Wer im Internet nach Informationen rund ums Segeln sucht, stößt früher oder später auf die Webseite Segeln-Forum.de. Seit mittlerweile zwanzig Jahren tauschen sich dort Seglerinnen und Segler über alle möglichen Fragen aus – vom Einwintern des Bootsdiesels über die Planung ihrer Törns bis hin zum Kauf eines Gebrauchtbootes.
Eine zentrale Rolle dabei spielt Stefan Beeger. Gemeinsam mit einem kleinen Team betreibt er die Plattform und hält sie unabhängig von den großen Technologiekonzernen am Laufen. Statt auf modisches Design setzt er bewusst auf klare Strukturen und verlässliche Funktionalität. Über bewährte Konzepte, hitzige Diskussionen – und warum aus digitalen Begegnungen echte Segelfreundschaften wachsen können.
Ich glaube, das liegt daran, dass wir es von Anfang an als moderiertes Forum aufgebaut haben. Die Menschen wissen: Hier achten wir auf Standards und auf einen respektvollen Umgang. Bei Facebook, Discord oder Reddit ist das anders – dort gibt es keine fest etablierte Kultur. Genau deshalb bestehen wir bis heute.
Wir bleiben bewusst ein Stück weit im Alten verankert. Heute sind viele Nutzer gewohnt, dass Inhalte über Algorithmen dynamisch präsentiert werden. Ein Forum hingegen ist klar gegliedert, wie ein Baum mit Kategorien und Unterforen – und genau das wollen wir beibehalten und pflegen.
Man ordnet zum Beispiel Themen in die passenden Kategorien ein. Dabei achte ich darauf, dass die Nutzer nicht irritiert sind, wenn etwas scheinbar verschwindet. Das Ziel ist, dass das Forum auch wie ein Verzeichnis funktioniert: Wer zum Beispiel eine Frage zum Motor hat, findet im Bereich „Motor und Antrieb“ alle relevanten Beiträge gebündelt. Es geht darum, Inhalte leichter zugänglich zu machen. So muss man nicht lange über die Suchfunktion gehen, sondern kann einfach durch die Bereiche blättern. Zudem gibt es spezielle Unterforen wie die „Open Boat Projects“. Diese genießen eine gewisse Eigenständigkeit, haben ihre eigene Community und Mitglieder können ihre Themen selbst verwalten und verschieben.
Das war ein evolutionärer Prozess. Die Grundstruktur hat vor fast 21 Jahren der Gründer des Forums angelegt. Er kam aus der Kojencharter-Szene und wusste über das Segeln nicht allzu viel, dafür aber umso mehr über Foren. Darauf haben wir aufgebaut und die Plattform kontinuierlich weiterentwickelt.
Wenn wir merken, dass bestimmte Themen gefragt sind oder wir Diskussionen anregen wollen, eröffnen wir ein neues Unterforum. Umgekehrt schließen wir Bereiche wieder oder verschieben sie, wenn sie kaum genutzt werden. Eine feste Strategie gibt es dabei nicht. Das Forum wächst und verändert sich mit seinen Nutzern.
Ich würde sagen, der Altersdurchschnitt der Nutzer liegt klar über 40. Viele sind 60, 70 Jahre alt, einige gehen sogar schon auf die 90 zu. Insgesamt sind es also eher ältere Segler. Für die ist es vielleicht gar nicht so wichtig, dass das Forum supermodern aussieht. Das hängt auch ein Stück weit mit dem Segelsport zusammen. Wir spiegeln im Grunde das wider, was man auch in den Häfen sieht.
Für viele Menschen kommt Segeln erst in der zweiten Lebenshälfte infrage. Ich selbst habe mir mein Boot, eine Contest 33, zwar direkt nach dem Studium zugelegt. Denn mir war klar: Sobald Haus, Familie und Kinder da sind, bleibt dafür kaum noch Geld. Damit gehöre ich aber eher zu den Ausnahmen. Die meisten wählen diesen Weg nicht und steigen erst später ein – dann, wenn Zeit und finanzielle Mittel es zulassen.
Die Themen bestimmen die Nutzer. Sie starten neue Diskussionen, wenn sie das Bedürfnis haben – oder greifen ein älteres Thema wieder auf und holen es nach oben. Wir selbst mischen uns da nicht ein, es gibt keinerlei redaktionelle Eingriffe.
Ich denke, bei uns findet jeder etwas. Wir haben ganz unterschiedliche Gruppen mit sehr speziellen Interessen. Zum Beispiel gibt es ein eigenes Unterforum für Schlauchkatamaran-Segler – eine absolute Nische im Segelsport. Dabei steckt darin eine enorme Flexibilität. Ein Nutzer aus der Ukraine baut solche Boote in größerem Maßstab und hat dazu faszinierende Expeditionsberichte veröffentlicht – schon vor dem Krieg, als er mit seinem Katamaran durch Sibirien reiste. Das sind großartige Geschichten.
Darüber hinaus sind wir sehr breit aufgestellt. Es gibt die „Charter-Fraktion“, die ohne eigenes Boot unterwegs ist. Dort geht es eher um praktische Fragen: Welche Rettungsweste eignet sich am besten oder welches Handfunkgerät? Dann haben wir die Eigner, bei denen technische Fragen im Mittelpunkt stehen, oft sehr detailliert, und immer wieder bringen sich auch absolute Profis mit ihrem Fachwissen ein.
Ja, diese Offenheit war von Anfang an prägend. Einer der ersten Admins war der Autor Stephan Boden (Digger Hamburg, Einhundsegeln). Er nutzte das Forum damals, um seine selbst produzierten Segelvideos zu verbreiten. Daraus entwickelte sich schnell eine grundsätzliche Offenheit gegenüber kleineren wirtschaftlichen Aktivitäten. Bis heute gibt es dafür einen eigenen Bereich, in dem geworben werden darf – völlig kostenlos. Entscheidend ist nur, dass die Beiträge Substanz haben. So entsteht ein Geben und Nehmen, von dem alle profitieren.
Einige besonders engagierte Nutzer bieten beispielsweise Motorkurse oder andere Schulungen an – oft nebenberuflich oder aus reiner Leidenschaft. Diese Mischung macht das Forum bis heute stark: Profis und Laien kommen zusammen, teilen ihr Wissen und formen eine lebendige Gemeinschaft.
Das ist eine etwas ungewöhnliche Konstruktion: Offiziell haben wir mit Boot24 einen professionellen Betreiber – eine Online-Bootsmarktplattform, die inzwischen zu einer amerikanischen Firma gehört, die weltweit ähnliche Portale betreibt. Boot24 ist damals eingesprungen, als unser Gründer krank wurde und aussteigen musste. Das liegt schon viele Jahre zurück. Seitdem lassen sie uns völlig freie Hand und übernehmen die Serverkosten.
Im Moment sind wir drei Personen mit Admin-Rechten. Einer kommt aus dem Elektronik-Bereich, ein anderer ist ein Altgedienter, der sich zwar nicht mehr aktiv einbringt, aber als Reserve bereitsteht – falls einmal etwas passiert. Dazu kommen rund sieben Moderatoren, die darauf achten, dass die Diskussionen nicht aus dem Ruder laufen.
Alles passiert ohne festen Dienstplan, ganz nach persönlichem Verantwortungsgefühl. Wer gerade Zeit und Lust hat, schaut rein und greift ein, wenn nötig.
Wir haben so um die 10.000 Beiträge im Monat, das sind ungefähr 300 am Tag. Davon ist bestimmt die Hälfte eher sozialer Art, da wird einfach ein bisschen gequatscht. Genau so soll es auch sein – so war es von Anfang an gedacht. Es geht nicht nur ums Fachliche, sondern genauso ums Menschliche.
Natürlich wird auch engagiert diskutiert. Je nach Thema ist man sich mal schneller einig, mal weniger. Wichtig ist uns nur, dass der Ton so bleibt, dass man sich danach noch auf ein Bier treffen könnte – ohne Beleidigungen oder schlechte Stimmung. Insgesamt klappt das sehr gut, gerade im Moment läuft es wirklich schön. Aber es gibt auch Phasen, zum Beispiel im Winter, da sind die Leute schneller gereizt.
Ja, schon. Man merkt, wenn einige länger keinen Wind mehr um die Nase hatten. Dann wird’s zickiger und rauer – und dann greifen wir auch öfter ein.
Störenfriede kontaktieren wir in der Regel zuerst per privater Nachricht. Oder wir sprechen sie direkt an und bitten, sich zurückzunehmen und den Forenfrieden im Auge zu behalten. Wenn das nicht wirkt, haben wir ein kleines Verwarnsystem mit Punkten, das deutlich macht, wann eine Grenze überschritten ist. Meistens reicht das völlig aus und wird auch verstanden. Nur wenn jemand überhaupt nicht einsichtig ist, müssen wir uns irgendwann freundlich von ihm verabschieden. Wenn unter den Einträgen etwas Verbotenes dabei ist, dann löschen wir die auch.
Das passiert sehr selten – einmal in der Woche. Das ist nicht sehr häufig.
Na ja, es gibt natürlich Themen, die je nach Saison immer wieder aufkommen. Dauerbrenner sind zum Beispiel der richtige Umgang mit Toilettenabwässern. In Holland darf man inzwischen nicht mehr direkt einleiten – also stellt sich die Frage: Tank nachrüsten oder lieber aufs Trockenklo umsteigen? Ein anderes großes Thema ist Antifouling, und natürlich geht es oft auch um Reviere, die man im Urlaub ansteuern will.
Es gibt immer wieder Teilnehmer, die fordern, man solle stärker die Suchfunktion nutzen, statt neue Themen aufzumachen. Ich finde: Jedes Jahr gibt es so viel Neues, dass Wiederholungen durchaus sinnvoll sind. Wenn man auf die letzten 21 Jahre zurückschaut, sieht man klar, wie sehr sich die Themen verändert haben. Viele frühere Produkte gibt es gar nicht mehr oder sie sind hoffnungslos veraltet. Deshalb ist es völlig normal, dass bestimmte Fragen immer wieder neu gestellt werden. Ich habe jedoch nicht das Gefühl, dass wir uns dadurch im Kreis drehen.
Wir müssen natürlich immer im Blick haben, was sich bei den Regulierungen ändert. Dabei sind wir in einer relativ komfortablen Position, was die sogenannte Störerhaftung betrifft (die Mitverantwortung von Plattformbetreibern für rechtswidrige Inhalte von Nutzern – Anm. d. Red.). Derzeit ist es so geregelt, dass wir informiert werden, wenn etwas ist. Das ist auch notwendig, denn wir können ja nicht jeden Beitrag sofort lesen oder sehen – gerade bei verbotenem Material, sei es verfassungswidrig oder pornografisch. Solche Inhalte fallen nicht immer gleich auf. Sobald wir aber einen Hinweis bekommen, müssen wir reagieren. So sieht es die Störerhaftung vor – und damit können wir auch gut leben.
Ja, schon. Online ist es insgesamt etwas distanzierter geworden. Viele Menschen sind heute vorsichtiger geworden und geben weniger von sich preis als früher. Das ist zwar verständlich, aber auch schade. Mit ein bisschen mehr Offenheit wäre das Ganze bunter und auch herzlicher. Seit Corona ist vor allem die Real-Life-Community ein Stück weit eingeschlafen. Früher haben sich die Leute aktiver getroffen – das möchte ich gerne wiederbeleben.
Eines unserer Alleinstellungsmerkmale ist sicherlich die persönliche Nähe und Bekanntschaft untereinander. So gibt es verschiedene Stammtische, etwa in Hamburg, Berlin oder am Niederrhein, die zum Teil das ganze Jahr laufen. Immer wieder finden auch Treffen in der Lübecker Bucht oder am Ijsselmeer statt. Früher gab es sogar regelmäßige Treffen in Kappeln – die würde ich gerne wiederbeleben.
Das war 2007, damals noch als ganz normaler Nutzer. Ich hatte gerade eine neue Stelle in Norwegen angetreten, sprach die Sprache aber noch nicht so gut. Gleichzeitig gab es im Job immer wieder Leerlauf, wenn ich etwa darauf warten musste, dass ein Computer Ergebnisse ausspuckt. In dieser Zeit habe ich viel im Internet gesurft – und so bin ich ins Forum hineingerutscht. 2010 bin ich dann Moderator geworden und habe kurz darauf bei einem großen Software-Update geholfen. Seitdem habe ich die Administrator-Rolle inne.
Es ist einfach schön, so eine Gemeinschaft zu erhalten und zu sehen, dass sie funktioniert. Das ist für mich ein großer Motivator. Außerdem ist Segeln ein dankbares Thema – wie auch andere Special-Interest-Bereiche, etwa Traktoren oder Jagen. Wenn man eine Gruppe Gleichgesinnter zusammenbringen kann, ist das immer etwas Besonderes.
Ich hoffe sehr, dass es das Forum auch dann noch gibt. Natürlich wird es sich weiterentwickeln. Schon im kommenden Winter steht ein neues Software-Update an, und auch in den letzten Jahren haben wir uns immer wieder ein Stück verändert. Aber klar: Ein bisschen trutschig wird es wohl immer bleiben – das gehört einfach zum Konzept.
Das Segeln-Forum existiert seit dem 30. September 2004. Laut Stefan Beeger hat sich die Plattform in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt:
Insgesamt hat sich das Segeln-Forum als einer der zentralen virtuellen Treffpunkte für die Segel-Community etabliert – mit einem klaren Fokus auf den Austausch von Wissen.
Themen wie Dieselpest, Osmose und das passende Material für stehendes und laufendes Gut sind Dauerbrenner. Dazu zählen auch Diskussionen über Festmacher oder Kartensätze.
Hier tauschen sich Nutzer über Wunschboote und mögliche Nachfolger aus. Dabei stehen Vor- und Nachteile sowie Bau- und Segelqualität ausgewählter Boote im Fokus.
Diskussionen zu Unfallberichten ziehen viele Beiträge an. In der Regel findet der Austausch in einem angemessenen und respektvollen Ton statt, so Stefan Beeger.
Eigner berichten regelmäßig von ihren Erfahrungen, sei es bei Refit-Projekten, neuen Booten oder Revieren. Die Diskussionen erreichen oft drei- bis vierstellige Beitragszahlen.
Wenn Probleme auftauchen, wird die Gemeinschaft um Rat gefragt. Tipps von Leidensgenossen oder fachkundigen Experten sind hier willkommen.
Der richtige Unterwasseranstrich sorgt immer wieder für Diskussionen. Besonders bei Änderungen von Vorschriften und Verordnungen entstehen schnell Unsicherheiten – und die werden geteilt.
In diesem Bereich werden nicht nur Ideen für selbst gedruckte Teile ausgetauscht, sondern auch die passenden Druckdaten geteilt.
Gerne werden Schnappschüsse gepostet – sei es vom Sonnenaufgang, einem Abend im Cockpit oder dem nächsten Bastelprojekt. Motive gibt es reichlich, Kommentare dazu auch.
Stefan Beeger ist studierter Maschinenbauingenieur, lebt und arbeitet in Hamburg. 2007 entdeckte er das Segeln-Forum als einfacher Nutzer. Drei Jahre später übernahm er eine der Moderatoren-Rollen und wurde schließlich zum Administrator. In dieser Funktion trägt er die inhaltliche Verantwortung. Gemeinsam mit einem Moderatoren-Team, das Diskussionen leitet und bei Fehlverhalten eingreift, sorgt er dafür, dass die Plattform reibungslos läuft. Für die technische Seite, Server und Software, ist das Unternehmen Boot24 zuständig.