Wenige glaubten an den Erfolg des Vorhabens, als am 1. April 1923 das Meisterwerk des Konstrukteurs Franz Plunder in Hard am Bodensee vom Stapel lief: Die 14 Meter lange und 3 Meter breite "Sowitasgoht V". Der Name "So weit es geht" war Programm - es sollte tatsächlich bis Amerika gehen. Rund 12.000 Menschen versammelten sich, um die vier Abenteurer zu bestaunen, die sich auf die Reise von Hamburg nach New York machten. „Lass uns die Kerle noch einmal ansehen, sie ersaufen ja doch,“ raunte eine Zuschauerin. Für die Crew waren das ferne Sorgen, naheliegender war die schlichte Existenznot: Alle waren vollkommen pleite. „Es war beängstigend, wie unser Boot bei Appetit war, nichts, aber rein nichts war uns geblieben, aber eines war gut, wir waren für alle Strapazen, die da kommen sollten, gut trainiert,“ so Plunder.
Strapazen erwarteten sie mehr als erwartet, und zwischen Madeira und dem ersehnten Amerika dümpelnd mögen Zweifel aufgekommen sein. "Wir wussten und fühlten, dass man viel an uns dachte und dass vielleicht viele sagten, 'die sind schon längst erledigt'," schrieb Plunder später in einem Reisebericht. Doch die Crew bewies Durchhaltevermögen. Trotz knapp werdenden Wassers und zur Neige gehender Kartoffelvorräte meisterten sie die Herausforderungen. Nach 5.800 Seemeilen und 61 Tagen auf hoher See legten die vier Atlantiküberquerer am 13. September 1923 im Hafen von New York an. Sie schrieben damit Geschichte als erste deutsche und österreichische Sportsegler, die gemeinsam den Atlantik in Ost-West-Richtung überquerten.
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Pionierleistung mit Hindernissen
Die Vorbereitung und Durchführung der Atlantiküberquerung war von zahlreichen Hindernissen geprägt. Plunder und seine Mitstreiter mussten nicht nur technische Herausforderungen meistern, sondern auch finanzielle Engpässe überwinden. Sie starteten eine der ersten Sponsoring-Kampagnen in der deutschen und österreichischen Segelgeschichte, um ihr Vorhaben zu finanzieren. Trotz anfänglicher Skepsis, Inflation und bürokratischer Hürden gelang es ihnen, das Projekt zu realisieren. Dennoch: „Es ist eine sehr, sehr schwere Sache, ohne Geld zu reisen, zumal noch mit einer Yacht“, stellte Plunder beim Verlust der Ankerkette schon einen Tag nach der Abreise von Hamburg fest – nur eine von vielen Herausforderungen, die das österreichisch-deutsche Quartett zu überstehen hatte. Die Ausstellung im vorarlberg museum beleuchtet diese Aspekte und zeigt, wie Plunder und seine Crew durch Beharrlichkeit und Innovationsgeist ihre Träume verwirklichten.
Plunders Vermächtnis
Der 1891 in Bregenz geborene Bildhauer und Yachtkonstrukteur baute schon als Kind Modellboote. Im Jahr 1904 entstand unter seinen Händen ein Ruderboot, das Plunder später mit einem Segel ausstattete. Um 1910 herum baute er schließlich ein Sieben-Meter-Segelboot.
Nachdem aber der jugendliche Plunder das Gymnasium wegen einer „nicht näher definierten Dummheit“ nach vier Jahren verlassen musste, besuchte er die Kaiserlich-Königliche Fachschule für gewerbliches Zeichnen und seiner Begabung wegen später die Akademie der bildenden Künste in Wien. Er wurde Bildhauer – und blieb seinen Träumen treu: Segeln, Boote und Amerika, das Land, in dem er später für viele Jahre seinen Lebensmittelpunkt hatte. Zeitlebens irrlichterte Plunder zwischen den Disziplinen und Kontinenten, entsprechend unstet verlief auch seine Karriere als Bootsbauer. Sie fußte ausschließlich auf einem mehrwöchigen Werft-Praktikum in Hamburg, viel Inspiration, autodidaktischem Lernen und Abenteuergeist.
”Sowitasgoht V” macht Plunder berühmt
Wann genau sie begann, ist nicht näher bekannt. Schon vor dem Ersten Weltkrieg aber verkaufte Plunder seine erste „Sowitasgoht“, ihr sollten weitere neun folgen. Nummer fünf machte ihn berühmt und gilt als eine der ersten Yachten, die ohne Gaffelrigg über den Atlantik segelten. Seine Yachten hatten nur den Namen gemein. Sie waren zwischen sechs und 14 Meter lang, mit Schwert oder festem Kiel, für Binnenreviere oder die hohe See konstruiert.
Die „Sowitasgoht VI“ baute Plunder mitten in der Weltwirtschaftskrise bei Ernst Burmester in Bremen. Mit ihr segelte er in die Adria und Ägäis. Die „Sowitasgoht VII“ folgte in den dreißiger Jahren und ist noch heute in Hard am Bodensee zu Hause. Auch die von Plunder gezeichnete „Porcupine II“, ebenfalls bei Ernst Burmester in Bremen gebaut, liegt heute noch am Schweizer Ufer des Bodensees in Aarborn. Plunders letztes eigenes Boot „Sowitasgoht X“ kam 1961 ins Wasser. Er segelte es bis kurz vor seinem Tod 1974.
Der Name wurde zu seinem Markenzeichen, wenngleich er unzählige andere Boote baute. Der wirtschaftliche Höhepunkt des bootsbauerischen Schaffens von Franz Plunder begann gleich nach dem Ersten Weltkrieg mit der Gründung der „Plunder Werft“ in Bregenz, mit einer gut betuchten Kundschaft in der benachbarten währungsstabilen Schweiz. Schon ein Jahr nach ihrer Gründung hatte sie 30 Mitarbeiter, Boote der 7-bis-8-Meter-Klasse liefen förmlich vom Band. Als der Raum in Bregenz zu klein wurde, zog die Werft nach Hard und baute auch größere Seekreuzer. Plunders Risse zeichnen sich eher durch stäbige Zuverlässigkeit als durch Eleganz aus, dabei war kein Boot wie das andere. Allein sieben von Plunders Schiffen nahmen an der Bodenseewoche 1921 teil.
”Plunder Werft” wird mit Ferdinand Porsche zur “Bodensee Werft”
Im selben Jahr ließ sich auch Ferdinand Porsche einen 45er nach Plunders Plänen bauen – und stieg in den Werftbetrieb ein. Die „Plunder Werft“ wurde zur „Bodensee Werft“ und baute fortan auch Motorboote. „Es war eine große Werft geworden, aber ich mochte nicht mehr. Es kam zwischen mir und dem Generaldirektor Porsche fast zu einem Krach. Kurz darauf entschloss ich mich, aus der G.m.b.H. auszuscheiden“, beschreibt Plunder seinen Schritt vom erfolgreichen Werftbesitzer zum Abenteurer, der im Folgejahr nach Amerika segeln sollte.
Neben den wenigen noch erhaltenen Booten aus Plunders Feder zeugen heute noch zehn Rollen mit Konstruktionsplänen von seinem regen bootsbauerischen Schaffen. Sein damaliger Nachbar, der heute 84- jährige Wolfgang Allgeuer vom Yacht Club Bregenz, rettete sie nach Plunders Tod 1974 vor der Vernichtung und übergab sie dem Stadtarchiv. Nur noch antiquarisch ist Plunders Autobiografie mit dem naheliegenden Titel „Sowitasgoht“ erhältlich. Die aber, das hat der Kurator des Vorarlberg Museums, Markus Barney, herausgefunden, changiert zwischen Dichtung und Wahrheit. Im Museumsfernsehen ist ein unterhaltsamer Vortrag von Barney über das Leben Franz Plunders zu sehen.
Ausstellung zeigt facettenreiche Persönlichkeit
Die Sonderausstellung im vorarlberg museum präsentiert Franz Plunder als facettenreiche Persönlichkeit. Drei beleuchtete Schiffsmasten im ersten Ausstellungsraum geben Einblicke in seine Kindheit, seine Tätigkeit als Bildhauer und seine Zeit in Amerika. Selbst die rot-weiß-rote Fahne, die am Heck der "Sowitasgoht V" angebracht war, ist noch erhalten. Eigens für die Ausstellung hat der Modellbauer Jürgen Oltmann aus Schwanewede/Bremen, über den die YACHT kürzlich berichtete, ein originalgetreues Modell der „Sowitasgoht V“ im Maßstab 1:10 angefertigt, das zum Erkunden vieler Details einlädt. In einem Erlebnisraum können Besucher meterhohe Wellen auf Leinwänden erleben und ein Hörspiel über die Strapazen einer Atlantiküberquerung hören. Der dritte Teil der Ausstellung widmet sich dem Leben Franz Plunders: Verschiedene Boxen laden dazu ein, die Geschichten in der Geschichte zu erkunden und die eigene Abenteuerlust zu wecken. Ein großer Tisch bietet Platz, um die Boxen auszubreiten und die faszinierenden Details von Plunders Leben zu entdecken.
Das vorarlberg museum in Bregenz zeigt die Ausstellung von April 2025 bis Herbst 2026 immer Dienstags bis Sonntags von 10.00 bis 18.00 Uhr, an jedem 1. Donnerstag von 10.00 bis 20 Uhr.