ChartermarktZizoo prellt Kunden um Geld

YACHT-Redaktion

 · 28.09.2023

Chartermarkt: Zizoo prellt Kunden um GeldFoto: YACHT/A. Fritsch
Charterstation an der Adria: Für einige Zizoo-Kunden gab es bei Anreise eine böse Überraschung
Die österreichisch-kroatische Online-Agentur hat Kundengelder nicht an Charterfirmen weitergeleitet. Die Crews mussten doppelt zahlen oder den Urlaub ausfallen lassen. Die Firma räumt Probleme ein. UPDATE

Seit etwa zweieinhalb Monaten häufen sich Fälle, in denen Kunden von der Online-Charter-Plattform Zizoo um ihr Geld betrogen werden. Bei der YACHT-Redaktion meldeten sich fünf Leser/innen, denen der Albtraum jedes Kunden passierte: Sie erfuhren kurz vor ihrer Charter vom Flottenbetreiber der gecharterten Yachten, dass die Anzahlungen von Zizoo nicht eingetroffen, die Verträge daher gekündigt sind und sie die Schiffe nur bekommen, wenn sie diese vor Ort erneut bezahlen würden.

Noch schlimmer, in einem Fall ließ Zizoo die Kunden sogar zu ihrem Urlaub nach Kroatien anreisen, und erst vor Ort erfuhren die Crews, dass das Geld nie angekommen war. Daraufhin begannen lange Diskussionen mit dem Vercharterer vor Ort. Zizoo sagte dann eine sofortige Zahlung zu, und die Kunden gingen segeln. Nach der Rückkehr stellte sich aber heraus, dass die Zahlung nie eingetroffen war. Die Charterbasis wollte daraufhin einfach die Kaution einbehalten. Erst nach langem Streit an der Basis und als die Crew drohte, in Kroatien zur Polizei zu gehen, bekam sie ihre Kaution zurück. Die Kunden forderten daraufhin von der Zizoo-Geschäftsleitung teils auch Schadensersatz, bekamen aber bis heute nicht einmal eine Antwort.

Das Muster ist bei allen der Redaktion bekannten Fällen gleich: Die Anzahlungen wurden fristgerecht von den Kunden geleistet, Zizoo leitet diese aber nicht an die Flotten weiter.

In einem weiteren Fall war das Verhalten ähnlich skrupellos: Der Kunde wurde bereits nach Fälligkeit der ersten Rate für seine Charter auf Elba von der Basis kontaktiert, dass diese nicht eingegangen sei. Der kontaktierte sofort Zizoo, die erklärten, bei der Zahlung sei etwas „schiefgelaufen“. Wenig später fließt das Geld, der Kunde ahnt aber Böses und schließt eine Charter-Insolvenzversicherung ab. Und richtig, kurz nach Fälligkeit der zweiten Rate meldet sich wieder die Flotte, das Geld sei nicht da. Der Leser nimmt Kontakt mit Zizoo auf und wird gebeten, die zweiten 50 Prozent der Vertragssumme erneut zu bezahlen, er würde sein Geld in vier Wochen zurückbekommen. Zähneknirschend zahlt der Kunde erneut, damit Urlaub, Flüge und alle Vorbereitungen nicht umsonst waren.

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In einem weiteren Fall war das Verhalten von Zizoo sogar noch dreister: Kurz vor einer Charter in Kroatien kontaktiert wieder die Basis die Kundin und erläutert, dass Zizoo nicht gezahlt habe, man aber das Schiff übergeben könnte, wenn innerhalb von drei Tagen erneut gezahlt wird. Versuche der Kundin, dass Zizoo die Zahlung in den nächsten drei Tagen leistet und sie und ihre Crew doch segeln können, scheitern. Dafür bietet Zizoo ein völlig anderes Schiff statt wie vereinbart ab Mali Losinj in Pula an. Die Kundin geht darauf ein, um nicht Urlaub und Geld zu verlieren, wird aber misstrauisch. Sie kontaktiert den Vercharterer und fragt, ob es eine entsprechende Buchung für sie und ihre Crew gibt. Der verneint und sagt, es habe nicht einmal eine Buchungsanfrage von Zizoo gegeben, und das Boot sei auch schon seit Monaten ausgebucht für den Termin. Daraufhin fordert die Crew Rückerstattung und kündigt andernfalls eine Anzeige gegen Geschäftsführerin Anna Benicevic an. Zizoo antwortet, man arbeite an einer weiteren Ersatz-Buchung . Die wird abgelehnt, und die Kundin pocht auf Erstattung ihrer Zahlungen.

Zeitgleich zu den Fällen, die der YACHT von Lesern berichtet werden, hagelt es plötzlich auf der Online-Bewertungs-Plattform “Trustpilot” verheerende Bewertungen von Kunden, die durch die Bank von fast identischen Erfahrungen berichten. Kunde erfüllt Vertrag, vor Ort oder vor dem Urlaub dann Probleme mit der Basis, an die die Zahlungen nicht weitergeleitet wurden. Mehr als 20 solcher Einträge sind dort zu finden, sie sind fast durchgängig mit Headlines wie „Vorsicht Betrug“, „Achtung Abzocke“, Chaos pur“ „Finger weg“ und Ähnlichem versehen. Auf Tripadvisor finden sich weitere zehn Schilderungen ähnlicher Fälle.

Das sagt Zizoo zu den Vorwürfen

Zizoo ist nach eigenen Angaben die „weltweit führende Online-Agentur“. Das Startup der Kroatin Anna Benicevic aus 2015 hat über die letzten Jahre nach ebenfalls eigenen Angaben mittlerweile in diversen Investoren-Runden etwa 30 Millionen US-Dollar Kapital eingesammelt. Im Rahmen des Wachstums wurde auch die „Zizooboats GmbH“ in Berlin gegründet, ebenfalls mit der Kroatin als Geschäftsführerin.

Der Versuch der YACHT, die deutsche Zizoo-Außenstelle in Berlin zu kontaktieren, scheiterte zunächst daran, dass unter der im Impressum angegebenen Telefonnummer „kein Anschluss unter dieser Nummer“ zu hören ist. Auffällig ist auch, dass die AGBs der Webseite seit Kurzem nicht mehr aufrufbar sind. Bei der Kunden-Hotline landete die Redaktion in der Warteschleife. Erst über die allgemeine zentrale Zizoo-Mail-Adresse gelang es, eine Stellungnahme von CEO Anna Benicevic zu den geschilderten Fällen zu bekommen. Darin erklärt sie:

(…) „Die Sommersaison war für uns außergewöhnlich arbeitsreich mit einer besonders hohen Nachfrage nach Bootsurlauben in Europa und der Karibik. Aufgrund der erhöhten Nachfrage und einer internen Systemänderung gab es in diesem Sommer leider neben Tausenden von positiven Erfahrungen einen kleinen Anteil an Kunden, die Störungen in unserer Servicequalität erlebt haben. Wir nehmen das sehr ernst und arbeiten daran, unsere Prozesse zu verbessern.
Was die vier Kunden betrifft, die Sie erwähnen, bestätige ich, dass diese Fälle bereits bearbeitet wurden und keine Rückerstattungen mehr ausstehen.
Zu Ihrem Punkt bezüglich Trustpilot: Wir lösen die eingehenden Bewertungen aktiv und gehen verifizierten Bewertungen einzeln nach, wenn wir sie mit einer echten Buchung in Verbindung bringen können. Zu Beurteilungen, die nicht verifiziert sind, kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben.“

Von Schadensersatz für den erlebten Ärger und die Probleme ist allerdings bislang keine Rede. Keiner der Kunden hat bis heute eine Entschuldigung der Geschäftsführung erhalten, obwohl die Fälle teils zwei Monate zurückliegen. Tatsächlich haben die der Firma von der YACHT genannten Kunden mittlerweile ihr Geld zurückbekommen oder aber, wie in zwei Fällen, über die Cashback-Funktion ihrer Kreditkarte zurückholen können, nachdem sie den Kartenbetreibern von dem unlauteren Vorgehen Zizoos berichtet und entsprechende Anträge gestellt hatten. Allerdings meldete sich im Laufe des Schriftverkehrs zwischen der YACHT und Zizoo auch noch eine weitere Kundin, die bis heute keine Erstattung bekommen hat. Da stellt sich nun die Frage: Kann Zizoo die eigenen Außenstände nicht einmal mehr vollständig nachvollziehen, oder werden nur die Fälle bedient, die von der YACHT explizit nachgefragt wurden? UPDATE: Die Frage ist beantwortet: Nur einen Tag nach Veröffentlichung der Zizoo-Meldung auf YACHT online meldeten sich weitere deutsche Crews, deren Gelder nicht weitergeleitet und auch bis heute nicht erstattet wurden, bei der Redaktion. Zizoo hat also nicht alle Außenstände beglichen.

Die YACHT hat sich einmal unter einigen Flottenbetreibern umgehört, wie bei denen die Zusammenarbeit mit Zizoo läuft. Dabei zeigte sich, dass bereits drei größere deutsche und österreichische Firmen die Zusammenarbeit mit Zizoo wegen verspäteter Zahlungen und schlechter Weitergabe von Infos an die Kunden teils schon vor zwei Jahren eingestellt haben.

Erst vor wenigen Wochen hatte die YACHT über ganz ähnliche Vorfälle bei einer kleineren britischen Online-Agentur berichtet und im Rahmen dessen Tipps gegeben, wie man bei seiner Charter-Buchung am besten vorgeht, um Risiken von Anfang an auszuschließen oder wenigstens so klein wie möglich zu halten.

Tipps: Darauf sollten Sie bei einer Online-Charter unbedingt achten

  1. Auf der Webseite Impressum oder in den AGB des zugeschickten Angebotes Firmensitz und Gerichtsstand prüfen. Bei einer deutschen Firma sollte dort auch ein Handelsregister-Eintrag zu finden sein. Deutschland ist erste Wahl, im Streitfall kann man dann nach deutschem Recht klagen. Im Ausland sind Klagen oft langwierig und in finanzieller Hinsicht meist nicht sinnvoll. Zwar ändert sich das EU-Recht gerade, immer häufiger werden Fälle am Sitz des Geschädigten Kunden verhandelt, statt im Herkunftsland der Charterfirma, aber verlassen kann man sich darauf nicht immer.
  2. Erkundigen Sie sich nach einer Absicherung Ihrer Anzahlungen über einen Sicherungsschein oder externe Versicherer (z. B. “Checked & Trusted” von Yacht-Pool). Letztere Lösung können Sie eigenständig abschließen, aber dann zu Ihren Kosten. Wichtig: Es nützt nichts, wenn die Agentur bestätigt, dass ihre Zahlung über einen Sicherungsschein abgesichert ist, sie müssen auch die schriftliche Bestätigung des Versicherers haben. Ansonsten hilft nur eine eigene Versicherung abzuschließen. Es gibt Anbieter (z. B. Pantaenius, Hamburger Yachtversicherung u. a.), die generell jeden Chartervertrag versichern, den sie abschließen. Die Kosten sind von der Höhe der Chartersumme abhängig.
  3. Die Mitglieder der deutschen Charter-Interessenverbände (Verband Deutscher Yacht- Charterunternehmer www.vdc.de und Arbeitskreis Charter des BVWW (www.charterboot.net) haben Mitgliedslisten ihrer Agenturen online, die in der Regel seit Jahrzehnten seriöse und renommierte Firmen sind.
  4. Gibt es vom Schiff Ihrer Wahl nur Standard-Werbefotos der Werft oder reale Fotos, auf denen Yachtname, Flottenname sowie Kabinen und Salon zu erkennen sind? Letzteres erlaubt einen viel besseren Blick auf Pflegezustand und Ausrüstung. Nach dem Grund fragen, falls es nur Werftfotos gibt – oder den Anbieter wechseln.
  5. Fragen Sie, welche Leistungen ausdrücklich im Preis inklusive sind. Die sollten dann im Vertrag und später dem Bordpass stehen, den Sie kurz vor der Charter erhalten. Verspricht die Agentur mehr, als der Anbieter kostenlos vor Ort anbietet, kann es zu Diskussionen an der Basis kommen.
  6. Wer Fragen zu Revier und Boot hat, sollte die Qualität der Auskünfte prüfen. „Schwimmt“ der Sachbearbeiter bei Detailfragen schnell, ist man im Zweifel bei einer klassischen Agentur mit Messeauftritt besser aufgehoben.
  7. Nicht ausschließlich auf angeblich gute Kritiken auf Bewertungsportalen verlassen. Die können gefakt sein oder nur aus der Anfangsphase der Firma stammen.

Dazu gehört auch, dass man seine Chartersummen versichern kann, mehr dazu in diesem neuen YACHT-tv-Beitrag (siehe Link unten)


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