Ebru Yaral aus Hamburg hat an Bord der unter südafrikanischer Flagge fahrenden Swan 53 „Sterna“ für den Törn ihres Lebens angeheuert. Noch sitzt ihr „Allspice Yachting“-Team allerdings in Kapstadt und wird verspätet in den nächsten Törnabschnitt bis Auckland aufbrechen, da sich kurz vor dem Re-Start ein Schaden am Mast offenbart hat, der zunächst behoben werden muss.
Trotz zahlreicher Last-Minute-Vorbereitungen hat sich die 43-jährige Seglerin Zeit für unsere Fragen zur ersten Etappe genommen, die über rund 7.300 Seemeilen von Southampton nach Kapstadt führte.
Ebru Yaral: Sehr entspannt, und wärmer als gedacht. Ich habe mich in der Vorbereitung sehr stark auf die kalten und nassen Etappen vorbereitet – mental und mit dem Equipment. Mir sind dann am Äquator die “leichten” Shirts ausgegangen, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass es so heiß wird ... Nach zwei bis drei Wochen hat es einen Moment gegeben, in dem ich einen leichten Lagerkoller hatte. Es wurde mir zu dem Zeitpunkt zu lang. Das hat aber nicht lange angehalten.
Es war tatsächlich sehr harmonisch. Natürlich hatte jeder mal einen Tag, an dem er oder sie nicht so gut drauf war, und sicherlich war der ein oder andere mal frustriert. Aber Justin (Crewmitglied aus den USA, Red.) hat es eigentlich ganz gut zusammengefasst: Es macht keinen Sinn, seine Energie mit Streit oder Geschrei zu verschwenden. Wir hatten keine offenen, lauten Konfrontationen, und ich kann sagen, dass wir im Vergleich zu anderen Booten hervorragend miteinander ausgekommen sind.
Wir machen alle alles. Unser Wachsystem lautet: vier Stunden aktiv und vier Stunden passiv. In den aktiven vier Stunden muss jeder von den vier Personen, die gerade Wache halten, eine Stunde steuern, jegliches Manöver fahren, falls eins ansteht, und ansonsten die anderen Aufgaben wie kochen, putzen oder abwaschen erledigen. Auf der ersten Etappe hat sich herausgestellt, dass ich ganz gut an der Funke bin. Insbesondere da ich sehr gut Französisch spreche, konnte ich mich mit in den französischen Booten austauschen und war Bestandteil der täglichen Calls. Das war sehr hilfreich, da die Franzosen Kontakte zu SSB-Funkern an Land hatten, die uns regelmäßig Wetterinformationen geben konnten.
Der ist eigentlich sehr langweilig! Auf Wache gehört dazu: steuern, putzen, kochen, abwaschen, essen oder einfach nur ein Buch lesen, Sudoku lösen oder Schach spielen. In den passiven vier Stunden haben wir meist geschlafen und uns ansonsten anderweitig ausgeruht. Die Wachwechsel waren immer schön, da man dann kurz auch die anderen Crewmitglieder gesehen hat. Und um 18 Uhr Bordzeit gab es ein gemeinsames warmes gekochtes Abendessen, das war immer ein Highlight des Tages.
Einer der schönsten Momente war, als wahrscheinlich ein Finnwal direkt neben und hinter dem Boot zweimal aufgetaucht ist. Das war wirklich wundervoll. Grundsätzlich ist es toll, all die Tiere zu sehen. Ein anderer sehr schöner Moment war, den Äquator zu überqueren. Fünf von uns, mich eingeschlossen, hatten das noch nie gemacht, und die Zeremonie war positiv und lustig: Unser Skipper hat uns mit Äquatorwasser getauft und eine Rede gehalten. Außerdem hatten wir einen Fisch gefangen, und Justin, der gelernter Koch ist, hat uns ein fantastisches Drei-Gänge-Menü gezaubert.
Der härteste Moment war der zweite Sturm, kurz bevor wir in Kapstadt angekommen sind. Es war frustrierend, da wir eigentlich schon in Kapstadt sein wollten und uns der Sturm eingeholt hat. Wir konnten wegen eines gebrochenen Bolzens am Lümmelbeschlag unser Groß einige Tage vorher nicht mehr nutzen, aus Sicherheitsgründen. Der Sturm hat uns hohe Wellen und Böen bis 42 Knoten beschert. Es war eine sehr anstrengende Nacht, und als Krönung ist eine besonders hohe Welle direkt über mir gebrochen, sodass ich komplett nass war und meine Schwimmweste ausgelöst wurde.
Definitiv. Ich habe vorher noch nie so viel gesteuert und bin jetzt recht gut darin. Auch alle Manöver auf diesem für mich sehr großen Boot waren anfangs eher ungewohnt anstrengend und kompliziert. Es ist interessant, wie intuitiv ich anfange, einiges wahrzunehmen – Geräusche, die nicht da waren, bemerke ich und fange an, selbst unter Deck zu fühlen, wenn das Boot plötzlich nicht mehr ganz auf Kurs ist.
Unser Ziel ist immer noch Ankommen und das Rennen komplett zu segeln. Natürlich waren wir immer sehr froh und motivierter, wenn wir schneller waren und Boote hinter uns gelassen haben beziehungsweise näher an die Führenden rangesegelt sind. Aber wir werden immer die Sicherheit der Crew und des Bootes vor jegliche Platzierung stellen.
Wir hatten auf dem Weg nach Kapstadt ein Problem mit dem Lümmelbeschlag am Mast. Steuerbord waren zwei Bolzen gebrochen. Daher hatten wir das Großsegel in der letzten Woche auch nicht wirklich benutzt. Als die Rigger (in Kapstadt, Red.) dann den Lümmelbeschlag abgenommen haben, um die Bolzen zu ersetzen, haben sie am Freitagnachmittag einen Riss am Mast entdeckt. Für uns hat Sicherheit absolute Priorität, und wir wollen auf gar keinen Fall den Mast verlieren oder Ähnliches, sodass wir mit den Riggern eine Übergangslösung erarbeitet haben. Leider konnten sie die Manschette nicht über das Wochenende schweißen und erst am Montag damit beginnen. Wir sind alle unglaublich frustriert, sitzen auf heißen Kohlen und können es kaum erwarten, endlich wieder loszusegeln!