Schon den Besitzern und Mannschaften der „segelnden Lastesel der Hanse“ – den großen Koggen – galt Lübeck als das Tor zur Ostsee. Wegen seiner idealen Lage nahe der Mündung der Trave zählte es über Jahrhunderte zu den bedeutendsten Städten Nordeuropas und wurde im Mittelalter das Machtzentrum der Hanse. Bis heute hat es seine Anziehungskraft vor allem auf Segler nicht verloren: Lübeck verströmt mit über tausend Kulturdenkmälern, der Travemünder Seebad-Architektur und den breiten Sandstränden den maritimen Charme und die Weltoffenheit einer Hafenstadt, die jährlich über vier Millionen Besucher anzieht.
2023 hatte Schleswig-Holstein ein in touristischer Hinsicht Rekordjahr beschert. Lübeck lag mit 2,2 Millionen Übernachtungen nach Sylt auf dem zweiten Platz. Der Städtetourismus boomt. Doch viele Urlauber verweilen hier länger als für einen klassischen Wochenendtrip. Aus gutem Grund: Die geschichtsträchtige Metropole an der Ostseeküste verbindet Sightseeing und Strandurlaub. Über die Hälfte der Übernachtungen kann Lübecks „schönste Tochter“ Travemünde verbuchen, mit dessen Erwerb sich die Stadt 1329 den Zugang zur Ostsee sicherte.
Das Seeheilbad mit seinen historischen Villenbauten entlang der Strandpromenade und dem breiten Sandstrand liegt direkt an der Mündung der Trave. Für Segler, die auf ihrem Ostseetörn einen Stadtbesuch einlegen wollen, ohne weite Wege an Land auf sich nehmen zu müssen, bietet die Lübecker Bucht ideale Bedingungen. Ohne den Mast legen zu müssen, gelangt man über die Trave vorbei an idyllischen Landschaften und geschützten Ankerplätzen bis zur historischen Altstadt. Doch auch schon vor der Einfahrt in den Fluss liefert Travemünde genügend Argumente für einen ausgedehnten Landgang.
Als weithin sichtbare Landmarke weist das 118 Meter hohe „Maritim“-Hotel – einlaufend an Steuerbord – den Kurs nach Travemünde. Die Lübecker Bucht bietet eine gute Auswahl an modernen Marinas mit Gastliegeplätzen. Allen voran der Passathafen mit dem hiesigen Wahrzeichen, dem er seinen Namen zu verdanken hat: Die Viermastbark „Passat“, die als einer der legendären Flying-P-Liner der Reederei F. Laeisz 1911 bei Blohm & Voss vom Stapel lief, ist heute Museumsschiff, Jugendherberge und beliebter Veranstaltungsort. Die Marina auf der Halbinsel Priwall – mit Blick auf die gegenüberliegende Travemünder Altstadt – zählt 490 Liegeplätze. Gastyachten bis 16 Meter Länge und fünf Meter Breite finden zehn ausgeschilderte Plätze auf vier bis sechs Meter Wassertiefe östlich des Bootskrans.
Während der südliche Teil der Halbinsel Naturschutzgebiet ist, wurde der nördliche Abschnitt ab 2010 umfangreich touristisch bebaut. Die „neue Seite von Travemünde“, auch „Beach Bay“ genannt, ist ein modernes Ferienresort, das mit einem großen Hotel, „Dünenvillen“ direkt hinter der Hafenpromenade, Event-Locations und Gastronomie aufwartet. Wem das für das abendliche Dinner nicht genug Auswahl ist, pendelt mit der Priwallfähre, die etwa 300 Meter südlich des Hafens ablegt, zur gegenüberliegenden Strandpromenade.
Alternativ kann man auch direkt auf der Stadtseite festmachen, etwa beim traditionsreichen Lübecker Yacht-Club. Für die unschlagbare Lage direkt an der Promenade muss man allerdings mitunter ordentlich Schwell vom regen Fährverkehr in Kauf nehmen. Ruhiger liegt das Boot in der Marina Baltica flussaufwärts. Von hier ist es ein gut 20-minütiger Spaziergang bis zur Altstadt.
Die Marina Baltica befindet sich geschützt in einer Travebucht zwischen Fischereihafen und Skandinavienkai. Letzte- rer ist mit rund 100 Abfahrten pro Woche der größte Fährhafen Deutschlands; mit entsprechend starkem Verkehr ist zu rechnen. Die Ansteuerung ist Tag und Nacht möglich, allerdings sollte man bei Dunkelheit auf unbeleuchtete Dalben bei der Einfahrt zur Böbs-Werft achten.
Als Orientierung dienen der rote 120-Tonnen-Schiffslift sowie die beschrifteten Hallen der Marina. Sie bietet 200 Liegeplätze für Boote mit einer maximalen Länge von 20 Metern und einem Tiefgang von bis zu drei Metern. Für Urlaubsstimmung sorgt ein Swimmingpool an der Terrasse des Restaurants „Baltic Bay“, das mit Blick über die Bucht zum Sundowner einlädt. Angeboten werden neben einem Fahrradverleih auch Werft- und Brötchenservice. Wer sich von einer der Sonnenliegen am Pool aufraffen kann, den belohnt Travemünde mit diversen maritimen Attraktionen.
Mit klangvollen Straßennamen wie „Im Beiboot“, „Am Heck“, „Godewind“ und „Leegerwall“ zieht sich das Schiffsthema durch den Ort. Entlang der 1,7 Kilometer langen Flaniermeile am Traveufer laden zahlreiche Fischrestaurants zum Schlemmen ein, vom Heringsbrötchen bis zum Gourmetteller mit fangfrischem Fisch.
Zu den markanten Bauwerken gehören neben dem nach 1970 entstandenen „Maritim“-Hotel die Kapitänshäuser in der Vorderreihe und die Bäderarchitektur des 19. und 20. Jahrhunderts. Highlight aber ist der älteste Leuchtturm Deutschlands. Im Laufe seiner fast 700-jährigen Geschichte wurde er mehrfach zerstört und wiederaufgebaut. Seinen ursprünglichen Zweck erfüllte das 31 Meter hohe Kulturdenkmal zuletzt 1972, als das Leuchtfeuer schließlich aufgrund des höheren „Maritim“-Hotels abgeschaltet wurde. Seither befindet sich im Dachgeschoss des Hotels das mit 117 Metern höchste Leuchtfeuer Europas.
Im alten Leuchtturm ist heute auf acht Etagen das maritime Museum untergebracht, das die Geschichte der Leuchtfeuertechnik erzählt. 142 Stufen führen zur Aussichtsgalerie, von der man einen einmaligen Blick über die Lübecker Bucht hat.
Die Innenstadt Lübecks liegt etwa 17 Kilometer landeinwärts und ist bequem mit den Buslinien 30 und 40 erreichbar. Standesgemäßer und weitaus schöner jedoch erreicht man die Altstadt auf dem Wasserweg. Auch wenn eine Flussfahrt nicht jedermanns Sache ist – für eine Bootspartie auf der Trave lohnt es sich allemal, eine Ausnahme zu machen.
Hinter dem Skandinavienkai öffnet sich an Backbord die Pötenitzer Wiek. Das ist eine große Bucht, die bei jeder Windrichtung geschützte Ankerplätze bereithält. Der benachbarte Dassower See ist Naturschutzgebiet, dort bitte keinen Zwischenhalt einlegen. Stattdessen weiter flussaufwärts fahren, wo noch andere Wieks zum Ankern einladen. Das ist praktisch, wenn das Timing einmal nicht ganz passt und man zum Warten gezwungen ist.
Denn ein Hindernis haben Skipper zu überwinden, um die Altstadt zu erreichen: Die Eric-Warburg-Brücke öffnet nur viermal am Tag. Nach Passieren der Brücke hält man sich backbord der nördlichen Wallhalbinsel und steuert den Hansahafen an. Seit 2017 findet man hier, parallel zum historischen Speicher der Media Docks, die Newport Marina. Nicht ohne Grund wurde sie 2022 von der YACHT zu den zehn schönsten Stadthäfen des Ostseeraums gezählt.
Die Marina hat 30 Gastliegeplätze, die unterschiedlichen Bootsgrößen vorbehalten sind. Reservierungen sind nur online möglich . Hafenmeisterbüro, Sanitäranlagen und Küchen- und Waschraum befinden sich im schwimmenden Serviceponton. Neben dem „Newport Restaurant“ gehört auch eine Bar zur Marina. Mehr Gastro-Auswahl findet sich in der fußläufig nur ein paar Minuten entfernten Lübecker Altstadt.
Auf dem Weg dorthin öffnet sich von der denkmalgeschützten Drehbrücke aus ein erstklassiger Blick auf die historischen Lastensegler im Museumshafen am Wenditzufer. Die Traditionsschiffe und die alten Lagerhäuser sind Zeugnisse einer Zeit, als an der Untertrave mächtige Hansekoggen anlegten und Waren aus aller Welt brachten. Neben den ostseetypischen Frachtseglern gehören auch das historische Feuerschiff „Fehmarnbelt“ und das nachgebaute Hanseschiff vom Typ Kraweel, die „Lisa von Lübeck“, zum Bestand.
Im Winter ist der Holsten-Hafen zwischen Drehbrücke und Musik- und Kongresshalle besser gefüllt, da viele der liebevoll gepflegten Segeloldtimer im Sommer noch regelmäßig auslaufen.
Die ovale Altstadtinsel ist im Westen von der Stadt-Trave, im Osten von der Kanal-Trave umflossen. Bis zum Bau des Elbe-Lübeck-Kanals Ende des 19. Jahrhunderts umfloss die Wakenitz den knapp 140 Hektar großen Stadthügel. Während der Elbe-Lübeck-Kanal heute nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist, spielt er für den Freizeitverkehr noch immer eine große Rolle – vor allem für Eigner, die ihr Boot auf dem Wasserweg zur Ostsee überführen wollen.
Mit dem Durchstich der Kanal-Trave im Norden wurde die Altstadt zur Insel. Seit 1987 gehören große Teile davon zum Weltkulturerbe. Darunter die Marienkirche, der Dom, das Rathaus und eines der Wahrzeichen der Stadt, das Holstentor. Ein weiteres: die Stadtansicht mit den sieben Kirchtürmen, der Lübeck ihren Beinamen „Stadt der sieben Türme“ verdankt. Für einen guten Überblick über die Altstadt bis weit über das Lübecker Umland lohnt sich der Aufstieg zur Aussichtsplattform der Petrikirche in 50 Meter Höhe. Von hier schaut man hinab auf verwinkelte Gassen und versteckte Innenhöfe, die Hanse-Charme pur verströmen.
Wer mehr davon will: Eine der traditionsreichsten Gaststätten in Lübeck – und für Segler fast obligatorisch – ist die „Schiffergesellschaft“ im ehemaligen Gildehaus in der Breiten Straße. Das traditionelle hanseatische Restaurant hat moderne, regionale Küche in historischem Ambiente.
Apropos Gaumenfreuden: Wer an Lübeck denkt, der denkt fast immer auch an Marzipan. Kaum ein Besucher wird wohl ohne das klassische Mitbringsel abreisen. Hat man sich im „Café Niederegger“, ebenfalls in der Breiten Straße, eingedeckt, kann man im Marzipan-Museum, das sich im zweiten Stockwerk befindet, mehr über die weltberühmte Nascherei aus Mandeln und Zucker erfahren. Sie wird hier bereits seit dem späten Mittelalter hergestellt.
Einer lokalen Legende nach wurde das Marzipan sogar hier erfunden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es seinen Weg aus dem Orient an die schleswig-holsteinische Küste fand – an Bord eines segelnden „Lastesels der Hanse“.