The Ocean RaceWill Harris – “Wir werden alles geben, was wir haben”

Tatjana Pokorny

 · 07.05.2023

"Malizia – Seaexplorer"-Etappenskipper Will Harris
Foto: Antoine Auriol/Team Malizia/The Ocean Race

Das Ocean-Race-Spannungsbarometer steigt. Das Etappen-Duell zwischen 11th Hour Racing und Team Malizia hält mit unverminderter Härte an. Drei Tage vor dem Finale in Newport führen die Amerikaner weiter knapp vor dem deutschen Boot. Rund 800 Seemeilen sind es noch bis ins Ziel der vierten Ocean-Race-Etappe

Das Duell zwischen Charlie Enrights US-Team 11th Hour Racing und Team Malizia bleibt heiß. Seit einer Woche liefern sich die beiden Mannschaften eine sehenswerte Schlacht um den Sieg auf der vierten Ocean-Race-Etappe. Daran hat sich auch zwei Wochen nach dem Start im brasilianischen Itajaí nichts geändert. Etwa 850 Seemeilen hatten die beiden Rivalen am Nachmittag des 7. Mai noch bis in den Ocean-Race-Hafen Newport zu meistern. Nur: Wer macht das Rennen?

Der Kampf ist noch nicht vorbei.” (Will Harris)

“Das 11th Hour Racing Team ist nur noch ein paar Meilen entfernt, und wir tun alles, was wir können, um es zu überholen”, kündigte Malizia-Skipper Will Harris an. “Der Kampf ist noch nicht vorbei. Wir sind sehr motiviert, bis zum Ende durchzuhalten. Und genau darum geht es in diesem Rennen manchmal: einfach noch ein bisschen mehr zu pushen. Wir werden alles geben, was wir haben, um sie in Newport zu schlagen.”

Die Wetter- und Windprognosen für die verbliebenen drei Tage bis zur Entscheidung sind mindestens als interessant zu bezeichnen: Ein schmales Tiefdruckgebiet wird voraussichtlich am Montag von Süden nach Norden über den letzten Kursabschnitt der vierten Etappe hinwegziehen. In seinem Rücken könnte sich rund um Newport eine bedrohlich flaue Zone entwickeln. Dazu engen mehrere Sperrgebiete rund um den amerikanischen Etappenhafen die Möglichkeiten der Ocean-Race-Flotte für eine ideale Ansteuerung der Ziellinie ein.

Da wird ein echtes Schlamassel mit Dingen serviert, mit denen wir umgehen müssen.” (Charlie Enright)

Wer diese vierte Etappe gewinnen will, der muss starke Nerven und ein gutes Händchen für die kommenden Hürden in die Waagschale werfen. Für diese Herausforderungen hat auch “Mālama”-Skipper Charlie Enright die uneingeschränkte Bereitschaft seiner Mannschaft signalisiert: “Wie wir in den letzten Tagen gesehen haben, geht es hier mit dem Vorsprung sehr schnell hin und her.” Der Anflug nach Newport sieht aus Sicht des Teams 11th Hour Racicing “recht kompliziert” aus, wie Enright erklärt: “Wir fahren gegen den Wind, es gibt eine Menge Druck und eine gewisse Zirkulation im Golfstrom. Da wird ein echtes Schlamassel mit einer Reihe von Dingen serviert, mit denen wir umgehen müssen. Aber wir werden damit umgehen und eine Lösung finden.”

Das Spitzenduell hält die beiden Top-Teams derart in Atem, dass die Zeit zu verfliegen scheint. Charlie Enright beschreibt das Gefühl: “Es ist kaum zu glauben, dass wir weniger als tausend Meilen vor uns und noch drei Tage zu segeln haben, aber so läuft der Hase. Das ist das Leben.” Die Berechnungen für die Ankunftszeit der beiden führenden Boote werden indessen immer konkreter. Aktuell wird mit den Spitzenreitern am 10. Mai (Mittwoch) um 4 Uhr morgens Ortszeit (10 Uhr deutscher Zeit) gerechnet. Aufgrund der beschriebenen Unwägbarkeiten muss es aber nicht dabei bleiben.

Team Biotherm ohne Fortune

Die jüngsten Schachzüge der beiden Rivalen im Kampf um den Etappensieg auf Ocean-Race-Etappe vier: Am frühen Sonntagnachmittag wendete das 11th Hour Racing Team nach Westen. Diese offensichtlich taktische Option soll das Boot voraussichtlich besser für das kommende Wetter positionieren, denn sie führt dazu, dass “Mālama” vom Westen leicht südlich segelt – auf dem Papier kostet das Meilen in Richtung Newport. Will Harris entschied sich dazu, auf der gleichen Linie zu folgen. Der Druck im segelnden Armdrücken im Nordatlantik bleibt bei nur vier Seemeilen zwischen den beiden Teams enorm hoch.

Mit etwa acht Stunden Rückstand auf das Führungsduo kämpfte Paul Meilhats Team Biotherm am Sonntag gleichzeitig weiter mit leichten Bedingungen. “Wir haben einfach nicht viel Wind”, sagt Alan Roberts, dessen Mannschaft sich erneut von spiegelglatter See umgeben sah. “Wir sind gerade an einer kleinen Front vorbeigefahren und haben jetzt ziemlich schwache Winde. Wir müssen die nordwestliche Brise erreichen, um voranzukommen, aber das ist ziemlich schwierig”, erklärte Ocean-Race-Novize Roberts.

Happy Birthday, Robert Stanjek!

An Bord von “Guyot” ging am dritten Sonntag der vierten Ocean-Race-Etappe Robert Stanjek ein Licht auf. Der Co-Skipper feiert an diesem 7. Mai seinen 42. Geburtstag. Am Tag zuvor hatte Navigator Seb Simon seinen 33. Geburtstag zelebriert. Die Wünsche beider “Guyot”-Akteure nach einem gelungenen Comeback in Folge des bitteren Aus auf der Königsetappe wurden allerdings bislang nicht erfüllt.

Das Guyot Environnement – Team Europe hatte die vierte Etappe zwar stark eröffnet und war zwischenzeitlich sogar bis an die Spitze vorgedrungen. Dann aber war die Trimmleine eines Foils gebrochen und hatte Skipper Ben Dutreux und sein Team weit zurückgeworfen. Während die Mannschaft trotzdem weiter um das bestmögliche Ergebnis kämpft und nicht aufgibt, gönnte sich Robert Stanjek zu seinem Ehrentag einen kurzen schönen Tagtraum.

Team Guyot bleibt im Finale in Lauerstellung

Auf die Frage nach einem Geburtstagswunsch sagte der Berliner Olympia-Sechste im Starboot von 2012 gegenüber YACHT online: “Meine Familie am Steg von Newport, Platz drei und ein kaltes Bier.” Ein kleines sportliches Geschenk gab es für Robert Stanjek schon jetzt: Seine Crew konnte zuletzt wieder Boden gutmachen und vor allem den Rückstand auf Team Biotherm verkürzen. 90 Seemeilen trennen die Teams bei etwas mehr als 1.000 Seemeilen bis ins Ziel. Damit ist auch dieses Duell um Platz drei alles andere als entschieden.

Man darf sicher sein, dass die bei der 14. Auflage des Ocean Race von technischen Problemen gebeutelte “Guyot”-Crew mehr als bereit sein wird, jede Chance zum Ein- und Überholen von Paul Meilhats Männern und Frauen zu nutzen.

Hier geht es zum jüngsten Rennreport aus der Ocean-Race-Zentrale in Alicante mit Kommentaren der Teams:

Lust auf eine Bootstour mit Rosie Kuiper? Willkommen an Bord von “Malizia – Seaexplorer”!