The Ocean RaceTeam Malizia im Dreikampf, Guyot-Comeback in Sicht

Tatjana Pokorny

 · 10.03.2023

Das Boot, dem Boris Herrmann nach der dramatischen Mast-Reparatur wieder "zu 100 Prozent" vertraut: "Malizia – Seaexplorer"
Foto: Antoine Auriol/Team Malizia/The Ocean Race

Auf See steigt die Spannung, an Land die Vorfreude auf den Wiedereinstieg. Drei Teams ringen hinter den Spitzenreitern auf der Ocean-Race-Königsetappe um die Punkte am ersten Wertungstor. Und: Team Guyot wird die Reparatur in Kapstadt schneller beenden als geplant

Zum Ende der zweiten Woche der “Monster-Etappe” gibt es lauter gute Nachrichten: Auf See steigt im Kampf um die ersten Punkte die Spannung. Fast Bug an Bug kämpfen Team Biotherm, das US-Team 11th Hour Racing und Team Malizia um die besten Platzierungen hinter der Spitzenreiterin “Holcim – PRB”.

Der führenden Mannschaft um Skipper Kevin Escoffier wird der Halbzeit-Sieg auf der Ocean-Race-Königsetappe nur noch schwer zu nehmen sein, obwohl das Feld Meile um Meile dichter zusammenrückt. Zwar ist der Vorsprung der Dominatoren inzwischen auf unter 120 Seemeilen geschmolzen. Doch sind es auch “nur” noch rund 1.340 Seemeilen bis zum wichtigen ersten Wertungstor.

Es winkt der erste Satz Punkte auf der doppelt gewerteten Königsetappe

An der imaginären Halbzeit-Ziellinie wird die Hälfte der Punkte auf dieser Marathon-Etappe vergeben. Die zweiten Punktpakete der doppelt gewerteten Etappe entlang der drei großen Kaps werden im brasilianischen Zielhafen Itajaì verteilt. Im Verdrängungsrennen zum Wertungstor hat sich am zwölften Tag der Etappe Team Malizia dazu entschieden, noch einmal tiefer in den Süden einzutauchen. Da trennten das heiß miteinander im Südpolarmeer tanzende Trio “Biotherm”, “Mālama” und “Malizia - Seaexplorer” keine 25 Seemeilen voneinander.

Die Imocas waren mit Spitzengeschwindigkeiten jenseits von 25 Knoten unterwegs. Die Teams profitieren bei moderatem Wellengang von wieder frischeren Winden um 20 Knoten und mehr. Die Meilen gleiten unter ihren Kielen jetzt schnell dahin. Bereits am Montag könnte das Zwischenziel am 143. Längengrad Ost vor Tasmanien erreicht sein. “Wir sind gerade am Ende des Indischen Ozeans und segeln in Kürze unter Kap Leeuwin hindurch”, berichtete “Biotherm”-Skipper Paul Meilhat, dessen französisches Team weiter den zweiten Platz verteidigte.

Bei Routine-Check entdeckt: Riss im Steuerbord-Ruder von “Mālama”

Was alle Verfolger von “Holcim – PRB” wissen: Aufholen mit guten Winden ist eine Sache, Überholen eine andere. Sollten die Jäger tatsächlich bis zum Wertungstor noch einmal in Schlagdistanz kommen, wird Team Holcim – PRB nicht drei Konkurrenten gleichzeitig decken können. Charlie Enright und sein 11th Hour Racing Team sind in dieser spannenden Schlussphase der ersten Halbzeit mit ihrem offensichtlich gut funktionierenden Ersatzruder als Jäger unterwegs.

Das Team hat ein Video veröffentlicht, in dem die Situation beschrieben wird, wie sie sich zu Wochenbeginn entwickelt hatte: Justine Mettraux hatte bei einem Routine-Check einen Riss an der Vorder- und Achterkante des Steuerbordruders entdeckt.

Hier geht’s zum Video der Austausch-Operation des Steuerbord-Ruders an Bord der “Mālama”:

Schnelle Reparatur in Kapstadt: “Guyot” fast wieder einsatzbereit

Schneller als erwartet, kann die Reparatur des acht Jahre alten Imocas vom Guyot Environnement – Team Europe beendet werden. Nach dem Öffnen des Rumpfes an der delaminierten Stelle wurden keine weiteren Schäden entdeckt. So kam das Team mit den Arbeiten auf der improvisierten Baustelle in Kapstadt überraschend zügig voran. Bereits heute kann die Yacht lackiert werden. Die Überführung nach Itajaí ist für Donnerstag kommender Woche (16. März) geplant, um möglichst früh vor dem Start der vierten Ocean-Race-Etappe am 23. April im brasilianischen Etappenhafen anzukommen.

“Die Reparaturen sind sehr gut vorangekommen. Das Team hat eine sehr gute, schnelle und solide Arbeit geleistet. Die Laminierarbeiten wurden am Donnerstag abgeschlossen. Jetzt werden noch ein paar Feinarbeiten ausgeführt, und der laminierte Bereich ist wieder in gutem Zustand. Dann können die Lackierer mit ihrer Arbeit beginnen”, berichtete “Guyot”-Skipper Benjamin Dutreux.

Der “optimistische Plan” hat funktioniert

Ab Montag wird Team Guyot damit beginnen, die Yacht wieder ins Wasser zu kranen, den Mast zu setzen und das Boot für die Überführung vorzubereiten. “Wir hatten einen optimistischen und einen pessimistischen Plan für die Reparaturarbeiten. Alles lief nach dem optimistischen Plan. Ich bin sehr stolz auf das gesamte Team und kann es kaum erwarten, nach Itajaí zu kommen und wieder ins Rennen einzusteigen”, so Dutreux. Ihm war die Erleichterung anzuhören, dass es beim Öffnen des Rumpfes keine weiteren bösen Überraschungen gegeben hat.

Entsprechend glücklich war Dutreux: “Sehr cool! Die Schäden beschränken sich auf den Bereich, den die NDT-Untersuchung ergeben hat. Wir haben das Nomex-Wabenmaterial entfernt, es durch Schaum ersetzt und den Bereich mit fünf Lagen Kohlefaser laminiert. Im Inneren wurde die Yacht zusätzlich verstärkt.” Als NDT-Untersuchung wird die sogenannte Zerstörungsfreie Prüfung industrieller Kunststoffschäume bezeichnet. Der englische Begriff hinter dem Kürzel: Non-destructive Testing (NDT).

Die Crew für die “Guyot”-Überführung von Kapstadt nach Itajaí bilden Sébastien Simon und der Berliner Phillip Kasüske aus dem Segelteam, Jimmy le Baut und Clovis Gautier vom Technikteam und An-Bord-Reporter Charles Drapeau.

Auch heute stellen wir eine starke Ocean-Race-Akteurin etwas näher vor: Rosalin Kuiper, eine der Heldinnen der Mast-Reparatur, im Gespräch mit Team Malizias An-Bord-Reporter Antoine Auriol:

Zum Träumen beim Titel “Nothing but the Stars” von Luca Francini noch diese imposanten Segelbilder von Paul Meilhats “Biotherm”: