The Ocean RaceTeam Malizia führt knapp vor Holcim – PRB mit Sanni Beucke

Tatjana Pokorny

 · 10.02.2023

"Malizia – Seaexplorer"-Skipper Will Harris und Rosalin Kuiper raparieren den Watermaker über Nacht
Foto: Antoine Auriol/Team Malizia/The Ocean Race

Viele Ocean-Race-Beobachter hatten sich am am Vorabend erschreckt: In Führung liegend, hatte Boris Herrmanns Team Malizia gehalst, musste hinter den Rivalen durchgehen und war zunächst auf Rang drei zurückgefallen. Am Morgen danach erwies sich das Manöver jedoch als gute Investition. Auch das “Guyot”-Team konnte seine großen Rückstand erheblich reduzieren. Die große Frage bleibt: Welches Team findet die beste Brücke über das flaue Windfeld und holt den Etappensieg?

Die Zwischenstände auf Ocean-Race-Etappe zwei am Morgen des 10. Februar um 9 Uhr deutscher Zeit: Team Malizia führte ganz knapp vor dem Schweizer Team Holcim – PRB und Charlie Enrights US-Team 11th Hour Racing. Gut zu erkennen ist, dass die Flotte jetzt die Leichtwindzone erreicht hatFoto: Screenshot/The Ocean Race
Die Zwischenstände auf Ocean-Race-Etappe zwei am Morgen des 10. Februar um 9 Uhr deutscher Zeit: Team Malizia führte ganz knapp vor dem Schweizer Team Holcim – PRB und Charlie Enrights US-Team 11th Hour Racing. Gut zu erkennen ist, dass die Flotte jetzt die Leichtwindzone erreicht hat

Es ist alles angerichtet für ein dramatisches Finale auf Etappe zwei im Ocean Race: Die fünf Teams haben sich bei der Ansteuerung des flauen Windbandes vor Kapstadt vorerst in ihre Wunschpositionen begeben. Dafür hatte Team Malizia am Nachmittag des 15. Februar noch einmal gehalst und zunächst so stark an Boden verloren. dass die Fans sich in den Sozialen Netzwerken besorgt äußerten. “Malizia – Seaexplorer” fiel um mehr als 40 Seemeilen auf Rang drei zurück. Am Morgen danach aber haben Skipper Will Harris, Nico Lunven, Yann Eliès und Rosalin Kuiper eine knappe Führung zurückerobert.

Will Harris: “Es wird eine Zitterpartie bis zum Schluss”

Gegenüber YACHT online erklärte Will Harris am Freitagmorgen die jüngsten strategischen Bewegungen der “Malizia – Seaexplorer”: “Wir sind gestern nach Süden gehalst, weil wir als erstes Boot auf die leichten Winde getroffen sind. Zu dem Zeitpunkt lagen wir nördlich der Konkurrenz. Wir wollten nicht ohne Fluchtmöglichkeit in die Falle der leichteren Wind gehen. Nico hat entschieden, dass wir am besten nach Süden gehen. Dafür mussten wir halsen und hinter der Konkurrenz durchgehen. Das war interessant… Dadurch trafen wir nun später auf die leichteren Winde als die anderen. Wie Ihr heute Morgen sehen konntet, hat sich das ausbezahlt. Wir lagen heute morgen vor ihnen, obwohl wir gestern hinter ihnen durch mussten. Aber jetzt kommen wir alle wieder in die leichten Winde. Und wir als Erste. Ihr könnte also davon ausgehen, dass uns die anderen über den Tag wieder sehr nahekommen. Das wird eine Zitterpartie bis zum Schluss.”

Weil sich nun aber zusätzlich von Süden ein kleines Windfeld in die Flautenzone schiebt, könnte Team Malizia davon als erste Mannschaft profitieren. Es könnte sich als mögliche Brücke über windarme Zone auf Kurs Ziellinie vor Kapstadt erweisen. Der genaue Verlauf ist jedoch nur schwer zu berechnen. In der Zwischenzeit hat das am Vortag noch rund 400 Seemeilen zurückliegende Guyot Environnement – Team Europe seinen Rückstand auf rund 260 Seemeilen stark verkürzt. Ob es in den vorausliegenden flauen Bedingungen noch einmal zum Angriff reicht, bleibt abzuwarten.

Charlie Enright: “Es wird gelten: als Erster rein, als Erster raus”

Charlie Enright, Skipper des am Freitagmorgen drittplatzierten US-Teams 11th Hour Racing, sagte: “Wir segeln auf einer nordöstliche Flugbahn in Richtung Kapstadt. Auf dem Weg werden wir auf auf eine Art Flautenwand stoßen werden, und die ganze Flotte wird sich zusammenziehen. Wir werden auf der Hut sein müssen, denn es wird gelten: Als Erster rein, als Erster raus. Wir könnten eine Zeit lang herumdümpeln und jeder könnte jeden überholen. Dann werden wir diese Etappe mit einem zermürbenden 100-Meilen-Küstenrennen beenden. Wir müssen bis zum Ende frisch bleiben."

Die Aufgabe ist schwer, denn den Crews stecken schon gut zwei Wochen harte Arbeit auf See in den Knochen. Zuletzt fanden viele Segler und Seglerinnen auf der Buckelpiste in den “Rouring Fourties” der Vierziger Breitengrade bei brutalen Bootsbewegungungen und konstant Diese Etappe war bereits zermürbend. Und da sich die voraussichtliche Ankunftszeit um zwei oder drei Tage verzögert, haben die Teams nur noch wenig Proviant. Schon seit einigen Tagen sind die Vorräte rationiert, was die physische und psychische Belastung in den letzten Tagen noch einmal erhöht. Boris Herrmann erwartet sein Team Malizia in Kapstadt. Sein auf Etappe eins verbrühter Fuß ist kuriert.

Boris Herrmann: “Die Besten sind am Ende immer vorne”

Wie gut es um die Nervenstärke seiner Crew bestellt ist? “Sie sind super nervenstark. Vor allem Will!”, sagte Herrmann mit Blick auf die anstehenden schweren Aufgaben. Auf die Frage, wie viel navigatorisches Können und wie viel Glück bei der Durchquerung der Leichtwindzone nach Kapstadt für das beste Durchkommen nötig seien, sagte Herrmann: “Die Besten sind am Ende immer vorne.”