In einigen Orten der Insel müssen Segler, die nur für eine Nacht im Hafen festmachen, für zwei volle Tage Kurtaxe bezahlen - für den Anreise- und den Abreisetag. Dies führt besonders bei Bootsfahrern, die mehrere Häfen auf Rügen anlaufen, zu einer Mehrfachbelastung. Im Selliner Hafen bleiben zum Beispiel etwa 30 Prozent der Wassersportler nur für eine Nacht. Für eine vierköpfige Familie bedeutet dies zusätzlich zu den Liegegebühren von 20,70 Euro für ein Boot bis neun Meter Länge noch einmal 20,24 Euro Kurtaxe.
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Viele Wassersportler fragen sich, inwieweit die Abgabe gerechtfertigt ist, wenn sie die touristischen Angebote und die Infrastruktur, die mit ihr bezahlt werden, zum Großteil gar nicht nutzen. Wer nach einem langen Tag auf dem Wasser im Hafen festmacht und am nächsten Morgen ablegen möchte, dem bleibt kaum eine Chance, die touristischen Angebote zu nutzen. So vielfältig sie seien mögen. Hinzu kommt, dass die Kurtaxe nicht auf der ganzen Insel gilt. Teilweise muss man am gleichen Tag doppelt zahlen, morgens im ersten und abends im zweiten Hafen, selbst wenn man den ganzen Tag auf dem Wasser verbracht hat.
Rieke Boomgaarden ist Hafenmeister in Gager, einem kleinen Ort an der Hagenschen Wiek, der zur Tourismusregion Mönchgut Granitz gehört. Er ist derjenige, der den Unmut tagtäglich zu spüren bekommt, wenn er die Gebühren einkassieren muss, von denen er selbst nichts hat. “Seit ich den Hafen betreibe, hat sich die Kurtaxe gut verdoppelt. Im gleichen Zeitraum sind unsere Gastanläufe stetig weniger geworden. Vor allem bei Booten mit mehreren Personen an Bord. Dann zahlen die Gäste mehr Kurtaxe als Liegegebühr. Bei größeren Passagierschiffen ist das völlig unverhältnismäßig. Da haben wir schon Absagen bekommen, weil die Differenz zu einem anderen Hafen auf der Insel, bei dem nur pro Nacht und nicht pro An- und Abreisetag abgerechnet wird, mehr als 600 Euro die Nacht betrug. Dann werden die Einnahmen gar nicht erst generiert, weil die Gäste einfach ausbleiben.” Für den privat betriebenen Hafen Gager, der keine Zuschüsse aus der Kurtaxe erhält, sind die Einnahmen aus den Gastanläufen existenziell wichtig.
Neben der finanziellen Belastung für die Wassersportler bedeutet die Abrechnung der Kurtaxe auch einen erheblichen Verwaltungsaufwand für die Hafenbetreiber, so Boomgaarden. Von jedem Wassersportler müssen die Daten erfasst werden. Verkompliziert wird die Situation durch unterschiedliche Regelungen in den verschiedenen Gemeinden auf Rügen. Für die Ostseebäder Sellin, Baabe, Göhren und dem Mönchgut gibt es inzwischen eine einheitliche Kurabgabe. Wer den Hafen Gager verlässt, muss im Hafen Sellin nicht noch einmal die volle Kurtaxe für den gleichen Tag zahlen. Doch diese Regelung gilt nicht für die gesamte Insel. Anders als in Sellin und Gager beinhaltet die Satzung von Putbus beispielsweise, dass die Kurtaxe nur pro Übernachtung fällig wird und nicht jeweils für den An- und Abreisetag.
Die Kurtaxe stellt für die Gemeinden eine wichtige Einnahmequelle dar. Allein durch den Hafen in Sellin werden durchschnittlich 20.000 Euro Kurtaxe im Jahr erwirtschaftet. Diese Einnahmen sind für die Gemeinden unverzichtbar. Mit ihnen werden Veranstaltungen, Busse und Fähren in der Region Mönchgut Granitz finanziert, was Landtouristen zugute kommt. Und zum Teil werden damit wohl auch Häfen bezuschusst. Zumindest laut einer Aussage des Selliner Tourismusmanagers Conrad Bergmann gegenüber dem NDR: “Wir haben einen Hafenmeister, das Büro ist täglich bis 18 Uhr besetzt. Hier wird täglich gereinigt. Und nur mit der Liegegebühr, die mit dem Übernachtungspreis in einem Hotel gleichzusetzen ist, könnten wir das Ganze hier, so wie es ist, nicht finanzieren, auch mit den ganzen Leistungen nicht." Aber eben nicht alle Häfen profitieren von der Taxe. Boomgaarden kann auch die Kritik seiner Gäste verstehen, dass sie mit der Kurtaxe in seinem eher abgelegenen Hafen Leistungen mit finanzieren, die weiter weg angeboten würden und für die bei einem kurzen Stoppover keine Zeit ist.
Viele Marinabetreiber fordern eine einheitliche Regelung, die für die gesamte Insel gilt. Eine einfache Karte, mit der Segler jeden Hafen im Revier unbürokratisch ansteuern können, soll das Ziel sein. Ansonsten könnten Gastliegeplätze im schlimmsten Fall zu Dauerliegeplätzen werden, und kein Segler hätte auf seinem Törn mehr die Chance, einen Hafen anzulaufen. Daran hätte auch der Rügener Tourismusverband kein Interesse. Eine gegenseitige Anerkennung der Kurtaxe auf der gesamten Insel wäre allein deshalb sinnvoll, weil der Gast die Insel als eine Destination sieht und nicht versteht, warum er an einem Tag zwei Mal Kurabgabe zahlen muss. Wann diese Lösung umgesetzt wird, ist noch unklar. Möglicherweise mit dem geplanten Tourismusgesetz für Mecklenburg-Vorpommern, das eine Gästeabgabe für alle vorsieht. Doch Boomgaarden ist skeptisch. Denn mit der bereits eingeführten Vereinheitlichung der Kurabgabe für die Ostseebäder Sellin, Baabe, Göhren und dem Mönchgut kam überhaupt erst die Erhöhung. Fraglich bleibt also, ob eine Zusammenlegung tatsächlich auch zu weniger Kosten für Wassersportler führen würde.