Tatjana Pokorny
· 28.06.2022
1.000 Tage nach der ersten Idee feiert die Regnoc-Kampagne um Frank Schönfeldt einen Meilenstein: Auf dem Zwischenahner Meer hob der Conger tatsächlich ab …
Regnoc hebt ab ...
Als Boris Herrmann in der Vendée Globe solo um die Welt segelte, schenkte Frank Schönfeldt dem Hamburger einen eigenen Song: "Flieg, Boris, flieg!". Jetzt gilt das Motto für die von Frank Schönfeldt, Andreas Ostwald und weiteren Mitstreitern initiierte Regnoc-Kampagne und deren Ziel, einen Conger auf Foils fliegen zu lassen: "Flieg, Brasil, flieg" – so die Hoffnungen des Teams und der beteiligten Bootsbauer um Jens Dannhus beim ersten Schleppversuch auf dem Zwischenahner Meer. Mit freundlicher Unterstützung von Wilfried Schomäker, dem Ersten Vorsitzenden vom Zwischenahner Segelklub von 1893, ging es am 22. Juni für die beherzten Foil-Träumer zur Sache.
Den Startschuss für den ersten Schleppversuch hatten zuvor Jens Dannhus und sein Team von der Bootswerft Dannhus & Fricke gegeben. Dort sind die vom Faserverbund-Experten Jaron Nübold bei Nuebold Yachtbau aufwändig gebauten Foils nach Zeichnungen von Design-Maestro Martin Fischer in den Conger eingesetzt worden. Die Yachtbauer zählen zu den vielen engagierten Förderern der Kampagne, die in Corona-Zeiten eine zunehmend große Fangruppe mobilisiert hatten. "Es ist ja ein Projekt mit bescheidenen Mitteln, aber alle helfen mit, wo sie können", sagt Initiator Frank Schönfeldt. Vor zweieinhalb Wochen erhielt der 38-fache Deutsche Meister in sechs verschiedenen Bootsklassen den ersehnten Anruf von Jens Dannhus: "Wir sind so weit. Wir müssen jetzt testen. Lass' es uns im Schlepp versuchen." Ein paar Anrufe und organisatorische Schritte später standen Termin und Revier mit freundlicher Unterstützung von Wilfried Schomäker fest. Der Erste Vorsitzende des Zwischenahner Segelklubs lud zum ersten Schlepptest auf dem Zwischenahner Meer ein. Schönfeldt erinnert sich an die frühmorgendliche Autofahrt dorthin: "Ich war so aufgeregt. Ich glaube, es gibt von Hamburg ans Zwischenahner Meer fünf Toiletten am Wegesrand. Ich habe drei aufgesucht. Es gibt ja so viele Absturzbilder von den Geschossen im America's Cup. Ich hatte Ben Ainslie beim Absturz vor Augen und dachte, dass ich mir ja auch wehtun könnte. Mein Kopfkino wurde beängstigender, je näher ich dem Treffpunkt kam. Einer von den Werftjungs ist dann zum Glück mit mir aufs Boot."
Jens Dannhus kam nicht allein, sondern mit zwei Autos – einem für das Boot, einem für die Flügel – und seinem ganzen Team zum Schlepp-Treff. Alle sind Regnoc-Fans und wollen bei dieser erhofften Sternstunde dabei sein. Das Zwischenahner Meer erwartet die Conger-Foil-Pioniere in den frühen Morgenstunden mit glattem Wasser und freundlicher Brise. Um sechs Uhr morgens sind noch nicht einmal Angler unterwegs. Wilfried Schomäker schlägt eine lange Schleppleine vor, um mögliche Vibrationen zu minimieren. Die Foils werden in einer mittleren der vier Einstellungsmöglichkeiten vorbereitet. "Dann ging es los", erinnert sich Frank Schönfeldt, "ich hatte das Ruder in der Hand und habe mich darauf konzentriert. Wir hatten ja keine Ahnung, ob das alles so funktioniert, wie in der Theorie gedacht, ob alles hält. Es war so aufregend. Natürlich weiß ich, wie man ein Segelboot beherrscht, aber einen Conger auf Foils, ohne Rigg und im Schlepp? Wer weiß, was für Kapriolen der macht? Wir drehten ein paar Meilen, bis ich plötzlich ein Stück von den Flügeln sah. Wilfried fuhr das Motorboot mit 80-PS-Motor, sein Beifahrer sagte den Speed an. Das Phänomen: Genau bei den von Martin Fischer vorhergesagten 8,5 Knoten hob der Conger ab. Unglaublich! Völlig irre!"
Kurze Zeit später lagen sich die Regnocer an Land in den Armen. Dieser erste so gelungene Schritt macht viel Hoffnung darauf, das gemeinsame Ziel zu erreichen. "Wir sind derartig erleichtert, dass das Grundprinzip funktioniert", sagt Schönfeldt, "bei Windstärke acht würde es sicher auch unter Segeln klappen, nur ist das eben mit einem Conger nicht segelbar. Bei sechs vielleicht …" Die Aufgabe, den Conger unter Segeln fliegen zu lassen, bleibt eine große. "Dem Foil-Papst haben wir die guten Nachrichten vom Schlepp-Erfolg natürlich sofort übermittelt. Er hat gesagt, dass wir jetzt noch ein Schwert brauchen, um die Abdrift zu verringern", erzählt Schönfeldt.
Die nun so stark beflügelte Arbeit am Conger "Brasil" geht weiter. Bald kommt das Unikat zum Lackieren zu Peter Wrede – auch der Olympiateilnehmer von 1988 ist ein Fan und Unterstützer der Kampagne. Das Rigg, so Schönfeldt, sei schon umgebaut. "Wir müssen sehen, wie wir arbeiten. Das Großsegel ist weiter ausgestellt, und wir haben einen Bugspriet installiert. Gotthardt liefert die Rollanlage, Sprenger die Beschläge. Wir planen mit einem Code Zero." Nächster Meilenstein: die Deutsche Conger Meisterschaft in der ersten Augustwoche auf dem Plöner See. Hier soll "Brasil" ausgestellt werden. Mit etwas Glück erstrahlt sie dort schon in neuem Kleid. Noch etwas mehr Glück haben jene, die bei weiteren Schleppversuchen – womöglich schon unter Segeln – dabei sein dürfen. Die große Flugschau, die ultimative Demonstration der Conger-Flugfähigkeiten, könnte im Herbst wie geplant auf der Alster "mit Wind aus Richtung NRV vor den Stegen des HSC" steigen. Die Regnocer setzen auf die norddeutschen Herbststürme und wollen nach wie vor eine große Party aus dem Ereignis machen. Keine Frage, dass YACHT online darüber rechtzeitig berichten wird.