GebrauchtbootkaufDiese Besonderheiten gelten in Südeuropa

YACHT-Redaktion

 · 03.01.2024

Gebrauchtbootkauf: Diese Besonderheiten gelten in SüdeuropaFoto: Slapnicar
In den Marinas am Mittelmeer werden zahlreiche Gebrauchtboote zum Kauf angeboten
Am Mittelmeer folgt der Yachthandel anderen Regeln als in Nordeuropa. Rechtsanwalt Benyamin Tanis erklärt, worauf es dabei ankommt und wie Fehler vermieden werden

Warmes Wasser, malerische Landschaften und garantiert bestes Wetter. Viele deutsche Segler ziehen die Reviere im Süden Europas den heimischen vor. Und manch einer denkt im Charterurlaub über den Kauf einer gebrauchten Yacht am Mittelmeer nach. Wenn es nicht beim Träumen bleiben soll, sind einige Besonderheiten zu beachten, denn der Gebrauchtboothandel dort folgt meist den Standards der Mediterranean Yacht Brokers Association (MYBA). Und die unterscheiden sich von den Gepflogenheiten in Nordeuropa.

Die MYBA wurde 1984 als Netzwerk von Superyacht-Maklern gegründet, um die Mitglieder beim Handel zu unterstützen. Dazu wurde ein standardisiertes Regelwerk für den Kauf gebrauchter Superyachten geschaffen. Gewollt oder ungewollt hat sich dieses im Laufe der letzten Jahrzehnte auch beim Handel mit Sportbooten durchgesetzt, indem es schlicht kopiert wurde oder Pate stand für eigene Vertragswerke von Händlern und Maklern.

Die Grundprinzipien des Originals kommen heute, gleich ob als „MYBA-Standard“ oder anders bezeichnet, bei den meisten Gebrauchtboot-Kaufgeschäften am Mittelmeer zur Anwendung und es lohnt sich daher, diese Regeln näher anzuschauen, bevor dort auf die Suche gegangen wird.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Denn vieles, was in der Superyacht-Branche als ausgewogene Regelung anzusehen ist, wirkt beim Kauf kleinerer Yachten eher grotesk und abschreckend.

Die MYBA-Vertragsbedingungen

Hat der angehende Käufer nun ein interessantes Gebrauchtboot im Internet gefunden und Kontakt zum Makler aufgenommen, so wird ihm dieser ein mehr oder weniger ausführliches Exposé zum Schiff übersenden. Doch schon bevor die erste Besichtigung des Bootes stattfindet, soll tatsächlich ein Vertrag geschlossen werden. Und dabei handelt es sich nicht – wie vielfach angenommen wird – um eine Art Vorvertrag, sondern um den finalen Kaufvertrag nach MYBA-Standard.

Kaufpreis und Zahlungsbedingungen

Der Vertrag sieht in der Regel eine Anzahlung in Höhe von zehn Prozent des verhandelten Kaufpreises auf ein Treuhandkonto vor. Diese Anzahlung soll die Kosten der Vorführung des Schiffes und etwaige Schäden im Rahmen einer Probefahrt besichern. Sie kann unseriösen Maklern aber auch als Druckmittel gegen den Käufer dienen. Um das auszuschließen, empfiehlt es sich, die Anzahlung auf das Konto eines unbeteiligten Treuhänders zu leisten. Leider weigern sich Makler häufig, einen solchen einzuschalten. Dann bleibt dem Käufer nichts anderes übrig, als die Bedingung des Maklers zu akzeptieren und die Anzahlung an ihn zu leisten.

Dass die Rückforderung einer solchen Anzahlung im EU-Ausland mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein kann, liegt auf der Hand, daher sollte dieser Schritt wohl überlegt sein. Die Wahl eines renommierten Maklers kann hier für Sicherheit sorgen.

Probefahrt und Begutachtung des Schiffes

Es folgt das „Sea Trial“, eine Besichtigung der Yacht mit Probefahrt. Hier kommt es weniger auf technische Details als mehr auf den optischen Eindruck und die Performance des Schiffes an. Anschließend hat der Käufer laut dem geschlossenen Vertrag typischerweise das Recht, ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurückzutreten. Die geleistete Anzahlung muss ihm dann üblicherweise binnen 48 Stunden erstattet werden.

Ist die Probefahrt zur Zufriedenheit des Käufers verlaufen, so folgt eine intensive technische Begutachtung des Schiffes durch einen Sachverständigen. Diese „Condition Survey“ muss dabei durch einen professionellen Sportbootgutachter erfolgen und beinhaltet auch eine Inspektion des Rumpfes auf dem Trockenen.

Nach der Condition Survey kann ein Rücktritt vom Vertrag durch den Käufer nur noch erklärt werden, wenn der Sachverständige erhebliche technische Defekte feststellt, welche die Sicherheit oder die Seetauglichkeit des Bootes ernstlich gefährden. Dem Verkäufer steht es dann zunächst frei, die gefundenen Mängel binnen kurzer Frist abzustellen oder aber den Kaufpreis entsprechend zu senken. In jedem Fall muss Einigkeit zum weiteren Vorgehen zwischen den Parteien hergestellt werden, anderenfalls wird der Vertrag aufgelöst und die Anzahlung erstattet. Erklärt der Käufer nicht binnen sieben Tagen nach der Condition Survey den Rücktritt vom Vertrag, gilt das Schiff als vertragsgemäß akzeptiert.

Schiffsunterlagen

Erst jetzt stellt der Makler die vorhandenen Dokumente zum Boot zur Verfügung. In der Regel handelt es sich um dessen Registrierung, einen Nachweis zum Steuerstatus und die CE-Konformitätsunterlagen. Die Registrierung gibt Auskunft über den tatsächlichen Eigentümer der Yacht sowie über etwaig eingetragene Belastungen wie Schiffspfandrechte oder Hypotheken.

Nicht selten läuft über das Schiff während der Verkaufsphase noch ein Leasingvertrag. In diesem Fall ist, rechtlich betrachtet, nicht der Verkäufer Eigentümer, sondern die Leasing-Bank.

Dieser Umstand wird von Maklern selten als Problem betrachtet, obgleich die Anzahlung zur Ablösung des Leasings benutzt wird, während der Käufer nur einen Vertrag über den Verkauf der Yacht mit einer Person geschlossen hat, die gar nicht der aktuelle Eigentümer ist. In solchen Situationen sollte rechtlicher Rat eingeholt werden. Sie sind in der Regel aber gut zu handhaben, wenn der Vertrag entsprechend angepasst wird und die Leasing-Bank dem Verkauf schriftlich zustimmt.

Eigentumsübertragung und Änderung der Registrierung

Der letzte Schritt ist die Übergabe und Übereignung des Schiffes im Austausch gegen die Zahlung des verbleibenden Kaufpreises, das sogenannte Balance Payment. Auch diese Zahlung sollte auf ein Treuhandkonto und nicht direkt an den Verkäufer fließen.

Vernünftigerweise hat der Treuhänder den vollständigen Kaufpreis erst dann an den Verkäufer auszuzahlen, wenn dieser die Löschung des bisherigen Schiffsregistereintrags vorgenommen hat. Denn ähnlich wie bei Immobilien ist derjenige als Eigentümer zu betrachten, der im Register steht. Gemeint ist dabei nicht eine Registrierung zur Erteilung des Internationalen Bootsscheins durch DSV, DMYV oder ADAC, sondern eine amtliche Registrierung bei den staatlichen Behörden.

Um den Eigentumsübergang gegenüber einem amtlichen Register nachzuweisen, ist eine Bill of Sale auszustellen. In diesem Dokument quittiert der Verkäufer den Erhalt des Kaufpreises und die Übereignung des Schiffes.

Die Bill of Sale wird nur vom Verkäufer unterzeichnet. Traditionell weist sie 64 Anteile des Schiffes aus, und alle 64 „Shares“ müssen übertragen werden – denn in früheren Zeiten waren die Laderäume von Handelsseglern in 64 Kompartimente zwischen den Spanten unterteilt und wurden einzeln veräußert.

Regelmäßig empfiehlt sich die Eintragung der Yachten in ein deutsches Seeschiffsregister. Hierzu ist neben dem Kaufvertrag und der Bill of Sale auch ein Messbrief vom BSH vorzulegen. Oftmals verfügt der Verkäufer bereits über ein solches Dokument, was die Beantragung eines deutschen Messbriefes vereinfacht.

Gerichtsstand und Rechtswahl

Der MYBA-Standard sieht britisches Recht und eine Zuständigkeit des Londoner Schiedsgerichts für Maritime Angelegenheiten vor. Nur selten kommen Makler auf die Idee, das zu ändern.

Bei Inanspruchnahme der britischen Schiedsleute ist eine schnelle und interessengerechte Lösung zu erwarten, das Verfahren ist jedoch nicht gerade günstig.

Hierzulande gibt es eine solche Schiedsstelle für Yachtkäufe nicht, wenngleich sie durchaus sinnvoll wäre. Bei den Vertragsverhandlungen bleibt letztlich nur, auf eine Zuständigkeit ordentlicher Gerichte im Staat des Verkäufers zu bestehen, da schlicht keine Argumente für die Zuständigkeit deutscher Gerichte zu finden sind. In Anbetracht der geringen Erfolgsaussichten bei einer gerichtlichen Inanspruchnahme im Ausland sind die genaue Prüfung des Schiffes durch einen Sachverständigen vor dem Kauf und die Überwachung der Zahlungsabwicklung umso wichtiger.

Insgesamt bietet der Kauf einer Yacht im Mittelmeerraum die Möglichkeit, traumhafte Segelabenteuer zu erleben. Doch die Kenntnis und das Verständnis der MYBA-Vertragsbedingungen sind unerlässlich, um die Herausforderungen und Unterschiede zu deutschen Standards erfolgreich zu bewältigen.

Benyamin Tanis

Rechtsanwalt Benjamin TanisFoto: Kristina König/SoulpictureRechtsanwalt Benjamin Tanis

Der Segler und Rechtsanwalt aus Kiel berät und vertritt seine Mandanten seit vielen Jahren mit einem Team aus mehreren Anwälten, Boots- und Schiffbauern und einem europaweiten Netzwerk von Partnerkanzleien in allen rechtlichen Fragen rund um die Themen des Yachtsports vom Kauf einer Yacht über Steuer- und Zollangelegenheiten bis hin zur Abwicklung von Schadenfällen.


Mehr zum Thema Gebrauchtbootkauf finden Sie in unserem


Meistgelesen in der Rubrik Wissen