.000 Seemeilen, größtenteils allein. Ihr Fazit: „Dieser Törn hat mich nicht nur als Seglerin, sondern auch als Mensch wachsen lassen.“ Inzwischen segelt sie ihre neue 37-Fuß-Malö „Courage“ und plant Reisen in den Norden – Schritt für Schritt.
Thomas Wehner vom Hannoverschen Yacht-Club erfüllte sich 2023 einen langgehegten Traum: Seine Reise führte über den Nord-Ostsee-Kanal entlang der westeuropäischen Küste und die Kanalinseln die Biskaya überquerend nach Madeira und dann weiter zu den Kanaren und den Azoren. Zehn Crews teilten sich das Abenteuer, perfekt organisiert mit Flügen und Wechselplänen – trotz mancher Anspielung auf einen „Bus-Fahrplan“. Am Ende war der Törn ein voller Erfolg, bei dem jede Crew ihre Wunschstrecke segeln konnte.
Anfang April 2024 starteten Skipperin Susanna Huhtanen vom Segler Club Gothia und Mitsegler Bergie in Stettin mit ihrer „Lille Ø“. Über Kopenhagen und Stavanger segelten sie zu den Shetlandinseln, weiter auf die Hebriden und schließlich über Madeira zu den Kanaren – nach Las Palmas, wo die Reise endete. Huhtanen und ihre Crew konnten bei der Preisverleihung nicht dabei sein – sie segeln inzwischen weiter, in Brasilien.
Marina Heine von der Seglervereinigung Havel segelte ihr Internationales Folkeboot „Lille Vind“ von Berlin ins schwedische Lysekil und zurück nach Barth. Anlass war eine Einladung zur Schwedischen Meisterschaft der IF-Klasse. Mit wechselnden Crewmitgliedern meisterte sie die Reise trotz widriger Wetterbedingungen – und genoss den „Spirit der Klasse“ in Schweden, auch ohne an der Regatta teilzunehmen.
Guido Marx vom Seglerclub Laacher See Mayen segelte 2024 über Polen, Litauen, Lettland, Estland und Finnland bis zu den Åland-Inseln. Um Kaliningrad zu umgehen, schloss er sich drei weiteren Yachten an und segelte mit ihnen etwas weiter westwärts im Konvoi. Auf der Rückreise führte die Route entlang der schwedischen Schärenküste und durch die Dänische Südsee. Besonders beeindruckt zeigte sich Marx von den herzlichen Begegnungen in den baltischen Staaten. Sein Schiff liegt inzwischen in Portugal.
Mit seiner Zweier-Crew segelte Olaf Quast vom Segler-Verein Paderborn seine Dehlya 25 von Nieuwpoort über den Ärmelkanal nach London. Der anspruchsvolle Törn forderte präzise Gezeitennavigation und Durchhaltevermögen – belohnt durch den unvergesslichen Moment, auf eigenem Kiel die Tower Bridge zu erreichen.
Erstmals durfte das Publikum mitentscheiden: Fünf Crews präsentierten ihre Reisen in Kurzvorträgen. Das Publikumsvotum gewann das Ehepaar Thiessen vom Beidenflether Segler-Verein. Ihr Boot „Yggdrasil“ – ein Eigenbau aus Holz und GFK nach einem Entwurf von Judel/Vrolijk – führte sie 2024 von der Nordsee durch den Englischen Kanal in die Bretagne bis nach Vannes. Trotz gesundheitlicher Herausforderungen beeindruckte das Paar mit seinem Mut, seiner Leidenschaft und seiner Liebe zum Meer. Der Applaus des Publikums war ihnen sicher.