Tatjana Pokorny
· 22.08.2022
Die erste Etappe im französischen Segelklassiker La Solitaire du Figaro läuft. Mit Jörg Riechers und Sanni Beucke sind erstmals zwei deutsche Segler dabei. Der Dreiteiler gilt als inoffizielle Weltmeisterschaft für Figaro-Beneteau-3-Segler. Die erste der drei Etappen führt die Flotte der 34 Boote aus dem Département Loire-Atlantique (Nantes) nach Port-la-Forêt
Bei leichtem Nieselregen und einer schwachen Südbrise hatte Corentin Horeau auf “Mutuelle Bleue” am Sonntag den besten Start erwischt. Der führte das Feld zum Auftakt der 53. Edition der La Solitaire du Figaro aus der Loire-Mündung heraus. Die Solisten eröffneten damit ihre 648 Seemeilen lange erste Etappe. Sie wird die Flotte nördlich an Bishops Rock auf den Scillies vorbei und um die Insel Skokholm führen – ein winziges Vogelschutzgebiet zwei Meilen vor der walisischen Pembroke-Küste.
Für diese erste von drei Etappen sind insgesamt nur leichte bis mäßige Winde vorhergesagt. Es dürfte eine Reihe von Gelegenheiten zum unfreiwilligen Einparken, aber auch für Comebacks geben. Nach der ersten Nacht führte am Montagmorgen Robin Follin (“Golfe de Saint-Tropez – Territoire D’Exception”) das Feld knapp vor Top-Favorit Tom Laperche auf “Region Bretagne – CMB Performance” und Alan Roberts auf “Seacat Services” an. “Alva Yachts”-Skipper Jörg Riechers lag zunächst auf Platz 20, Sanni Beucke auf “Giraffon” auf Platz 32. Die olympische 49er-FX-Silbermedaillen-Gewinnerin von Enoshima ist mit ihrer Kampagne “This race ist female” eine von neun Rookies im Rennen, die von den Veranstaltern im Tracking mit dem Zusatz “bizuth” bezeichnet werden.
Vor dem Verlassen des Docks in Saint-Nazaire hatte am Sonntagmorgen der frühe Spitzenreiter Horeau gesagt: “Die Wettervorhersage sieht sehr kompliziert aus. Das wird alles offen lassen. Im Großen und Ganzen werden wir auf dieser ersten Etappe keine heftigen Bedingungen zu bewältigen haben. Nur ein paar Fronten, mit denen man umgehen muss. Man wird opportunistisch agieren müssen. Wir müssen auch mit unseren Kräften haushalten und auf Reserven achten, um uns nicht von Anfang an zu verausgaben. Denn in der Nordbretagne müssen strategische Entscheidungen getroffen werden. Man sollte sich also nicht zu sehr stressen, wenn man unter einer kleinen Wolke oder in einer kleinen Front ein wenig verliert. Nach der Insel Skokholm wird es eine schöne Rutsche nach Lee geben, wenn wir in den Nord-Nordwest-Wind kommen. Wir werden bis Port-la-Forêt (ETA Donnerstagmorgen) gut vor dem Wind laufen. Es wird nicht einfach werden, aber hoffentlich kann ich meine Erfahrung ausspielen.”
Neu im Spiel sind bei der 53. La Solitaire du Figaro die Sprintprämien. Auf Etappe eins kommen sie an der West-Cardinal-Boje Chaussée de Sein zum Tragen. Das erste Boot, das die Boje passiert, erhält fünf Minuten Zeitbonus, das zweite drei Minuten und das dritte eine Minute. Für die beiden deutschen Skipper sind diese Boni kaum zu erreichen. Beide wissen, dass sie ohne Chancen auf eine Top-Platzierung im Rennen sind.
Der 53-jährige Jörg Riechers will für seine geplante Vendée-Globe-Premiere 2024 trainieren. Vor dem Rennen sagte er: “Es ist das härteste Rennen! Warum ich dabei bin? Ich habe keine Siegchance. Nicht einmal eine, mich in den Top Ten zu platzieren. Der Grund dafür, dass ich das Rennen bestreite, ist der: Ich kann sehr viel lernen, rauskommen aus meiner Komfortzone. Ich setze mich der Gefahr aus, um besser zu werden. Dabei habe ich ein Ziel vor Augen, möchte perfekt vorbereitet sein für mein großes Ziel: die Vendée Globe 2024. Ich werde also das Figaro hassen. Ich werde deprimiert sein, aber ich werde es als Gewinner beenden, weil ich für die Zukunft gelernt habe.”
Susann Beucke ist gerade erst aus dem olympischen Segelsport ins Solo-Seesegeln eingestiegen. Sie steht noch am Anfang ihrer neuen Karriere, für die Beucke den Vendée-Globe-Start 2028 ins Visier genommen hat. Die 31-Jährige aus Strande sagte kurz vor dem Start: “Ich bin sehr, sehr nervös, denn am Startmorgen scheint einiges schiefzulaufen. Ich habe mich verspätet, weil ich die Wetterdaten, die Grib-Dateien, nicht in meinen Computer laden konnte. Aber es wird eine sehr lange Etappe mit vier Nächten auf See. Es wird also viele Gelegenheiten geben, das aufzuholen, was für mich großartig ist. Die ganze Situation könnte für mich nicht besser sein. Hätte man mir im Februar dieses Jahres gesagt, dass ich hier die erste Etappe von La Solitaire du Figaro bestreiten würde, hätte ich gesagt: Auf keinen Fall!”