The Ocean RaceTeam Malizia fordert Holcim – PRB zum Spitzenduell

Tatjana Pokorny

 · 15.03.2023

Team Holcim – PRB rang am 16. Tag auf See mit Team Malizia um die Führung auf der Königsetappe
Foto: Julien Champolion/polaRYSE/Team Holcim-PRB/The Ocean Race

Erstmals muss sich das führende Team Holcim – PRB im Südmeer einer starken Attacke von Team Malizia erwehren. Auf der Ocean-Race-Königsetappe hatte Boris Herrmanns Team Malizia den Rückstand auf die Dauerspitzenreiter nach herausragenden Etmalen an Tag 17 auf See auf nur noch zwölf Seemeilen verkürzt. Das Feld ist zwischen Neuseeland und der Antarktis wieder näher zusammengerückt

In den “Furios Fifties” liefert sich das Ocean-Race-Quartett nach zweieinhalb Wochen auf See packende Speedrennen. Vor allem Boris Herrmanns Team Malizia, das zuletzt mit der schnellsten 24-Stunden-Durchschnittsgeschwindigkeit (21,4 Knoten) nahe der Rhumbline beim 51. Breitengrad Süd nach Osten segelte, machte Druck auf die führende “Holcim – PRB”. Im selben Zeitraum kamen die Dauer-Spitzenreiter etwas südlicher beim 53. Breitengrad Süd nur auf einen Schnitt von 17,9 Knoten. Auch die Verfolger auf “Biotherm” (Schnitt: 19,2 Knoten) und die mit Großsegelriss gehandicapte, aber immer noch erstaunlich schnelle “Mālama” (Schnitt: 20,2 Knoten) konnten ihren Rückstand auf das Schweizer Team Holcim – PRB verringern.

Boris Herrmann: “Wir wollen diese Etappe so unbedingt gewinnen”

Erst am Vortag hatte Boris Herrmann in seinem neuen, hörenswerten Podcast “End of Watch” in der jüngsten Episode “Give everything” (dt.: Alles geben) im Gespräch mit Crew-Kameradin Rosalin Kuiper gesagt: “Wir wollen diese Etappe so unbedingt gewinnen.” Hier geht es zum Podcast mit Boris Herrmann und Rosalin Kuiper.

Bei noch rund 6.500 Seemeilen bis ins brasilianische Itajaí zeigt der aktuelle Vorstoß die Entschlossenheit von Team Malizia und einmal mehr die guten Segeleigenschaften der “Malizia – Seaexplorer” in den Bedingungen, für die sie gemacht wurde. “Ich habe das Boot für den Süden gebaut, um besser und sicherer durch diese Wellen zu kommen”, sagte Boris Herrmann YACHT online. “Das hat sich in den letzten Tagen endlich bewahrheitet. Wir mussten etwas darauf warten …”

Team Biotherm gefordert: Riss im Längsstringer

Während die Boote auf der Southern-Ocean-Autobahn nach Osten rasen, haben alle Teams mit Bruch und Reparaturarbeiten zu kämpfen. Auf “Malizia – Seaexplorer” sind die Großbaustellen aktuell im Griff, doch 11th Hour Racings “Mālama” kann bei riesigem Riss im Großsegel nur im ersten Reff agieren. Auf “Biotherm” hat Paul Meilhats Crew nach dem Passieren des Halbzeit-Wertungstors einen Riss in einem der Längsstringer der Bootsstruktur festgestellt. Paul Meilhat und Anthony Marchand haben den Schaden mit einigen Lagen Kohlefaser behoben.

Von Land aus beobachtet auch der Vendée-Globe-Zweite Charlie Dalin das Ocean-Race-Geschehen. Im Gespräch mit der Imoca-Klassenvereinigung sagte der “Apivia”-Skipper: “Es ist aufregend und gut, endlich das wahre Potenzial der Imocas mit ihren großen Foils zu sehen. Der 24-Stunden-Rekord wurde inzwischen mehrfach gebrochen. Das ist etwas, von dem ich wusste, dass es mit ‘Apivia’ erreichbar ist. Ich wusste immer, dass diese neuen Boote schnell sein können. Und ich glaube tatsächlich, dass die 600-Seemeilen-Marke in den richtigen Bedingungen erreichbar ist.”

Charlie Dalin: “Der Einrumpf-Rekord kann von einem Imoca erreicht werden”

Die neue 24-Stunden-Bestmarke für von Mannschaften gesegelten Imocas hält seit dem 11. März Kevin Escoffiers Team Holcim – PRB mit 595,26 Seemeilen. Der Rekord muss noch vom World Speed Sailing Record Council ratifiziert werden. Dalin erklärte: “Je schneller die Boote werden, desto besser müssen die geografischen Bedingungen für eine längere Strecke sein. Es wird also immer schwieriger, den Rekord zu brechen, weil die Bootsgeschwindigkeit weiterhin vom Seegang abhängt. Man braucht nicht so viel Wind. Man braucht konstanten Wind über eine lange Strecke und einen überschaubaren Seegang. Es ist ziemlich selten, dass all diese Faktoren zusammenkommen, um die erforderliche Geschwindigkeit zu erreichen.”

595 oder auch 600 Seemeilen sind zwar ein gewaltiger Sprung gegenüber dem alten Rekord (539 Meilen), doch Dalin glaubt, dass die neuen Imocas mit Blick auf die 24-Stunden-Distanz die gesamte Welt der Einrumpfboote beherrschen können. Der Franzose kann sich vorstellen, dass der 24-Stunden-Rekord für Einrumpfboote, der aktuell mit 618 Seemeilen vom 100-Fuß-Maxi “Comanche” gehalten wird, auch für die Imoca-Klasse in Reichweite liegt. “Ich denke, dass der Einrumpf-Rekord von einem Imoca erreicht werden kann”, sagte Dalin, während er die Videos der Teams von See intensiv studiert.

Lernen für die Vendée Globe 2024/2025

“Sie lernen dort viel beim Segeln mit Mannschaften, aber es ist nicht der gleiche Segelstil wie beim Solo-Einsatz”, sinnierte Dalin. Dennoch nutzt er das Ocean Race von Land wie ein Studium: “Ich investiere natürlich viel Zeit, mir die Videos und Berichte anzusehen, damit ich ein Gefühl dafür bekomme, was vor sich geht.” Der Grund liegt auf der Hand: 2024 tritt Dalin bei der Vendée Globe als Co-Favorit gegen jene Skipper an, die jetzt mit Teams im Ocean Race ihre Neubauten im realen Härtetest optimieren können.

“Biotherm”-Skipper Paul Meilhat berichtet über die technischen Herausforderungen für sein Team, das auf engstem Raum wie auf einer Werft reparieren muss:

“Jetzt ist die Zeit zum Aufholen!” Team Malizias Co-Skipper Will Harris gab nach 16 Tagen auf See einen Überblick über das Geschehen: