Tatjana Pokorny
· 15.11.2023
Tom Slingsby ist Weltsegler des Jahres. Zum dritten Mal nach 2010 und 2021 wurde der Australier, der auch die amerikanische Staatsbürgerschaft hält, zum Besten seiner Zunft gewählt. Der 39-Jährige ist nicht nur in einer Disziplin Spitze, gilt als vielseitigster Dominator des Segelleistungssports. Im Mai hatte der Sympathieträger mit dem australischen SailGP-Team zum dritten Mal in Folge den Saisonsieg in der Profiliga und eine Million US-Dollar Preisgeld abgeräumt.
Im September gewannen Steuermann Tom Slingsby und das US-Team NYYC American Magic die erste Vorregatta zum 37. America’s Cup, der im Herbst vor Barcelona ausgetragen wird. Der Laser-Olympiasieger von 2012, fünfmalige Laser-Weltmeister und zweimalige Motten-Champion hat auch den America’s Cup schon einmal gewonnen.
Im 34. America’s Cup war Tom Slingsby gemeinsam mit Englands Segel-Superstar Sir Ben Ainslie im Finale dem bis dahin glücklos agierenden Jimmy Spithill als Austausch-Duo für das Oracle Team USA an die Seite gestellt worden. Mit legendären Folgen: Es folgte das größte Comeback der Cup-Geschichte, denn das US-Team machte 2013 vor San Francisco aus einen 1:8-Rückstand noch den 9:8-Cup-Sieg für die Amerikaner gegen das Emirates Team New Zealand. Sowohl mit Blick auf die Anzahl der Rennen als auch auf die Anzahl der Renntage war es das längste Duell der Cup-Geschichte – mit Slingsby-Faktor.
Zu seiner dritten Auszeichnung zum Weltsegler des Jahres, die über eine Jury-Wahl und eine öffentliche Abstimmung ermittelt worden war, sagte Tom Slingsby: “Ich fühle mich sehr geehrt, in dieser Position zu sein. Wenn ich diese Auszeichnung bisher gewonnen habe, dann nach einem Laser- oder Motten-Weltmeistertitel, aber dieses Mal ging es nur um das Segeln mit Teams.”
Zum America’s-Cup-Gipfelsturm mit den Amerikanern im kommenden Jahr kündigte Tom Slingsby lächelnd an: “American Magic hatte bisher eine harte Reise mit seiner America's-Cup-Kampagne, aber es fühlt sich so an, als ob wir wirklich ein neues Kapitel aufschlagen. Und es gibt wirklich aufregende Dinge, die kommen werden.” Slingsbys Meisterleistungen beinhalten die Team-Erfolge mit dem Australia SailGP Team: “Da trete ich mit einigen meiner ältesten und besten Freunde an. Ich bin so glücklich, mit ihnen segeln zu können. Ich wäre nichts ohne diese Jungs hinter mir.”
Rekordsieger der Wahl zum Weltsegler des Jahres bleibt vorerst Sir Ben Ainslie, der seit 1998 viermal gekürt wurde. Als einziger deutscher Segler wurde 1996 Jochen Schümann nach dem Gewinn seiner dritten olympischen Goldmedaille im amerikanischen Revier von Savannah ausgezeichnet. Die erste Wahl hatten 1994 Sir Peter Blake und Sir Robin Knox-Johnston gewonnen.
Zur Rolex-Weltseglerin des Jahres 2023 wurde die Südafrikanerin Kirsten Neuschäfer gewählt. Sie hatte sich als erste Frau in die Geschichtsbücher des Segelsports katapultiert, die das Golden Globe Race als Solistin gewann. Die Teilnehmer der Weltumsegelung mussten ohne moderne Technologie auskommen. Während ihres unwiderstehlichen Laufes rettete Kirsten Neuschäfer einen Konkurrenten. An der Ehrung für die Rolex-Weltsegler des Jahres in Malaga konnte sie nicht teilnehmen.
Vielen Dank an alle, die an mich geglaubt und mich angefeuert haben” (Kirsten Neuschäfer)
Die übermittelte Botschaft der 42-Jährigen aus Port Elizabeth kam trotzdem gut an. Kirsten Neuschäfer sagte: “Es ist schon eine unglaubliche Ehre, unter so erstaunlichen, gefeierten und ikonischen Seglerinnen nominiert zu sein. Diesen Preis aber zu gewinnen, diese Anerkennung durch eine so geschätzte Jury und durch die Öffentlichkeit zu erhalten, bedeutet mir so viel. Vielen Dank an alle, die an mich geglaubt und mich angefeuert haben.”
Zum Team des Jahres wurde Charly Enrights 11th Hour Racing gewählt. Die Amerikaner hatten im Sommer nach Stolperauftakt, starkem Comeback und dramatischem Finale das Ocean Race gewonnen. Für Skipper Charly Enright war es der erste Ocean-Race-Sieg, den er im Zielhafen Genua nach bewegender Achterbahnfahrt mit seiner Mannschaft feiern konnte.
Den 11th-Hour-Racing-Nachhaltigkeitspreis gewann in diesem Jahr das Magenta-Projekt. Die weltweit führende Kampagne zur Förderung von Frauen im Segelsport hat in den vergangenen vier Jahren mit neunmonatigen Mentoring-Programmen 150 Frauen dabei geholfen, ihre Karriere im von ihnen gewählten Segelbereich zu beschleunigen.
Zum Boot des Jahres wurden die neuen AC40-Racer gewählt, die im America’s Cup als Trainings-, Test- und Rennboote bei den Vorregatten Furore machen und bei den Seglern sehr gut ankommen. Die von den neuseeländischen Cup-Verteidigern entwickelten und von jeweils vier Akteuren gesegelten futuristischen Foiler könnten bald schon mit ihrer eigenen Rennserie Karriere machen. Sie werden im kommenden Jahr auch im Youth America’s Cup und im Puig Women’s America’s Cup eingesetzt, an dem zwei deutsche Teams teilnehmen.
Der President’s Development Award ging an die Andrew Simpson Foundation. Die Stiftung wurde im Gedenken an Olympiasieger und America's-Cup-Segler Andrew “Bart” Simpson gegründet, der im Alter von erst 37 Jahren am 9. Mai 2013 in San Francisco bei einem Trainingseinsatz mit dem schwedischen America’s-Cup-Team Artemis Racing ums Leben kam. Die Stiftung ist bestrebt, Leben durchs Segeln zu verändern. Die Stiftung arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt daran, eine vernetzte, zugängliche und integrative Gemeinschaft von Seglern auf der ganzen Welt aufzubauen und zu stärken.