SchwarzmarktDen Bootsführerschein ganz einfach online bestellen – geht das?

Benyamin Tanis

 · 23.10.2024

Per Fingerklick zum Hochseeführerschein? Im Internet scheint alles möglich. Aber Vorsicht ist geboten
Foto: YACHT/Sören Reineke
Ermöglichen Gesetzeslücken den legalen Kauf von Bootsführerscheinen? Was ist von der Onlineregistrierung in ausländischen Registern zu halten? Antworten von Rechtsanwalt Benyamin Tanis

Das Internet macht vieles wunderbar einfach. Während die Registrierung der eigenen Yacht in einem deutschen Seeschiffsregister mit einigem bürokratischem Aufwand verbunden ist, kann man online aus einer Vielzahl von Flaggen wählen.

Die einschlägigen Websites bieten Bootsregistrierungen in Ländern wie Polen, San Marino, den Niederlanden, St. Kitts und Nevis, Irland, Panama oder Gibraltar an. Der Weg zur Yachtregistrierung führt lediglich über ein paar Klicks und einige Hundert – oder Tausend – Euros. Und soll es noch eine Offshore-Gesellschaft dazu sein, so ist das auch kein Problem.

Neuerdings kann man online nicht nur die Bootsregistrierung kaufen, sondern auch Sportbootführerscheine. Angebliche Gesetzeslücken auf EU-Ebene sollen die Erlangung eines deutschen Sportbootführerscheins ohne Prüfungen ermöglichen. Das hat zugegebenermaßen mein Interesse geweckt.

Gesetzeslücke: Bootsführerschein ohne Prüfung

In Deutschland gibt es mehrere Arten von Sportbootführerscheinen, die je nach Bootstyp und Fahrgebiet erforderlich sind. Der Sportbootführerschein See wird benötigt für das Führen von motorisierten Sportbooten auf Seeschifffahrtsstraßen ab einer Motorleistung von 15 PS. Er ist obligatorisch für die Küstengewässer der Nord- und Ostsee sowie für die Boddengewässer. Und diesen Führerschein soll ich online einfach kaufen können?

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Nach Angaben der Website fuehrerscheinfabrik.com wird dieses erstaunliche Angebot durch eine Gesetzeslücke möglich: „Da in Irland zwar keine Pflicht zum Binnen respektive See Sportbootführerschein besteht, dieser sehr wohl aber absolviert werden kann, entsteht eine Gesetzeslücke, die wir ausnutzen. So kommen Sie zu einem völlig legalen Bootsführerschein, ohne eine Prüfung absolvieren zu müssen. Der Führerschein wird anschließend von uns in einen deutschen Bootsführerschein umgeschrieben.“

Das Herkunftslandprinzip

In vielen anderen Ländern ist das Führen von Sportbooten – wie in Deutschland – ebenfalls an das Vorhandensein eines entsprechenden Führerscheins geknüpft. Die Regelungen können jedoch erheblich variieren. Das sogenannte Herkunftslandprinzip sorgt hier für Ordnung.

Demnach gelten grundsätzlich die Regelungen des Heimatlandes des Bootsführers auch im Ausland. Ein deutscher Skipper, der im Besitz eines gültigen deutschen Sportbootführerscheins ist, darf in der Regel im Ausland Boote führen, sofern sein Führerschein im Heimatland für das entsprechende Boot und Fahrgebiet ausreicht.

Das gilt für alle Länder, welche die ICC Resolution Nr. 40 unterzeichnet haben. Dazu zählen etwa Deutschland, England, Österreich, Schweiz, Polen, Norwegen, Niederlande, Irland, Italien, Frankreich, Kroatien, Amerika und andere. Es empfiehlt sich jedoch, die genauen Bestimmungen des jeweiligen Gastlandes zu überprüfen, da es Ausnahmen und zusätzliche Anforderungen geben kann.

Die UN-Resolution Nr. 40 befasst sich mit der Anerkennung ausländischer Sportbootführerscheine und zielt darauf ab, die Bedingungen für Sportbootfahrer, die grenzüberschreitend fahren, zu vereinfachen. Sie fordert die Mitgliedstaaten auf, Bootsführerscheine anderer Länder anzuerkennen, sofern sie den internationalen Standards entsprechen.

UN-Resolution Nr. 40: Wie lang ist ein Sportboot maximal?

Einen zentralen Punkt lässt die Resolution jedoch offen: Die Begrenzung der Bootsgröße, für die diese Anerkennung gilt. Laut der EU Sportbootrichtlinie ist ein Sportboot maximal 24 Meter lang. Die Deutsche Sportbootführerscheinverordnung beschränkt die Länge von Sportbooten auf Seeschifffahrtsstraßen hingegen nicht. Es bleibt also unklar, ob der Sportbootführerschein See im Ausland für Sportboote über 24 Meter ausreicht.

Laut Auskunft der Wasserschutzpolizei kann in Deutschland jedes zu Sport- und Freizeitzwecken gebaute Schiff, welches als Sportboot zugelassen ist, auch mit dem Sportbootführerschein See gefahren werden, unabhängig von der Länge. Der Deutsche Segler Verband (DSV), welcher neben dem Deutschen Motoryachtverband (DMYV) für das Führerscheinwesen zuständig ist, weist auf seiner Website jedoch ausdrücklich hin: „Eine Umschreibung ausländischer Sportbootführerscheine ist grundsätzlich nicht möglich. Wenn Sie über ein Internationales Zertifikat nach der Resolution Nr. 40 ECE verfügen, wird Ihnen in Deutschland bei einer Prüfung zum Sportbootführerschein die entsprechende praktische Prüfung erlassen.“

Ist der Kauf eines Bootsführerscheins wirklich legal?

Und was gilt nun? Die Antwort ist einfach. Der DSV hat natürlich recht und das Angebot der führerscheinfabrik.com erscheint bei näherem Hinsehen mehr als dubios. Die Website ist zugegebenermaßen gut gemacht. Ausführliche Informationen, ein Impressum, Datenschutzerklärung und viele Nutzerbewertungen geben dem Anbieter einen seriösen Anstrich.

Ernste Zweifel daran kommen bereits beim Bezahlsystem auf. So können Zahlungen lediglich anonym per Bitcoin, Crypto Voucher, Amazon-Gutscheinkarten oder Paysafecards geleistet werden. Schon deshalb ist Skepsis angebracht.

Die nährt auch der Blick ins Impressum. Keine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme, die Adresse des Firmensitzes in Wesel gibt es nicht, und laut Einwohnermeldeamt ist der Firmeninhaber dort auch nicht gemeldet.

Also Finger weg und lieber die Führerscheinprüfung ablegen.

Sportbootführerschein kaufen: Gültigkeit und Strafrecht

In Deutschland sind Sportbootführerscheine, die ohne eine entsprechende Prüfung erworben wurden, ungültig. Das deutsche Gesetz schreibt vielmehr vor, dass Sportbootführerscheine nur nach erfolgreichem Bestehen sowohl einer theoretischen als auch einer praktischen Prüfung erteilt werden dürfen.

Der Erwerb eines im Internet gekauften Führerscheins und dessen Nutzung kann daher schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, darunter Bußgelder und strafrechtliche Verfolgung.

Im Gegensatz zur Führerschein-Betrugsmasche aus dem Internet funktionieren die Online-Yachtregistrierungen ganz gut und sind vor allem in der Regel legal. Hinter den Angeboten stehen einige wenige Agenturen, welche sich auf die Abwicklung der Formalitäten in den jeweiligen Ländern spezialisiert haben.

Online-Yachtregistrierung: Deutsche Segler unter polnischer Flagge

So habe ich selbst bereits mehrfach über solche Portale eine polnische Registrierung für unsere Klienten erhalten, wobei es in Einzelfällen bis zu zwei Monaten dauert, bis die Dokumente eintreffen. In den letzten Jahren haben sich zunehmend Probleme – vor allem mit der polnischen Flagge – bemerkbar gemacht. Viele Schiffe wurden unter polnischer Flagge registriert, da dieser Prozess sehr einfach und kostengünstig ist.

Grundsätzlich kann jeder sein Schiff in Polen registrieren lassen, auch ohne einen Wohnsitz in Polen zu haben oder dort eine Firma zu gründen. Insbesondere die polnische Zulassung zur gewerblichen Nutzung von Yachten erfreut sich großer Beliebtheit, da wesentliche Sicherheitsüberprüfungen durch die Behörden entfallen.

Das führte dazu, dass Polen bis Juli 2023 auf der Grey-List der Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle gelistet war, wonach Schiffe unter polnischer Flagge häufiger durch sicherheitsrelevante Verstöße aufgefallen sind.

Aus griechischen Gewässern wurde gemeldet, dass die dortigen Behörden polnisch geflaggte Schiffe verstärkt in den Fokus der Kontrollen nehmen. Wir empfehlen nach alledem auch weiterhin die deutsche Flagge und eine fundierte Ausbildung der Schiffsführer mit Erlangung eines Sportbootführerscheins.


Der Autor: Benyamin Tanis

Benyamin Tanis:  Der Kieler Segler und Rechtsanwalt berät und vertritt mit seinem Team Mandanten in allen rechtlichen Fragen des YachtsportsFoto: SoulPictureBenyamin Tanis: Der Kieler Segler und Rechtsanwalt berät und vertritt mit seinem Team Mandanten in allen rechtlichen Fragen des Yachtsports

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