Nationalpark Ostsee“Es gibt kein Segelverbot” – genaue Einschränkungen bleiben unklar

Tobias Frauen

 · 15.06.2023

Nationalpark Ostsee: “Es gibt kein Segelverbot” – genaue Einschränkungen bleiben unklarFoto: YACHT/Nico Krauss
Unsicherheit bei Schleswig-Holsteins Seglern: Was ist in Zukunft noch erlaubt?
Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt sagte angesichts der Proteste gegen den Nationalpark Ostsee, dass Segeln nicht verboten werden soll. Einschränkungen sollen dennoch kommen – in weiterhin unklarem Ausmaß

Im Umfeld des ersten der sieben Workshops zum Nationalpark Ostsee hatte es Anfang der Woche eine Protest-Aktion einiger Landwirte auf der Fehmarnsundbrücke gegeben. Initiator war die Initiative “Freie Ostsee Schleswig-Holstein”, die sich gegen Einschränkungen für Wassersportler starkmacht. Tobias Goldschmidt, der als Umweltminister in Schleswig-Holstein die Nationalpark-Pläne vorantreibt, ärgerte sich darüber in der “Bild”-Zeitung: „Wir sind keine Bulldozer. Im Gegenteil: Wir sind mit dem Notizzettel unterwegs, um zu hören, was die Menschen an der Küste wollen, welche Vorstellungen sie haben”, wird er dort zitiert.

Goldschmidt betont gegenüber “Bild”: “Ich sage klipp und klar: Es gibt kein Segel-Verbot.” Aufatmen bei den Wassersportlern? Mitnichten, denn das große “Aber” folgt sogleich: Es gehe um kleine Einschränkungen, so der Minister, und nennt als Beispiel, dass auf Seegraswiesen nicht mehr geankert werden solle.

Bewertung

Abgesehen von dem genannten Beispiel bleibt aber völlig unklar, in welchem geografischen und rechtlichen Umfang Einschränkungen geplant sind. Außerdem könnten in einem Nationalpark im Laufe der Zeit die Möglichkeiten für Segler und andere Wassersportler nach und nach immer weiter eingeschränkt werden. Das liegt dann in der Zuständigkeit des Bundes, der lokale Interessen und Verhältnisse weniger im Blick haben dürfte als regionale Behörden.

Aussagen von Goldschmidt sind nicht neu

All das, womit die “Bild” Tobias Goldschmidt zitiert, ist aber nicht neu. Schon in der Informationsveranstaltung im März zum Auftakt der Konsultationen sagte der Minister in seinem Schlusswort: „Segeln gehört zur Kultur unseres Landes. Selbst in den Kernzonen sehe ich nicht, warum es verboten werden muss!” Die YACHT berichtete ausführlich darüber.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Mit Kernzonen sind im Zusammenhang mit dem Nationalpark Flächen gemeint, die komplett sich selbst überlassen werden sollen. Dabei muss es sich um mindestens die Hälfte des Nationalparkgebiets handeln, dort soll es dann die stärksten Einschränkungen geben. Welche Gebiete am Ende zur Kernzone gehören werden und was darin noch erlaubt ist, ob Segler die schleswig-holsteinischen Küstengewässer noch nutzen dürfen wie bisher, ist völlig offen. Klar ist schon jetzt, dass Angeln oder gar Fischen hier verboten sein wird. Es dürfe in der Kernzone nichts entnommen und nichts hinzugefügt werden, so Minister Goldschmidt.

In den kommenden Jahren drohen immer drastischere Einschränkungen

An die Kernzone soll sich eine Entwicklungszone anschließen, die in einem Zeitraum von 30 Jahren zur Kernzone entwickelt werden soll. Den Puffer zur Außenwelt bildet dann eine Pflegezone, die ausdrücklich der Erholung dienen darf und mit Einschränkungen auch bewirtschaftet werden kann, etwa durch nachhaltige Fischerei. Bedeutet im Klartext: Es ist bereits jetzt abzusehen, dass Verbote und Einschränkungen in den kommenden Jahrzehnten nach und nach ausgeweitet werden.

Das Thema Wassersport steht bei den Workshops für den 11. Juli auf dem Plan. Zahlreiche Akteure und Interessenverbände aus den Bereichen Segeln, Windsurfen, Kiten, Wingfoilen, Tauchen und Sportbootfahren werden dabei sein, auch Vertreter der Initiative “Freie Ostsee Schleswig-Holstein”. In einem “Verzahnungs-Workshop” werden die Erkenntnisse aus den Treffen dann im Oktober/November gebündelt und bis Ende des Jahres abgeschlossen. Eine Entscheidung soll laut dem Plan des Ministeriums in der zweiten Jahreshälfte 2024 fallen.

Auch der Nationalpark Wattenmeer brachte viel Unsicherheit

Schon einmal wurde der Segelsport im Land zwischen den Meeren starken Einschränkungen unterworfen. Im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer bestehen seit 1985 Einschränkungen bis hin zu strikten Befahrensverboten. Weit schlimmer als die Regeln selbst aber ist, dass seither über sie verhandelt wird und es jüngst zu einer Neuregelung kam, die weitreichende Folgen hat. Forderungen von Nationalparkverwaltung und Naturschützern nach Restriktionen für Segler stehen seit Einrichtung des Nationalparks dauerhaft im Raum, und es kostet viel ehrenamtliches Engagement, wenigstens diesen unglücklichen Schwebezustand als das kleinste Übel aufrechtzuerhalten.


Mehr zum Thema Nationalpark Ostsee:

Meistgelesen in der Rubrik Reisen