100 Jahre FYPSegeln für den guten Zweck

YACHT-Redaktion

 · 11.11.2025

Die „Edith VII“ vom Stettiner Yacht-Club während einer Regatta auf der Pommernwoche im Jahr 1931 vor Lauterbach auf Rügen.
Foto: Archiv FYC Putbus
Gegründet vor hundert Jahren von Berliner Seglern, um den Lauterbacher Fischern zu helfen, existiert der Fürstliche Yacht-Club Putbus bis heute.

Text von Sigrun Putjenter

Die goldenen 1920er-Jahre sehen Berliner Segler oft mit ihren Familien zur Sommerfrische auf der Ostsee. Im Tourenboot: alles für die Langfahrt an Bord – bis hin zu Kleid und Club­anzug für die Siegerehrung einer See­regatta, die unterwegs mitgesegelt wird. Lauterbach erfreut sich dabei großer Beliebtheit als Zwischenstation, an der Südküste Rügens im Schutz der Insel Vilm gelegen. Und so war das Dörfchen schon nach dem Ersten Weltkrieg zu einem der Etappenhäfen der Pommernwoche avanciert.


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Diese 1912 vom Stettiner Yacht-Club initiierte Veranstaltung, die durch ihre Mischung von Dreieckskursen und Wettfahrten zwischen einzelnen Veranstaltungsorten in den Rügener und Stettiner Gewässern bestach, war auch in Kombination mit den sommerlichen Familientörns sehr beliebt. Die Mitglieder des Potsdamer Yacht Clubs (PYC) zählten zu den begeisterten Teilnehmern. Im Juli 1925 wurden einige von ihnen im Lauterbacher Hafen Zeuge, als während eines schweren Gewitters genau die Scheune durch einen Blitzeinschlag in Flammen aufging, in der sich die gesamten Gerätschaften der Fischer aus vier umliegenden Dörfern befanden. Die Fischer waren in diesen Nachkriegsjahren ohnehin schon besonders notleidend. Nun standen sie buchstäblich vor dem Nichts.

Am nächsten Tag habe er sich mit seinem Freund Adolf Nissen an die Fürstin zu Putbus gewandt, um ein Hilfswerk zur Unterstützung der Fischer aufzubauen, berichtete Ernst Naumann später über die Gründung des Fürstlichen Yacht-Clubs Putbus.

Besagter Freund Adolf Nissen erzählte die Geschichte sogar noch etwas detaillierter. Demnach habe der Verein Rügenscher Berufsfischer seine klammen Kassen durch ein Fischerfest aufgebessert. In dessen Rahmen, auch Fürstin Marie zu Putbus war zugegen, sei bei einem intensiven Schnapsgelage mit den Fischern – dessen verheerender Wirkung Nissen und Naumann nur durch den frommen Betrug mit eigens für sie nur mit Wasser gefüllten Schnapsgläsern entgingen – die Idee entstanden, zur wirtschaftlichen Unterstützung der Fischer einen Yachtclub unter der Schirmherrschaft der Fürstin zu Putbus zu gründen.

Gründung des FYP zur Unterstützung bedürftiger Fischer

Am 28. Oktober 1925 wurde der Fürstliche Yacht-Club Putbus schließlich in Berlin gegründet. Einstimmig wird überliefert, dass sich das Fürstenhaus zu Putbus mit Begeisterung hinter diese Idee stellte. Fürstin Marie zu Putbus habe nicht nur freudig das Protektorat übernommen, sondern auch gleich selbst eine erste Spende getätigt, so Naumann.

Und auch ihr Neffe, Fürst Malte zu Putbus, der das Erbe von Maries jüngerer Schwester Asta antrat, so berichtete Adolf Nissen, habe bei Auszahlungen an Not leidende Fischer meist noch einmal denselben Betrag aus eigener Tasche dazugelegt. Das Geld für diesen Fonds stammte neben Spenden auch aus der Kapitalisierung eines deutlich üppiger ausgestalteten Fischerfests. Lauterbach und das Fischerfest wurden in den kommenden Jahren zunehmend in den Regattaplan der Pommernwoche eingebunden.

Teestunden und Aalessen

Das Fürstenhaus zu Putbus brachte sich alljährlich aktiv in das Rahmenprogramm ein. Neben den überaus beliebten Einladungen zum Tee im fürstlichen Schloss in Putbus oder dem Jagdschloss Granitz zählten dazu beispielsweise auch eine Begrüßungsfeier im Putbusser Schlosspark mit anschließendem Fackelzug nach Lauterbach oder ein abendlicher Jubelkommers im Schloss. Auch stiftete das Fürstenhaus verschiedene Preise für die Regatten des FYP im Rahmen der Pommernwoche.

Der FYP erinnerte an seine erste Schirmherrin, indem er die beste Ausgleichsyacht mit dem Fürstin-Maria-­Erinnerungspreis bedachte. Als weiteres Zeichen seiner Dankbarkeit setzte der Club der 1930 verstorbenen Fürstin Marie zu Putbus ein Denkmal mit einem großen Findling, den ein bronzenes Flachrelief des Porträts der Fürstin schmückte. Im Rahmen der Pommernwoche wurde das Denkmal am 11. Juli 1931 feierlich enthüllt.

So legendär wie die Tees des Fürstenhauses – und unverzichtbar für die Spendenkasse – waren außerdem die Aalessen, die im Winter in Berlin stattfanden. Dabei wurden Räucheraale, mit denen sich die Lauterbacher Fischer bei den Mitgliedern des FYP bedankten, im Rahmen eines festlichen Diners, zu dem der FYP stets mehrere altehrwürdige Fischer nach Berlin einlud, verspeist. Dabei gehörte es zum guten Ton, dass im Laufe des Abends eine beträchtliche Spendensumme zusammenkommen sollte.

Mitgliedschaft im FYP gilt als Ehre

Auch der Beginn des Zweiten Weltkriegs änderte daran zunächst nichts. So spülte das Räucheraalessen im Winter 1940 noch einmal 1.500 Reichsmark in den Fonds. Zwei Jahre später war dann aber doch Schluss. Mit dem Aalessen am 6. Dezember 1942 fand die Tradition ein Ende.

Bis dahin hatte der Fürstliche Yacht-Club bereits 40.000 Reichsmark an Geld und in Sachwerten für die notleidenden Fischer bereitstellen können. Eine Gemeindeschwester wurde bezahlt, eine Kinderbibliothek eingerichtet, die Kosten für Operationen übernommen und Taufen oder Hochzeiten ebenso finanziell unterstützt wie Be­erdigungen. Möglich wurde das durch Phi­lan­thro­pen wie Adolf Nissen (Ingenieur, spezialisiert auf Pkw-Zündanlagen), der nicht nur einer der Initiatoren, sondern auch langjähriger, umtriebiger Vorsitzender des FYP war, und seinen Freund Ernst Naumann, der in Berlin ein Pelzhaus unterhielt.

Zu den Mitbegründern des Fürstlichen Yacht-Clubs Putbus gehörten auch Walter Metzing, Rats- und Baumeister; Martin Wronsky, Major a. D. und Vorsitzender des PYC von 1926 bis 1934, ebenso Zweiter Vorsitzender der Kreuzer-Abteilung des DSV; Bauunternehmer Asmus Bumann, Juwelier Julius Dietloff und der Unternehmer Friedrich Schröder. Innerhalb der ersten 15 Jahre des Bestehens dieses ungewöhnlichen, philanthropischen Segelclubs fanden sie über 240 Gleichgesinnte, denen es eine Ehre war, Mitglied zu werden.

FYP verschwindet unter DDR-Regierung

Die Pommernwoche hatte derweil im Juli 1939, mit einer starken Beteiligung von 156 Booten, letztmalig stattgefunden, ohne jedoch in Lauterbach Station gemacht zu haben. Die Ostsee wurde zu einem strategisch wichtigen Raum und in der Folge zu einem Schlachtfeld, in dem die private Schifffahrt nichts mehr zu suchen hatte.

Das Ende des Krieges bedeutete für die mehr als 170 deutschen Segelvereine, die ihren Sitz im sowjetisch besetzten Teil der ehemaligen deutschen Staatsgrenzen hatten, das Ende des selbstbestimmten Vereinslebens und der freien Segelei auf der Ostsee. Mancher von ihnen floh in den Westen, wie etwa der Stettiner Yacht-Club, der sich in seine Partner­stadt Lübeck rettete. Aus anderen wurden Betriebssportgruppen (BSG). So auch die BSG „Empor Putbus“. Zudem wurden Sportgemeinschaften gegründet, die staatlicher Kontrolle unterstanden. Man darf davon ausgehen, dass das auch für die Seglergemeinschaft Putbus galt, die 1952 in Lauterbach an ­einem alten Steg am Bahndamm gegründet wurde und seit 1990 Yacht­club Putbus heißt.

Zur Ausbildung entsprechender Übungsleiter beschloss die DDR-­Regierung 1953, das Erholungsheim „Insel Vilm“ in eine „Trainingsstätte für Segelsport“ zu verwandeln. Der Segelsport blieb Lauterbach also erhalten, der Fürstliche Yacht-Club Putbus allerdings verschwand zunächst spurlos.

Lange war FYP nur eine Erinnerung

Malte von und zu Putbus wurde aufgrund seiner Nähe zu führenden Offizieren des Widerstandes einen Tag nach dem verunglückten Attentat auf Hitler inhaftiert. Er verstarb auf ungeklärte Weise am 10. Februar 1945 im KZ Sachsenhausen. Seine Familie floh nach dem Krieg in den Westen und verlor den gesamten Besitz, den das Haus zu Putbus seit dem 14. Jahrhundert auf der Insel erworben hatte. Das waren rund 15.000 Hektar Land, was einem Sechstel der Inselfläche Rügens entspricht, Immobilien – darunter auch der berühmte Circus in Putbus mit seinen klassizistischen weißen Häusern – und auch die Insel Vilm.

Das Putbusser Schloss, das nach dem Willen der sowjetischen Militäradministration und getreu der geltenden Maxime der KPD „Junkerland in Bauernhand“ eigentlich schon seit 1947 hätte abgerissen werden sollen, wurde Anfang der 1960er-Jahre gesprengt und abgetragen. Der Potsdamer Yacht Club behielt den FYP und die schönen Zeiten in Lauterbach zunächst wehmütig in Erinnerung und installierte, nachdem der Club 1956 in sein zuvor beschlagnahmtes Clubhaus am Wannsee hatte zurückkehren dürfen, ein prächtiges Glasmosaik mit dem Wappen des Fürstlichen Yacht-Clubs Putbus in einem seiner Gesellschaftsräume.

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Zehn Jahre später, zum 75. Jubiläum des PYC, äußerte Ernst Naumann noch die Hoffnung, dass der FYP „in nächster Zeit wieder in der alten Form neu gegründet werden kann“. Zu dem Zeitpunkt war der unbemerkt am Rhein wiedergegründete Fürstliche Yacht-Club Putbus bereits drei Jahre alt. Die Eintragung ins Vereinsregister war am 7. November 1963 in Köln erfolgt. Die Mitgliederliste lässt auf vier Gründungsmitglieder schließen, fünf Neumitglieder scheinen innerhalb der nächsten zehn Jahre begrüßt worden zu sein. Offenbar gab es weder eine große Affinität zum Segeln oder zur Philanthropie noch eine aktive Verbindung zum Hause Putbus.

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”Leben und Leben helfen”

Erst nach der Wende stieg die Anzahl der Mitglieder merklich an, dann auch mit einzelnen Neumitgliedern aus Rügen. Einige der damaligen Neu-Rügener, die Mitglied wurden, darunter der aktuelle Kommodore, Till Jaich, und der langjährige Zahlmeister Siegfried Fischer, sorgten schließlich dafür, dass der Fürstliche Yacht-Club Putbus am 27. April 2001 auf die Insel zurückkehrte.

Seitdem ist der Segelsport im FYP als verbindendes Element wieder aufgelebt. Es gab eine Beteiligung am Rügen-Triathlon sowie an den Bodden­etappen, die der ASV Greifswald alljährlich ausschreibt. Als eigene Regatta wurde der Goor-Cup mehrfach ausgesegelt, in diesem Jahr als Jubiläumsausgabe zum 100. Geburtstag, der im Rahmen des Lauterbacher Hafenfests gleich weitergefeiert werden konnte – ganz wie früher beim Fischerfest.

154 Mitglieder sind seit der Wiedergründung 1963 durch die Vereinsbücher des FYP gegangen – Mitglieder zu halten ist ohne Clubhaus und -Hafen nicht so einfach. Derzeit zählt der Club 55 Mitglieder, darunter als Ehrengast Michaela zu Putbus, die inzwischen auf Rügen ansässige Witwe von Franz zu Putbus, dem Sohn des im KZ verstorbenen Fürsten Malte zu Putbus, sowie als Ehrenmitglied dessen Enkel gleichen Namens Malte zu Putbus. Das Bronzeporträt der Fürstin Marie zu Putbus übrigens, das zu DDR-Zeiten vom Denkmal entfernt worden war, ließ der FYP im Rahmen einer Gedenkfeier am 3. Oktober 1993 erneut an dem Stein in der Nähe des Nissen-­Naumann-Platzes anbringen, zunächst in einer hölzernen Version, 2019 dann wieder als Bronzeguss.

Auch der Kontakt zum Potsdamer Yacht Club lebt seit 2019 wieder auf, sodass man sagen kann, dass verschiedene Traditionslinien, die durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen wurden, nach fünfzig oder mehr Jahren allmählich geheilt werden. Dazu zählt auch der Sinnspruch des FYP, „Leben und leben helfen“, der in diesem Sommer vor allem durch das Engagement Till Jaichs für den FYP mit Leben gefüllt wurde, was zahlreichen Rügener Kindern zugutekam, denn die Zeiten, in denen es in Lauterbach Berufsfischer gab, sind leider tatsächlich – bis auf eine Ausnahme – vorbei. Der geräucherte Aal gehört bei den Jahreshauptversammlungen des FYP allerdings noch immer zur unverzichtbaren Tradition.

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