Für Skipper, die mit ihrem Boot nach Bornholm, einer dänischen Ostseeinsel, segeln, wird sich bald ein ganz neues Bild bieten: Zwei riesige Offshore-Windparks sind geplant, etwa zehn Seemeilen südwestlich der Insel. Diese Windkraftanlagen werden beeindruckende Dimensionen aufweisen: Mit einem Rotordurchmesser von 236 Metern erreichen sie eine Höhe von 268 Metern über dem Meeresspiegel. Zum Vergleich: Die Pfeiler der Öresundbrücke, die Dänemark und Schweden verbindet, sind lediglich 206 Meter hoch.
150 dieser Anlagen von ihnen sollen errichtet werden, verteilt auf zwei Areale: Bornholm I und Bornholm II. Der dazwischen liegende Korridor für die Schifffahrt wird 12 Seemeilen breit und 20 Seemeilen lang sein (für die ungefähre Position und Ausdehnung siehe Karte).
Bei Fertigstellung, die für das Jahr 2030 angepeilt wird, werden sie über eine gemeinsame Leistung von drei Gigawatt verfügen. Möglich ist sogar noch deutlich mehr. Doch schon der Zielwert entspräche ungefähr dem dreifachen Output aller derzeitigen deutschen Ostsee-Windparks zusammen und reicht aus, um – je nach Angaben – rechnerisch 3 bis 4,5 Millionen Haushalte zu versorgen.
Auch Deutschland wird von der Energiegewinnung vor Bornholm profitieren: Es wurden bereits Verträge geschlossen, die nicht nur die Anbindung der dänischen Insel Sjælland mit der Metropolregion Kopenhagen per Kabel vorsehen: Eine zweite Trasse wird in Lubmin bei Greifswald an Land kommen und eine Verbindung zum deutschen Stromnetz herstellen.
Der Plan sieht vor, dass die beiden Windparks mit einem hochleistungsfähigen Umspannwerk auf Bornholm verbunden werden, das an der Südküste östlich der Hauptstadt Rønne vorgesehen ist und den Strom dann über die beiden Hochspannungs-Gleichstromkabel am Meeresgrund weiterleiten wird. Perspektivisch ist die Windkraft aber nur ein Baustein in einer noch umfassenderen innovativen Strategie zur Energiewende in Dänemark.
Danach soll das wind- und sonnenreiche Bornholm zu einer von zwei sogenannten Energieinseln des Landes werden (die zweite soll in der Nordsee künstlich vor der jütischen Küste entstehen). Vorgesehen sind dann unter anderem die Errichtung eines nationalen Forschungszentrums für alternative Energie und die Produktion von grünen Kraftstoffen (sogenannten E-Fuels). Offiziell wird von einem der größten Infrastruktur- und Bauprogramme der dänischen Geschichte gesprochen.
Ziel ist eine größere Sicherheit und Unabhängigkeit bei der Energieversorgung im Rahmen der europaweiten Energiewende, zum einen in Hinblick auf die ökologischen Herausforderungen durch den Klimawandel, zum anderen auf die neuen sicherheitspolitischen Realitäten im Ostseeraum – und in Europa insgesamt. Auch international wird das Projekt mit Interesse verfolgt, etwa in Kanada.