SegelwissenNebel – wie die Wolken auf dem Wasser entstehen

Dichter Nebel vor Newport beim Volvo Ocean Race 2018
Foto: Ainhoa Sanchez/Volvo Ocean Race
Der Meteorologe spricht von Nebel, wenn die Sichtweite durch winzige, in der Luft schwebende Wassertröpfchen auf weniger als 1.000 Meter verringert ist. Oder einfacher ausgedrückt: Wenn die Wolken bereits an der Wasseroberfläche beginnen

Wenn der Nebel fällt, macht er kurzerhand Schluss mit der wichtigsten Sinneswahrnehmung des Menschen – dem Sehen. Plötzlich der Orientierung beraubt zu sein ist derart ungewohnt, dass Nebel immer ein unheimliches Gefühl auslöst.

Meist trifft er Segler unvorbereitet. Wie man sich dann verhalten sollte, lesen Sie in diesem Artikel:

Die Chance, dass Nebel auftritt, ist zu verschiedenen Jahreszeiten unterschiedlich groß. Bis zur Saisonmitte ist er auf Nord- und Ostsee wegen atlantischer Warmluftzufuhr wahrscheinlicher, aber nicht unmittelbar in Küstenregionen, wo das wärmere Wasser der Flüsse Nebelbildung hemmt. Von Juni bis August sind die deutschen Reviere weithin nebelfrei, ab September nimmt die Häufigkeit an Nord- und Ostseeküste rapide zu. Die nebelreichsten Gebiete unserer Breiten sind im Frühjahr die süd- und ostenglische Küste sowie die mittlere und nördliche Nordsee. Etwa im Mai kommen die küstennahen Reviere der Nordsee hinzu und die Ostsee östlich Bornholm.

Seenebel

Für die Sportschifffahrt sind zwei Arten dieser Sichtbehinderung von Belang: Küsten- und Seenebel. Ersterer tritt häufig morgens mit Einsetzen der Seebrise auf und ist von relativ kurzer Dauer. Meteorologen sprechen hier von Mischungsnebel. Typischer Seenebel, beispielsweise über der Neufundlandbank, kann sich dagegen auch bei Sturm bilden und bleibt oft über viele Stunden oder Tage bestehen.

Ursache ist immer eine Lufttemperatur unterhalb des Taupunktes, die Unterschiede liegen in den meteorologischen Umständen, die zu dieser Konstellation führen. Der Taupunkt hat mit Auftauen und Eis trotz des Wortlautes nichts zu tun (den Punkt, an dem Eis zu Wasser wird, bezeichnet man als Schmelzpunkt). Er beschreibt vielmehr eine Eigenschaft der Luft: Je wärmer diese ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen, ohne dass dies zu optischen Beeinträchtigungen führt.

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Kühlt die Luft wieder herunter, kondensiert ab einer bestimmten Temperatur die enthaltene Feuchtigkeit zu winzigen Wassertröpfchen: Nebel oder Wolken entstehen. Diese Temperatur nennt man den Taupunkt, er ist abhängig vom Feuchtigkeitsgehalt sowie vom Luftdruck.

Bei Seenebel gerät warme, feuchte Luft über kaltes Wasser, kühlt dort unter den Taupunkt ab, worauf der Wasserdampf kondensiert und an Ort und Stelle Nebel entsteht. Diese Sichtbehinderung tritt am häufigsten im Frühjahr auf, wenn ein Hochdruckgebiet auf seiner Nordflanke feuchtwarme Subtropenluft zu uns schaufelt. Je westlicher die Luftströmung verläuft, desto höher ist das Nebelrisiko. Auf ihrem Weg über den Atlantik nimmt die Luft mehr und mehr Feuchtigkeit auf, um sie beim Abkühlen über den noch kalten Küstengewässern in Nebel zu verwandeln.

Auch die Nebelbänke vor Neufundland sind ein Beispiel für den Abkühlungs- oder Kaltwassernebel. Hier trifft die über dem Golfstrom erwärmte und mit Feuchtigkeit vollgesogene Luft auf den wesentlich kälteren Labradorstrom. Die Temperatur fällt unter den Taupunkt und Nebel entsteht. Entscheidend sind also die Großwetterlage und die Wassertemperatur. Da sich beides nur sehr langsam ändert, zählt diese Art des Nebels zu den beständigsten Formen.

Küstennebel

Beim Küstennebel gibt es zwei mögliche Varianten. Zum einen kann es sich um Mischungsnebel handeln, er bildet sich aus, wenn feuchte und kühle Seeluft an der Küste mit warmer, ebenfalls feuchter Luft aus dem Landesinneren zusammentrifft, also zum Beispiel bei einsetzendem Seewind. Die beiden Luftmassen vermischen sich. Da beide Wasserdampf transportieren, kann die Mischluft übersättigt sein, und die Feuchtigkeit kondensiert. Der entstehende Nebel bildet meist nur ein küstennahes Band und löst sich mit zunehmender Sonneneinstrahlung schnell auf, das Nebelband kann aber auch auf See getrieben werden.

Das Gemeine daran: Je dichter Sie an die Küste kommen, desto schlechter wird die Sicht. Terrestrische Navigation wird dadurch oft unmöglich, denn von See aus ist statt der erwarteten Landmarken nur eine dichte Nebelbank zu erkennen. Fahrwasser, Ansteuerung und Häfen können unversehens im Dunst verschwinden.

Küstennebel kann seinen Ursprung aber auch an Land haben, man spricht dann von Strahlungsnebel. Dieses Phänomen tritt meist im Herbst auf. In klaren Nächten kühlt das tagsüber aufgeheizte Land und mit ihm die bodennahe Luftschicht so stark ab, dass der Taupunkt unterschritten wird und sich Nebel bildet, der dann aufs offene Wasser treibt. Dieses Szenario geht oft mit schwachwindigen Hochdrucklagen im Spätsommer einher. Seegebiete wie die dänischen Inseln oder Kieler und Flensburger Förde und die Schlei, in denen das Wasser von viel Land umgeben ist, sind für diese Art des Küstennebels besonders anfällig.


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