Fabian Boerger
· 09.04.2025
Hand aufs Herz: Beherrschen Sie eine abgestumpfte Doppelpeilung, können Sie eine Ablenkungstafel erstellen oder ein Stromdreieck zeichnen? Oder sind Ihnen die Begriffe allesamt fremd? Falls dem so ist, keine Sorge. Das Know-how, das man als Skipper einer seegehenden Yacht draufhaben sollte, lässt sich erlernen. Dabei muss sich niemand gleich alles auf einmal aneignen. Die verschiedenen Bootsführerscheine, die in Deutschland angeboten werden, bauen vielmehr aufeinander auf. Anfänger können sich schrittweise voran tasten.
Die oben erwähnten Fachtermini sind beispielsweise Bestandteil des Sportküstenschifferscheins (SKS). Das ist ein Verbandsschein, heißt, er ist nicht verpflichtend, um ein Segelboot zu führen. Anders der Sportbootführerschein (SBF), ob in der Variante „Binnen“ oder „See“. Er muss vorhanden sein, sobald ein Boot mit einem etwas stärkeren Motor ausgestattet ist.
So lange man also nur mit einer Jolle unterwegs ist, an deren Heck allenfalls ein kleiner Außenborder hängt, benötigt man theoretisch überhaupt keine Lizenz. In der Praxis gilt das aber nicht für alle Gewässer, und spätestens, wer ein Boot irgendwo ausleihen möchte, wird in der Regel vom Vermieter aufgefordert, einen Segelschein vorzulegen. Ganz davon abgesehen ist es wenig sinnvoll, ja, unter Umständen sogar gefährlich, ohne jegliche Kenntnisse Segel setzen zu wollen. In der ersten Folge dieser Einsteiger-Serie hatten wir daher zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt, Segelerfahrung zu sammeln, ohne gleich die Verantwortung für ein Schiff und eine Crew tragen zu müssen.
Meist kommt dann aber doch irgendwann der Wunsch auf, selbst in die Skipperrolle zu schlüpfen. Aber muss man dafür wirklich noch die Grundlagen der klassischen Navigation pauken? Längst haben schließlich Kartenplotter oder Tablet-Apps die Arbeit mit Zirkel, Dreieck und Bleistift in der Papierseekarte verdrängt. Und tatsächlich macht die Elektronik das Navigieren zum Kinderspiel. Ein paar Klicks genügen, und schon ist der richtige Kurs abgesteckt. Dennoch bleiben die Inhalte, die in der Segelausbildung vermittelt werden, relevant – und das hat mehrere Gründe. Einerseits macht der Gesetzgeber klare Vorgaben. Demnach ist es etwa verboten, sich ausschließlich auf elektronische Medien zu verlassen. Vor allem aber ist es wichtig, Grundlagen, Zusammenhänge und Hintergründe zu kennen, ob in puncto Navigation, Wetterkunde, Bordpraxis, Segeltrimm oder auch Umweltbestimmungen.
Das bedeutet nicht, dass jeder Segler die gesamte Bandbreite an Bootsführerscheinen benötigt. Beschränkt sich der Aktionsradius auf die Küste, genügen in der Regel SBF und SKS. Wen es zu entfernteren Zielen zieht, sollte hingegen zuerst seinen Wissenshorizont erweitern.
Der Sportbootführerschein (SBF) ist der Standard, die amtliche Fahrerlaubnis unter den Segelscheinen. Generell ist der SBF vorgeschrieben für Sportboote, die mit mehr als 15 PS motorisiert sind. Der SBF See gilt auf den Seeschifffahrtsstraßen und in Küstengebieten bis drei Seemeilen. Nur hier besteht in Deutschland eine Führerscheinpflicht. Zudem ist er Voraussetzung, um andere amtliche Führerscheine machen zu können. Den SBF Binnen kann man wiederum unter Motor, unter Segeln oder in Kombination ablegen. Zudem gibt es Sonderfälle: In Berlin und Brandenburg ist er teilweise auch für rein segelnde Boote verpflichtend.
Es gibt eine schriftliche und eine praktische Prüfung. Sie sind modular strukturiert. Bestimmte Prüfungsteile des SBF Binnen können auch für den SBF See anerkannt werden und umgekehrt. Mehr Infos: sportbootführerscheine.org
Mit dem SKS-Schein zeigen Skipper, dass sie Segelyachten in Küstengewässern innerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone führen können. Für Freizeitsegler ist dieser Schein nicht vorgeschrieben. Allerdings ist er verpflichtend für jene, die gewerblich Sportboote in deutschen Küstengewässern führen möchten. Zudem verlangen viele Charterunternehmen, dass ein gültiger SKS vorgelegt wird, bevor eine Yacht gemietet werden kann.
Auch hier gibt es eine schriftliche – Fragebogen und Navigationsaufgabe – und eine praktische Prüfung – unter Segeln und unter Motor.
Hierbei handelt es sich um den großen Bruder des SKS. Auch er ist freiwillig und befasst sich mit dem Segeln in küstennahen Gewässern bis zu 30 Seemeilen. Vorgeschrieben ist dieser Schein nur, wenn Sportboote geführt werden sollen, die gewerbsmäßig zu Ausbildungszwecken genutzt werden.
Die schriftliche Prüfung umfasst die Themen Navigation, Seemannschaft, Schifffahrtsrecht und Wetterkunde. Im Rahmen der praktischen Prüfung werden verschiedene Manöver auf einer Yacht gesegelt.
Diesen Schein findet man im obersten Fach der möglichen amtlichen Segelscheine. Er ist verpflichtend für jene, die Yachten oder Traditionsschiffe (über 15 Meter) gewerblich nutzen, sei es zur Ausbildung oder für Törns auf hoher See für weltweite Fahrt. Gemeint sind damit alle Reviere, die nicht vom SSS abgedeckt werden.
Die schriftliche Prüfung umfasst dieselben Themenfelder wie der SSS zuzüglich astronomischer Navigation. Es gibt eine mündliche Prüfung, und der Umgang mit einem Sextanten muss sitzen.
Sie werden selten im gleichen Atemzug wie die amtlichen Sportbootführerscheine genannt, dabei sind sie nicht weniger sinnvoll: Funkscheine ermöglichen eine effektive Kommunikation auf See und sind notwendig, um am globalen Seenot- und Sicherheitsfunksystem (GMDSS) teilzunehmen. Zudem sind sie erforderlich, wenn an Bord ein entsprechendes Funkgerät installiert ist. In der Sportschifffahrt gibt es drei unterschiedliche Lizenzen für unterschiedliche Anwendungsbereiche: Das Short Range Certificate (SRC) wird benötigt, um am mobilen Seefunkdienst in küstennahen Gewässern (bis zu 35 Seemeilen) teilzunehmen. Es ist international und unbeschränkt gültig. Das UKW-Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk (UBI) kommt im Schiffsfunk auf Binnengewässern zum Einsatz, und mit dem Long Range Certificate (LRC) darf mit Funkgeräten in den Frequenzbereichen von UKW, GW und KW gearbeitet werden.
Neben dem klassischen Erste-Hilfe-Kurs gibt es Seminare für Segler, die auf die medizinische Versorgung von Verletzten auf See spezialisiert sind. Während an Land professionelle Hilfe bereits nach Minuten vor Ort ist, kann man auf See mitunter Stunden oder gar Tage auf sich allein gestellt sein. Die Kursinhalte reichen von der Ausstattung der Bordapotheke über die Wundversorgung bis hin zur Behandlung von ernsthaft erkrankten oder verletzten Mitseglern. Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Kommunikation mit Helfern im Ernstfall. In ganz Deutschland gibt es Anbieter solcher Kurse.
Im Notfall sind Seenotsignalmittel das letzte Mittel, um auf sich aufmerksam zu machen. Neben den lizenzfreien Signalmitteln wie Handfackeln und Signalgebern gibt es leistungsstärkere Signalraketen oder Fallschirmsignalraketen. Wer sie kaufen und benutzen möchte, benötigt einen Fachkundenachweis, den Pyro-Schein. Dieser besteht aus einem kurzen theoretischen und einem praktischen Teil. Der Vorteil: Im Ernstfall hat man dank der Vorbereitungskurse den richtigen Einsatz bereits im Voraus geübt.
Für den Segelnachwuchs gibt es spezielle Segelscheine. Der Deutsche Segler-Verband (DSV) bietet den Jüngstensegelschein an, der sich an Kinder zwischen 8 und 14 Jahren richtet. In der Ausbildung lernen die Jungen und Mädchen grundlegende Segelkenntnisse, Sicherheitsvorschriften und Verkehrsregeln. Bei der Prüfung müssen sie Knoten binden sowie die Regeln beim Segeln und bei der Bootspflege erklären. Die Fortsetzung ist der Sportsegelschein des DSV. Dieser bescheinigt erweiterte Segel- und Regattakenntnisse und ist erforderlich, um an DSV- oder World Sailing-Regatten teilzunehmen. Wichtig ist, dass er kein offizieller Führerschein ist. Das Mindestalter beträgt 14 Jahre. Neben dem DSV gibt es weitere Wassersportverbände und -schulen, die solche Einsteigerscheine anbieten.
Zum Jahresbeginn informierte das Bundesverkehrsministerium die Öffentlichkeit über konkrete Pläne für ein neues deutsches Sportbootführerscheinwesen. Im Kern geht es um die Rückkehr zu amtlich anerkannten Verbandsscheinen anstelle der sogenannten amtlichen Führerscheine (Sportbootführerschein Binnen und See, Sportküstenschifferschein und Sportseeschifferschein) von denen zunächst jedoch nur die Sportbootführerscheine Binnen und See betroffen wären. Schon seit mehreren Jahren ist man in dem für die Sportschifffahrt zuständigen Referat damit beschäftigt, sechs verschiedene Verordnungen zum Thema Sportschifffahrt zu einer zusammenzuführen.
Diese Sportschifffahrtsverordnung könnte noch in diesem Jahr in Kraft treten. In ihr würde auch das Führerscheinwesen neu geregelt. Das ist bisher davon geprägt, dass der Deutsche Segler-Verband und der Deutsche Motoryachtverband mit dem hoheitlichen Recht beliehen sind, die Prüfungen zu den amtlichen Scheinen abzunehmen. Das geschieht durch 16 Prüfungsausschüsse im gesamten Bundesgebiet, die neben den Sportbootführerscheinen Binnen und See auch Sportküsten- und Sportseeschifferschein, Funkscheine und Fachkundenachweise für Seenotsignalmittel nach dem Sprengstoffrecht abnehmen.
Schon seit vielen Jahren bemühten sich auch andere Wassersportverbände um eine solche Beleihung. Nach der Neuregelung könnten sie sich stattdessen um eine amtliche Anerkennung ihrer bereits existierenden Scheine bewerben, was wesentlich unbürokratischer ablaufen würde. Der Verband der Sportbootschulen und der Verband Deutscher Wassersportschulen etwa bieten bereits solche Verbandsscheine an, der DSV hatte sie mit R-, BR-, BK- und C-Schein einst im Programm.
Voraussetzung für eine amtliche Anerkennung der Scheine soll nach den Plänen des Ministeriums sein, dass festgelegte Ausbildungsinhalte abgeprüft werden, wie sie heute schon für die amtlichen Scheine bestehen. Entfallen soll die mit der hoheitlichen Beleihung verbundene Bürokratie. Außerdem soll der entstehende Wettbewerb den Wassersportlern zugutekommen. Schließlich würden nach Vorstellung des Ministeriums auch Teile der Gebühren wegfallen. Die Ausstellung des internationalen ICC (International Certification for Operators of Pleasure Craft) soll auch auf Grundlage der amtlich anerkannten Verbandsscheine möglich sein.
Eine Auswahl an etablierten Ratgebern und Lehrbüchern für Theorie und Praxis, die in keiner Bordbibliothek fehlen sollten.
Dieses Buch bietet alles Notwendige zum Bestehen der Prüfungen. Leicht verständlich und kompetent werden Leser sowohl auf die Prüfungen als auch auf die Praxis vorbereitet. Enthält amtliche Fragenkataloge.
Nachschlagewerk für Skipper: Darstellung wichtiger Themen wie Segeltechnik, korrekte Anlegemanöver, sicheres Ankern, Navigation, Wetter, Funk und Notfallhilfe.
Optimale Hilfestellung für Eigner und Charterer bei Hafen-, Anker- und Schleppmanövern. Darüber hinaus sind diverse Person-über-Bord-Manöver beschrieben.
Der persönliche Nachweis zur Aufzeichnung der gesegelten Seemeilen für den SKS, SSS und SHS. Zudem kann die Teilnahme an Fortbildungen und Lehrgängen des DSV bestätigt werden.
Enthält wichtige Infos für die erste Segelreise. Das Handbuch beantwortet typische Fragen und enthält viele Tipps: von der Bootsauswahl über Wetter- und Windprognosen bis hin zu Segelzubehör für längere Törns.
Praxis und Prüfung: Der Ratgeber hilft bei der Prüfungsvorbereitung und beim Auffrischen des Wissens. Für die Funkzeugnisse SRC, LRC und UBI.
Das Wetter ist für Segler entscheidend. Drei praxiserfahrene Autoren erklären in diesem Leitfaden, wie Wetterlagen entstehen und wo man zuverlässige Infos dazu erhält.
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Zum Erwerb der Sportbootführerscheine hat der Delius Klasing Verlag in Kooperation mit dem Verband Deutscher Segelschulen (VDS) eine Lernsoftware entwickelt, die inzwischen von mehr als 250 Aus- bildungsstätten in Deutschland eingesetzt wird. In dem virtuellen Kurs erklärt ein Ausbilder alle Themen inklusive der Navigation. Seekartenausschnitte und die amtlichen Fragenkataloge vervollständigen das Programm. Der Zugang zum E-Learning-Portal erfolgt über die Anmeldung bei einer Sportbootschule. Gelernt wird dann entweder zusätzlich zum Präsenzunterricht oder ausschließlich mit dem Programm daheim. Einige Segelschulen stehen für eine telefonische Beratung bereit – niemand soll an der Theorie verzweifeln. Unterwegs können die Prüfungsfragen jederzeit mit einer App trainiert werden. Mehr Informationen: bootsfuehrerschein-portal.de