ReiseDie Azoren - gut für einen unvergesslichen Sommertörn

Leon Schulz

 · 20.01.2025

Die Distanzen zwischen den Inseln sind zwar groß, das Wetter spielt im Sommer aber mit.
Foto: Leon Schulz
Die neun Inseln der Azoren werden fast nur von Crews angesteuert, die aus der Karibik kommend gen Europa segeln. Dabei ist der Archipel allemal gut für einen tollen Sommertörn. Wir zeigen, wo es am schönsten ist.

Neun Vulkanspitzen ragen mitten im Nordatlantik aus der Tiefe des Ozeans. Sie bilden den Azoren-Archipel. Die meisten Segler, die hier einen Stopp einlegen, bleiben nur kurz. Nachdem sie den Winter in der Karibik verbracht haben, zieht es sie nach wenigen Tagen Aufenthalt weiter an Europas Festlandküste. Verständlich. Andererseits lassen sie sich eines der schönsten Reviere entgehen, die sie während ihrer Langfahrt ansteuern.

Zwar stehen die Azoren ähnlich wie Madeira mittlerweile auch bei Wanderurlaubern hoch im Kurs. Von einem nennenswerten Tourismus kann auf dem Archipel dennoch keine Rede sein. Es gibt keine großen Hotels, Sandstrände sind rar, und das Wetter hier draußen ist nicht so beständig wie vielerorts im Mittelmeerraum.

Attraktionen auf den Azoren

Die Azoren punkten mit anderen Attraktionen. Beispielsweise mit Walen, die regelmäßig an den Inselküsten entlangziehen. Daneben sind sie wegen ihrer grünen Wiesen und ihrer unnachahmlichen Blumen- und Blütenpracht beliebt.

Warum also nicht einmal dieses noch sehr ursprüngliche Revier ansteuern, ohne gleich die ganz große Nordatlantikrunde zu drehen? Das ist im Rahmen etwa eines Sabbaticals deutlich weniger stressig. Die Azoren lassen sich nämlich nicht nur von der Karibik aus gut erreichen, sondern auch von Madeira. Man bleibt zudem in der EU und bekommt es daher weder mit hohen Zusatzkosten für die Kranken- noch für die Bootsversicherung zu tun. Madeira wie auch die Azoren sind schließlich autonome Regionen Portugals.

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Anreise zu den Azoren

Also Leinen los! Von Nordeuropa über den englischen Kanal und die Biskaya geht es zunächst nach Galicien in Nordspanien. Dort beginnt ein Dreieckskurs: im Frühsommer erst über Portugal nach Madeira und dann, wenn die heimkehrenden Karibiksegler längst wieder fort sind, wird zu den Azoren übergesetzt. Dort ist die Saison lang. Erst Anfang September wird es Zeit, nach Galicien zurückzukehren.

Die Etappen von der Iberischen Halbinsel hinüber nach Madeira sowie von dort weiter zu den Azoren sind jeweils etwa 500 Seemeilen lang. Der Rückweg ans europäische Festland ist mit 800 Seemeilen zwar weiter. Doch bis dahin sind der Crew Seebeine gewachsen. Alles in allem müssen für dieses Dreieck nicht mehr als zehn bis zwölf Wochen Zeit eingeplant werden. Das ist deutlich weniger als für einen Törn in die Karibik und retour vonnöten wäre. Alternativ kann man das Boot den Winter über auf den Azoren zurücklassen. In Angra und Praia auf Terceira gibt es Stellplätze an Land. Im Wasser sollten Yachten aufgrund der regelmäßigen Winterstürme dort lieber nicht bleiben. Auf Madeira besteht sogar die Möglichkeit, das Schiff geschützt unter der Landebahn des Flughafens von Funchal überwintern zu lassen!

Chartern auf den Azoren

Wer kein eigenes Boot hat, kann auf den Azoren chartern. Allzu viele Mietyachten gibt es zwar nicht. In Horta und Ponta Delgada wird man mit Glück aber fündig. Chartertörns mit Skipper starten zudem regelmäßig ab Praia auf Terceira. Für unerfahrene Segler ist das sicherlich die bessere Alternative. Das Segeln im ewigen Hochdruck ist nicht ganz anspruchslos.

Segelbedingungen auf den Azoren

Zum einen wäre da der atlantische Schwell, der einem im Wortsinn auf den Magen schlagen kann. Und das berühmte Azorenhoch ist auch nicht immer so stationär wie vielleicht erwartet. Der Wind kann rund um die Inseln aus allen Himmelsrichtungen pusten, je nachdem, wohin das Hoch gerade wandert. Immerhin weht es im Sommer meist nur moderat. Nur, wenn weit im Norden mal ein Tief vorüberzieht, können sich dessen Ausläufer auch auf den Azoren bemerkbar machen. Dann setzt mitunter Regen ein sowie eine steife Brise aus Südwest bis Nord. Zwar sind die Fronten im Sommer meist schwach. Die von den nördlichen Stürmen aufgewühlte See kann sich aber als lang gezogener Schwell durchaus bemerkbar machen. Aufgrund der Lage mitten im Atlantik lässt sich das Wetter immerhin bis zu einer Woche im Voraus recht präzise vorhersagen.

Versorgung

Ruckdämpfer sollten an Bord sein. Sie sind in den Häfen sehr zu empfehlen, bei den Schiffsausrüstern vor Ort jedoch meist ausverkauft. Wie auch andere Güter auf den Azoren bisweilen nicht zu haben sind. Das betrifft unter anderem das Lebensmittelangebot in den Supermärkten. Die Versorgung der Inseln ist zwar gut, aber nicht immer perfekt. Die Einheimischen nehmen es gelassen und warten geduldig, bis der nächste Frachter eintrifft.

Temperaturen

Im Hochsommer ist es mit Temperaturen um die 23 bis 26 Grad Celsius nicht zu warm und nicht zu kalt. Das Wasser ist fast genauso warm. Nachts kühlt es auf 20 Grad ab. Wolken stauen sich nachmittags gerne an den Hängen der Vulkanberge, und auf der Luvseite kann es dann auch mal im Sommer nieseln – was den Inseln ein wunderschönes Grün verleiht.

Liegeplätze

Häfen und Ankerplätze sind zwar rar. Ein Platz findet sich jedoch fast immer. Aber: Wenn ein Hafen voll ist, kommt tatsächlich keiner mehr rein, und Reservierungen sind auch nicht möglich. Eine Ausnahme bildet Horta. Ein Plan B sollte daher stets vorbereitet sein. Selbstredend ist auch gutes Ankergeschirr Voraussetzung für einen Azorentörn. Die Hafengebühren betragen um die 25 Euro. Auch das Ankern vor einigen Häfen ist seit Kurzem kostenpflichtig.

Seekarten

Als Papierkarte ist die NV ATL3 oder die Imray E1 empfehlenswert, als Revierführer der Imray „Atlantic Islands“. Nützliche Anker-Apps sind Navily und NoForeignLand.

9 Inseln bilden die Azoren

Die Inseln der AzorenFoto: YACHTDie Inseln der Azoren

Es gibt nur wenige Segler, die alle neun Inseln besucht haben. Vor allem nicht binnen einer Saison. Der Grund: Die Azoren sind aufgeteilt in drei Gruppen, die in Ost-West-Richtung 325 Meilen auseinanderliegen: im Westen die beiden Eilande Flores und Corvo, mittig Faial, Pico, São Jorge, Graciosa und Terceira, im Südosten die Hauptinsel São Miguel sowie noch weiter im Süden Santa Maria. Zwischen den Zentralinseln kann in Tagesetappen von 30 bis 60 Seemeilen gesegelt werden. Von dort zur westlichen Gruppe oder aber nach São Miguel sind 90 beziehungsweise 140 Meilen zu absolvieren.

Flores

Jede Insel ist einzigartig. Die wunderschöne, blumenreiche Insel Flores ist leider im Oktober 2019 vom Hurrikan Lorenzo und im Dezember 2022 vom Sturm Efrain schwer getroffen worden. Der Wiederaufbau des Hafens wird wohl erst 2028 abgeschlossen sein. Hinter dem Wellenbrecher können einstweilen zumindest ein Dutzend Segler im Päckchen an der Kaimauer festmachen.

Faial

Faial mit der Hauptstadt Horta ist als westlichste der Zentralinseln der erste Halt der Karibikrückkehrer. Von Mitte Mai bis Mitte Juni ist der Hafen überfüllt. Dann darf im Hafenbecken geankert werden. Aber Achtung, besonders am südlichen Ende des Beckens liegen alte Ketten auf dem Meeresgrund, die aus der Zeit der Flugboote stammen. Diese nutzten die Wasserlandebahn zwischen Horta und Pico, wenn sie auf dem Weg zwischen Amerika und Europa hier zwischengelandet sind.

Direkt nördlich vom Hafen wie auch im sehr geschützten südlich gelegenen Porto Pim herrscht striktes Ankerverbot. Dort liegen alte Unterwasserkabel am Grund. Horta war einst auch Verstärkerstation für die Kommunikationskabel zwischen Europa und Amerika.

Die Marina von Horta steht schon lange vor einer grundlegenden Renovierung. Die neuen Schwimmstege liegen seit Jahren an Land bereit. Auch der Wellenbrecher im Norden soll erweitert werden, damit mehr Ankerplätze entstehen. Bis es so weit ist, müssen die freundlichen Hafenmeister weiterhin die über 1.200 Yachten, die jedes Jahr Horta anlaufen, irgendwie in der kleinen Marina mit ihren kaum mehr als 300 festen Plätzen unterbringen.

Abends treffen sich Blauwassersegler aus aller Welt im legendären „Peter Café Sport“, das schon zu Zeiten der Seekabelstation 1918 eröffnet wurde. Leider steht die Kneipe längst auch auf dem Programm vieler Bustouristen. Die genuine Yachtie-Stimmung ist nicht mehr ganz so präsent wie vor 20 Jahren. Trotzdem darf man einen Gin do Mar bei „Peter“ nicht auslassen. Über der Hafenkneipe bewahrt Henrique alias Peter seine Scrimshaw-Sammlung auf. Hier gibt es kunstvoll verzierte Walknochen und Zähne zu bewundern.

Auch ein Ausflug zum Leuchtturm Ponta dos Capelinhos lohnt. Die Insel wurde infolge eines unterseeischen Vulkanausbruchs 1957/58 wortwörtlich durch Lava und Asche erweitert – und der ikonische Leuchtturm stand plötzlich inmitten einer Mondlandschaft. Immerhin hat er das Unglück überstanden, anders als 500 Wohnhäuser, die von der Asche begraben wurden.

Nicht nur vor Faial blubbern Unterwasservulkane. Auch auf der direkten Strecke zwischen São Miguel und Terceira gibt es eine Position (38° 13.3 N, 026° 36.3 W), die Crews wegen seismischer Aktivität meiden sollten. Hier steigt der Meeresgrund von über 1.000 Meter abrupt auf 14 Meter an.

Pico

Pico hat eigentlich überhaupt keinen Yachthafen, wenn man von Lajes do Pico auf der Südseite einmal absieht. Das ist mit einem einzigen Gastliegeplatz die kleinste Marina weit und breit. Zwar könnte vorm Hafen bei Nordost bis Südost geankert werden. Am Boden aber liegen fast überall Steine. Ähnlich die Bedingungen vorm alten Walfanghafen São Roque do Pico im Norden wie auch vor Santa Cruz das Ribeiras im Südosten der Insel. Trotzdem lohnt ein Besuch auf Pico, wenn auch vielleicht besser mit der Fähre. Lajes do Pico war eines der berühmtesten Walfangzentren. Das dortige Museum zeigt, wie gefährlich die Jagden früher waren. Heute kann man vor der Südküste Picos die Meeressäuger oft vom eigenen Boot aus beobachten.

Den mit 2.351 Meter höchsten Berg Portugals, den erloschenen Vulkan Pico mit seiner charakteristischen Wolkenmütze, dürfen sportliche Wanderer mit einem Führer erklimmen.

São Jorge

Auf der Wander- und Käseinsel São Jorge ticken die Uhren langsamer. Käsemachen braucht Zeit. Die Nordseite ist wild und ursprünglich. Auf 500 Meter Höhe liegen zwei alte Dörfer: Norte Pequeno und Norte Grande. Einer der schönsten Wanderwege der Azoren führt von dort als steiler Pfad hinunter ans Meer zum Fajã da Caldeira Santo Cristo. Der kleine Hafen in Velas hat Platz für ein Dutzend Gastyachten. Alternativ hinter dem Wellenbrecher nahe der Felsen ankern, so lange der Wind und Schwell aus West bis Nordost kommt. Dabei ausreichend Platz für die Fähre lassen. Nachts hängen Gelbschnabel-Sturmtaucher an den Felswänden und unterhalten die Ankerlieger mit lautem Gekreische.

Graciosa

Die ganz im Norden gelegene kleine Insel Graciosa wird selten besucht. Bis zur Jahrtausendwende gehörten Pferde und Esel noch zum Straßenbild. Der Hafen von Vila da Praia ist ein Fischereihafen, in dem zwei bis vier Yachten an der Kaimauer im Päckchen liegen können. Vor dem Hafen kann man aber bei sehr ruhigem Wetter ankern. Ganz im Nordosten der Insel liegt Santa Cruz. Die dortige Bucht soll in eine moderne Marina verwandelt werden. Derzeit liegen hinter dem Wellenbrecher drei Muringbojen für Yachten aus. Ankern ist bis zur Fertigstellung der Marina in der Bucht erlaubt, der Grund ist aber steinig.

Terceira

Das für seine sommerlichen Fiestas berühmt-berüchtigte Terceira im Osten der zentralen Inseln hat mehr zu bieten: auf der Nordseite die aus Vulkanstein gehauenen Pools, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Stadt Angra do Heroísmo und den sicheren Ankerplatz vor Praia da Vitória. Dort findet sich der einzige lange Sandstrand der Azoren.

Ankern kann man vor Angra do Heroísmo oder auf der gegenüberliegenden Seite von Monte Brasil. Nur bei direktem Wind oder Schwell aus Süd ist es besser, in den Hafen zu gehen. Die private Marina von Praia hat Platz für einige wenige Gastlieger, das Ankern im Hafenbecken ist kostenfrei.

São Miguel

Verglichen mit den zentralen Inseln ist die Hauptstadt Ponta Delgada auf São Miguel eher eine kleine Großstadt. Es geht lebhafter zu. Auch die Preise in den Restaurants zeugen vom internationalen Flair. Die Marinas haben über 700 Liegeplätze. Sie sind mittlerweile aber wie Horta oft von Karibikrückkehrern belegt. Vor der alten Hauptstadt der Azoren, Vila Franca do Campo, kann bei Wind und Schwell aus Nordwest bis Nordost zudem geankert werden. Der kleine Hafen hat kaum Platz für Besucher, mit dem Dingi kann man aber anlanden.

In dem oft auf Postkarten abgebildeten, mit Meerwasser gefüllten Vulkankrater der vor Vila Franca gelegenen Ilhéu de Vila Franca ist Schwimmen und Schnorcheln populär. Bei ruhigem Wetter ist das Ankern auf der Nordseite des Eilands möglich. Oder aber man besteigt einfach eines der Ausflugsboote, die die Schwimmer und Schnorchler nach Ilhéu bringen.

Im Inselinneren wollen zudem wunderschöne Wasserfälle, heiße Quellen, farbig schimmernde Seen sowie die einzige Teeplantage Europas entdeckt werden. Und natürlich Vulkane. Eine Woche lässt sich angesichts all der Attraktionen problemlos auf São Miguel verbringen.

Santa Maria

Einen ganzen Breitengrad südlicher liegt schließlich Santa Maria. Kolumbus ankerte hier im Februar 1493, als er auf dem Heimweg von seiner ersten Amerikareise war. Ein Fehler: Die Hälfte seiner unter spanischer Flagge segelnden Crew wurde sogleich von den Portugiesen gefangen genommen. Sie kamen erst frei, als Kolumbus versicherte, dass er nicht für Spanien spioniere und selbst eigentlich Portugiese sei.

Das Klima auf Santa Maria ist wärmer als das auf den anderen Inseln. Der Hafen von Vila do Porto ist daher selbst im Winter ein möglicher Zufluchtsort. Ferner gibt es einige sichere Ankerplätze, was die Insel für Segler noch attraktiver machen dürfte.

Von Santa Maria, São Miguel oder Terceira aus geht es dann wie eingangs beschrieben zurück nach Nordspanien oder Portugal. Im Kielwasser bleiben hoffentlich jede Menge Eindrücke, die unvergessen bleiben.


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