Anlässlich der aktuell laufenden Arkea Ultim Challenge, bei der zu Anfang sechs 105-Fuß-Trimarane einhand um die Welt jagten und im Rennverlauf teils mit unbekannten Objekten kollidierten, stehen Rennyachten unter starkem Beschuss von Umweltschutzorganisationen. Nicht zum ersten Mal wird den Offshore-Seglern unterstellt, dass derartige Zusammenstöße zum mehrheitlichen Teil auf Wale zurückzuführen sind. Diese würden dabei stark verletzt oder sogar getötet werden. Einige fordern daher sogar dazu auf, Foils zu verbieten.
Denn Forschungen des Wal- und Delphinschutzvereins Meer e. V. hatten bereits im Jahr 2010 ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Zusammenstoß mit Segelbooten bei höheren Geschwindigkeiten drastisch ansteigt. Foils, mit denen die Rennmaschinen in deutlich höhere Tempobereiche vorstoßen können, waren dabei noch kaum verbreitet. Auch eine Erkenntnis der damaligen Studie war allerdings, dass es selbst bei langsamem Tempo zu Zusammenstößen kommt. Das sei unter anderem auf schlafende Tiere sowie die geringe Lautstärke eines Segelbootes im Vergleich zum sonstigen Lärmpegel der Ozeane zurückzuführen.
Das französische Ökologie-Medium “Reporterre” hat bei Recherchen 18 französische Hochsee-Regatten zwischen 2008 und 2022 untersucht und kommt dabei auf 51 gemeldete Zusammenstöße. Der ehemalige Offshore-Profi Adrien Hardy gibt im Artikel an, bei etwa einem Viertel seiner Atlantiküberquerungen mit Meerestieren zusammengestoßen zu sein.
Im Allgemeinen wird nach einer Kollision mit einem Ufo (Unknown Floating Object) jedoch nur selten überhaupt veröffentlicht, ob es sich um einen Crash mit einem Wal handelt. Laut der Meeresschutzorganisation “Sea Shepherd” und Ozean-Forscher Philippe Borsa sei das allerdings in 99 Prozent Zusammenstöße der Fall. Meist ist es für die Segler jedoch nicht zuzuordnen, ob nun Treibgut wie Container oder aber Meerestiere getroffen wurden. “Sea Shepherd” wirft der Segelszene in einem Statement nun vor, derartige Vorfälle auch aus Gründen der Popularität und Vermarktung des Sports zu verschweigen.
Unter den Profis wurde das mittlerweile sogar teils bestätigt. Die als umweltbewusst geltende Gruppierung von Offshore-Seglern “La Vague” (dt. “Die Welle”), der auch große Namen wie Paul Meilhat oder Roland Jourdain angehören, prangerte das Verhalten der eigenen Szene an und bestätigte in einer Pressemitteilung, dass die Teams Vorfälle mit Walen zum Teil durchaus registrieren aber nicht darüber sprechen. Man wolle ein sauberes Image behalten und einen solchen Ruf nicht mit den Sponsoren in Verbindung bringen. Die Organisation “La Vague” ist es auch, die dazu aufruft, aus der ewigen Jagd nach Rekorden auszubrechen und zum Schutz der Tiere Tempolimits einzuführen.
Denn mit höheren Geschwindigkeiten der Rennyachten steigt nicht nur das Risiko einer Kollision, sondern zweifelsohne auch das Verletzungspotenzial für die Wale. Die zwar dünnen, aber an der Vorderkante nicht scharfen Anhänge, insbesondere die Foils, reichen dann aus, um die Meeresbewohner zu zerschneiden.
Eine weitere Möglichkeit zum Schutz der Meeresbewohner könnten daher extra eingerichtete Sperrzonen auf dem Kurs bieten, die die Rennteilnehmer nicht befahren dürfen. Denn Nachforschungen haben eine naheliegende Häufung von Wal-Kollisionen bei Regatten ergeben, die durch von Walen besonders hochfrequentierte Zonen führen. Solche Regelungen gibt es bereits, unter anderem ist bei der derzeitigen Arkea Ultim Challenge der Bereich rund um die Kerguelen-Inseln gesperrt.
Für diese findet auch die französische Mini-Seglerin Carolin Boule lobende Worte in einem bei “Voiles et Voiliers” veröffentlichten offenen Brief, in dem sie “die wiederholten und gezielten Angriffe auf die Welt des Hochseesegelns in letzter Zeit” stark kritisiert. Diese könnten “schwerwiegende Folgen für das empfindliche Gleichgewicht eines Systems haben, von dem die Berufe von Tausenden von Menschen abhängen”, so Boule.
Sie plädiert dafür, die Entwicklung von Technologien nicht durch starke Eingriffe zu stoppen. Das gelte sowohl für Warnsysteme, die auch auf zahlreichen Frachtschiffen zum Einsatz kommen können, als auch für die Foils. “Es ist eine Schande, sie zu verdrängen, ohne darüber nachzudenken, wie viel sie uns bringen können. Die Effizienz eines Foils kann bis zu zehnmal höher sein als die eines gleitenden Rumpfes. Aus diesem Grund ist das Foil die Technologie, die den Verbrauch schneller Motorboote deutlich senken wird”, so Boule und bekräftigt: “Angesichts der klimatischen Dringlichkeit müssen wir alles tun, um den CO₂-Fußabdruck so weit wie möglich zu reduzieren.”
Die erfahrene Offshore-Seglerin wünscht sich daher mehr Zusammenarbeit anstelle von vernichtender Kritik: “Wenn man mit Steinen wirft, anstatt Alternativen vorzuschlagen, kommt die Welt nicht voran. In Hochseerennteams gibt es Hunderte kluge Köpfe, die, wenn sie zusammenarbeiten, großartige Lösungen finden könnten, um unsere Welt zu verbessern. Dies ist unwahrscheinlich, wenn Sponsoren beschließen, ihre Finanzierung zurückzuziehen, weil sie Angst haben, mit dem Bild, das diese Organisationen von unserer Welt zeichnen, in Verbindung gebracht zu werden.”