Vendée GlobeClarisse Crémer wehrt sich gegen Betrugsvorwürfe – ”Ich habe nie geschummelt!”

Tatjana Pokorny

 · 15.02.2024

Hier kommt Clarisse Crémer im Dezember 2023 als Zwölfte der Solo-Regatta Retour à La Base ins Ziel
Foto: Anne Beaugé/Retour à La Base
Nach anonymen Betrugsvorwürfen zu Wochenbeginn hat nun Vendée-Globe-Skipperin Clarisse Crémer selbst öffentlich gemacht, dass sie die Beschuldigte ist. Die Anschuldigung war dem Präsidenten des französischen Seglerverbandes FFVoile per Mail zugegangen. Der Verband hatte daraufhin eine Untersuchung eingeleitet. Clarisse Crémer tritt den Vorwürfen empört entgegen, verneint jeden Regelbruch aufs Schärfste

Der Fall erschüttert die Segelwelt seit Wochenbeginn: Ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin – so hieß es zunächst – soll bei der Vendée Globe 2020/2021 betrogen haben. Diese Anschuldigung war einer anonymen Mail zu entnehmen, die mit Jean-Luc Denécheau der Präsident des französischen Seglerverbandes Fédération Française de Voile (FFVoile) erhalten hatte. Mehr als ein Dutzend Screenshots von einer Konversation zwischen zwei Seglern sollen den angeblichen Betrug belegen.

Der FFVoile-Präsident hatte daraufhin die Vendée-Globe-Rennleitung informiert und um die Bildung einer Jury gebeten, die den Fall prüfen soll. Das Verfahren ist angerollt. Weder der Mail-Absender noch die beschuldigte Person waren zunächst namentlich bekannt. Nun hat sich die französische Imoca-Seglerin Clarisse Crémer mit einem deutlich formulierten Statement selbst als Beschuldigte geoutet. Sie tritt den kursierenden Vorwürfen aufs Schärfste entgegen.

Clarisse Crémers steiniger Weg zum zweiten Vendée-Globe-Start

Clarisse Crémer hatte bereits Anfang 2023 im öffentlichen Clinch mit ihrem damaligen Sponsor Banque Populaire für weltweites Aufsehen gesorgt. Damals hatte die Französin darauf aufmerksam gemacht, dass der Wirtschaftspartner seiner im November 2022 Mutter gewordenen Profiseglerin die Gefolgschaft auf Kurs Vendée Globe 2024/2025 versagte. Als Grund wurden damals Clarisse Crémers fehlende Meilenqualifikation und die damit verbundenen schwachen Vendée-Globe-Startaussichten im Rahmen eines geänderten Reglements angegeben. Der Fall beschäftigte sogar Frankreichs Politiker.

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Später fand Clarisse Crémer neue Unterstützung beim Team um den britischen Weltumsegler Alex Thomson und mit L’Occitane en Provence einen neuen Sponsor. Nun muss sich die 34-jährige Pariserin im Kampf um die Teilnahme an der 10. Vendée Globe wieder wehren. Das tut die als Gesamt-Zwölfte erfolgreichste Skipperin der Vendée Globe 2020/2021 mit heftiger Entschlossenheit. In einem unter anderem am 15. Februar beim sozialen Netzwerk Facebook veröffentlichten Statement schreibt sie:

Ich habe nie geschummelt. Ich hatte nie die Absicht, während dieser 87-tägigen Weltreise eine Regel zu brechen”

“Ich möchte auf die jüngsten Anschuldigungen reagieren, die in den letzten Tagen gegen mich erhoben wurden. Ich habe von der Eröffnung einer Untersuchung der Fédération Française de Voile erfahren, die ich während der Vendée Globe 2020 mit meinem Mann (Redaktion: Tanguy Le Turquais) geführt habe.

Dieser Austausch fand auf meinem Bordhandy statt, das im Besitz meines ehemaligen Teams ist, das ich für alle zugänglich gemacht hatte, sobald ich an Land angekommen war. Ich habe nie geschummelt. Ich hatte nie die Absicht, während dieser 87-tägigen Weltreise eine Regel zu brechen.

Während unserer Gespräche, die hauptsächlich intim sind, gibt mir Tanguy nie Informationen, die ich nicht bereits hatte. Kein Gespräch mit ihm hat dazu beigetragen, dass ich meinen Kurs geändert oder eine strategische Entscheidung getroffen habe, die mein Rennen beeinflusst hätte. Ich habe immer alle meine Leistungsentscheidungen allein und ohne Unterstützung getroffen, gemäß den Regeln.

Drei Jahre nach dem Ende der letzten Vendée Globe kann man nur die Gründe und den Zeitpunkt dieser anonymen Offenlegung hinterfragen

Ich bin empört über das Echo, das anonyme Meldungen haben können. Ohne dass sich überhaupt Fragen über die regulatorischen Grundlagen oder den Kontext dieser Botschaften gestellt werden. Ich bin empört darüber, wie diese Screenshots zu voreiligen und falschen Schlussfolgerungen geführt haben, die die offiziellen Untersuchungen völlig überschreiten und uns bereits schaden.

Drei Jahre nach dem Ende der letzten Vendée Globe kann man nur die Gründe und den Zeitpunkt dieser anonymen Offenlegung hinterfragen. Wir behalten uns das Recht vor, gegebenenfalls Beschwerde einzureichen. Selbstverständlich stehe ich der Fédération Française de Voile und der Vendée Globe zur Verfügung, um unseren Austausch transparent zu analysieren.”

Hoffnung auf baldige Klärung

Der Fall wird die Gemüter bis zu seiner Klärung noch eine Weile erhitzen. Es bleibt zu hoffen, dass die von der Vendée Globe eingesetzte Jury ihre Prüfungsaufgaben gründlich und zügig wahrnimmt und die FFVoile entsprechend den Ergebnissen der Jury-Urteils baldmöglichst handelt und der unglücklichen Affäre mit Fakten ein Ende setzt. Unzweifelhaft ist, dass die über Frankreichs Grenzen hinaus populäre Seglerin Clarisse Crémer in ihrer Berufswelt nicht nur Freunde hat.


Crémer im Video

Hier berichtete die beste Skipperin der Vendée Globe 2020/2021 nach dem Fastnet-Rennen 2023 im Spätsommer über ihre Rückkehr in die Imoca-Klasse und ihre Pläne:


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