BlauwasserLore Haack-Vörsmann übernimmt Ruder bei Trans Ocean

Pascal Schürmann

 · 20.11.2021

Blauwasser: Lore Haack-Vörsmann übernimmt Ruder bei Trans OceanFoto: Haack-Vörsmann, Lore
Lore Haack-Vörsmann. Außer auf ihrer eigenen Yacht segelt sie regelmäßig auf großen Windjammern

Deutsche Langfahrtseglervereinigung erstmals mit einer Frau an der Spitze. Außerdem: Boris Herrmann erhält Trans-Ocean-Preis

In einem Gespräch, das sie vor einigen Jahren mit der YACHT führte, antwortete Lore Haack-Vörsmann auf die Frage, warum sie es es in ihrem Leben ein ums andere Mal in ferne Reviere ziehe: „Das Leben ist so kurz, wer weiß, was in den nächsten Jahren kommt. Dann habe ich die Entdeckung der Welt jedenfalls schon mal erledigt.“

Damals konnte sie nicht ahnen, dass die Welt heute seit inzwischen bald zwei Jahren von einer Pandemie heimgesucht wird, die nicht nur mit vielerlei Kontaktbeschränkungen und Veranstaltungsverboten einhergeht. Sondern die auch die Reisepläne vieler Menschen durchkreuzt.

Und vielleicht ist es ja auch bei der inzwischen 67-jährigen Haack-Vörsmann so, dass sie nicht zuletzt, weil sie schon so viel von der Welt gesehen hat, Zeit gefunden hat für anderes. Zeit beispielsweise dafür, die hierzulande größte Vereinigung von Langfahrtseglern in die nächsten Jahre zu führen.

Beim gestrigen Trans-Ocean-Treffen in Cuxhaven jedenfalls stellte sie sich für den TO-Vorsitz zur Wahl – und wurde einstimmig von den anwesenden Vereinsmitgliedern gewählt.

Der Verein war zuletzt kommissarisch vom stellvertretenden Vorsitzenden Egon Lutomsky sowie den übrigen Vorstandsmitgliedern geführt worden. Der vorherige Vorsitzende Peter Wiedekamm, der im Herbst 2019 auf Martin Birkhoff gefolgt war, hatte nach nicht einmal einem Jahr im Amt völlig überraschend seinen Rücktritt erklärt – ohne Gründe zu nennen. Seither war das Spitzenamt bei TO verwaist.

Mit Lore Haack-Vörsmann steht nun erstmals in der Vereinsgeschichte von Trans Ocean eine Frau am Ruder. Und zwar eine, die Ahnung hat vom Langfahrtsegeln, wie wenige andere in Deutschland. In ihrem Kielwasser liegen weit über 250.000 Seemeilen. Die meisten davon hat sie auf eigenem Kiel absolviert, unzählige aber auch als Mitseglerin auf Windjammern oder an Bord von anderen Yachten, mit denen sie manche Fahrt in die Hohen Breiten bestritt.

Haack-Vörsmann segelt von Kindesbeinen an. „Ich habe mit sechs Jahren im Opti auf einem Moortümpel bei Walsrode das Segeln gelernt“, erzählte sie im eingangs erwähnten Gespräch mit der YACHT. Später reiste die Familie an den Wochenenden zum Plöner See, wo die Kinder das Gewässer auf einem Schwertzugvogel erkunden durften. Wiederum einige Jahre danach ging es mit der elterlichen Vilm auf erste größere Törns. „Norwegen, Shetlands, Schottland – alles stand uns offen.“

Im Erwachsenenalter taten es ihr dann die Windjammer an. Auf unterschiedlichen Schiffen erkundete sie die Tropen wie die arktischen Regionen. Erst im Alter von 52 Jahren wird Haack-Vörsmann selbst zur Eignerin, und zwar von einem robusten, zwölf Meter langen und acht Tonnen schweren Schiff, einer Vilm 2. Mit der nimmt sie fortan zumeist als Einhandseglerin Kurs Nord. Dazwischen geht sie aber auch immer wieder mit Mann und Kindern auf Törn.

Und nun also soll sie den Trans Ocean in die Zukunft führen. Sie freue sich auf die neue Aufgabe, sagte Lore Haack-Vörsmann nach ihrer Wahl. Was da genau auf sie zukommt und wie sie den Verein fit für die Zukunft machen will, das verrät sie in einem Interview, das in der kommenden YACHT 1/2022 nachzulesen sein wird.

TO-Preis an Herrmann, TO-Award an "Reeds"-Autoren

Außer der neuen Vorsitzenden gab es abends während der auf die Mitgliederversammlung folgenden Festveranstaltung noch mehr zu feiern. Zuallerst Boris Herrmann. Der deutsche Segelprofi, der schon in allerjüngsten Jahren von Trans Ocean unterstützt worden war, durfte sich über den Trans-Ocean-Preis freuen. Das ist die höchste Auszeichnung, die der Verein alljährlich an Segler vergibt, die Herausragendes geleistet haben. Herrmann wurde für sein bravouröses Abschneiden bei der zurückliegenden Vendée Globe geehrt.

Herrmann, der selbst nicht in Cuxhaven sein konnte, aber eine Video-Botschaft überbrachte, zeigte sich über die Ehre erfreut. Der Verein, dessen Mitglied er ist, solle sich die Unterstützung des Hochseesegelns unbedingt bewahren. Die Laudatio auf ihn hielt sein langjähriger Freund Dirk Mennewisch. Der sagte: „Ich bewundere, mit welch einer stoischen Ruhe und Gelassenheit Boris unter Bedingungen segelt, die ich als unerträglich hart empfinde.“ Mennewisch hatte einmal gemeinsam mit Herrmann einen Transatlantiktörn auf einem Racer absolviert.

Die Trans-Ocean-Medaille für ganz besondere Törns erhielten Marcel Dolega und Joanna Barck. Das Paar war 2014 zur Langfahrt mit seiner Koopmans 40 „Chulugi“ aufgebrochen. Vom Mittelmeer führte ihre Reise zunächst über die Kapverden nach Gambia. Von dort ging es über den Atlantik gen Südamerika und einige Jahre darauf retour nach Südafrika. Entlang der afrikanischen Ostküste hangelte sich das Paar nordwärts bis Kenia und setzte schließlich nach Indien über. Da die Corona-Krise eine Weiterfahrt gen Thailand und Indonesien vereitelte, kehrten die beiden schließlich durchs Rote Meer ins Mittelmeer zurück. Damit absolvierten sie zwar keine Weltumsegelung, aber eine komplette Runde um Afrika.

TO-Preis für Boris Herrmann, die Laudatio hielt Dirk Mennewisch
Foto: YACHT/P. Schürmann

Der Trans-Ocean-Award, der für außergewöhnliche Leistungen abseits von Reisen oder Regatten verliehen wird, ging in diesem Jahr an Mark Fishwick und Perrin Towler. Die beiden sind die Autoren des „Reeds Nautical Almanac“. Das nautische Standardwerk für jeden Segler, der auf den Gewässern um Nordeuropa unterwegs ist, wird im kommenden Jahr 90 Jahre alt; regelmäßig wird es aktualisiert und ergänzt. Trans-Ocean-Mitglied Bert Frisch sagte in seiner Laudatio auf das Autorenduo: „Niemand von uns käme auf die Idee, ohne den ‚Reeds‘ loszusegeln. Wir nennen ihn das ‚blaue Wunder‘.“

Katrina Westphal, Skipperin der „Störtebeker“ des Hamburgischen Vereins Seefahrt, wurde beim Festabend mit dem Zinnbecher für Leistungen bei Regatten bedacht. Sie hatte mit ihrer Crew in diesem Jahr unter anderem erfolgreich am Rolex Fastnet Race teilgenommen (s. YACHT 19/2021). Für die in Cuxhaven anwesenden und die per Videoübertragung zuschauenden TO-Mitglieder in aller Welt ließ sie das Fastnet-Rennen noch einmal Revue passieren.

Die Reisen zweier Einhandsegler waren bereits im Vorjahr mit dem Weltumseglerpreis gewürdigt worden, die Übergabe konnte jedoch erst jetzt stattfinden: Sebastian Groth war drei Jahre lang mit einer Beneteau First 35 rund um die Erde gesegelt, Andreas Dohmeier acht Jahre lang auf einer Hanseat Commodore 42.

Insgesamt verlieh die Jury in diesem Jahr deutlich weniger Preise als in der Vergangenheit. Dies war der weltweiten Corona-Pandemie geschuldet, die viele Crews daran gehindert hatte, ihre Törns 2021 zu einem Abschluss zu bringen.

Bert Frisch stellte schließlich noch eine neue Initiative des TO vor: den Catch of the Day. Gemeint ist damit eine Müll-Sammel-Aktion. Inspiriert von Beispielen aus anderen Ländern rief er die Segler dazu auf, sich einen Kescher zuzulegen und mindestens einmal am Tag Müll aus dem Wasser zu fischen - auch wenn dies nur ein kleiner Beitrag zum Schutz der Umwelt und insbeondere des Meeres sei.

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