The Ocean RaceSüßer Heimsieg für 11th Hour Racing, Malizia folgt mit Stolz

Tatjana Pokorny

 · 10.05.2023

Das US-Team 11th Hour Racing hat die vierte Etappe im 14. Ocean Race gewonnen
Foto: Sailing Energy/The Ocean Race

Das Spitzenduell der vierten Ocean-Race-Etappe ist entschieden: Charlie Enrights US-Team 11th Hour Racing hat das Kräftemessen auf Kurs in den eigenen Heimathafen gewonnen. Team Malizia kreuzte die Ziellinie vor Newport eine halbe Stunde später. Boris Herrmann gratulierte beiden Crews und sagte: “Ich bin total stolz auf mein Team!”

Für das US-Team 11th Hour Racing ist dieser Sieg doppelt süß: Die Crew um Skipper Charlie Enright hat nicht nur die vierte Ocean-Race-Etappe von Brasilien an die amerikanische Ostküste gewonnen. Der ersehnte erste Etappensieg kam für die vor Rennstart co-favorisierten, aber von Materialproblemen gebeutelten Amerikaner auch pünktlich auf Kurs in den eigenen Heimathafen Newport. “Mālama” kreuzte die Ziellinie am Abend des 10. Mai um 20.41 Uhr deutscher Zeit nach 17 Tagen, 2 Stunden, 26 Minuten und 41 Sekunden Tagen mit überglücklicher Crew.

Sie sind aus meiner Sicht Helden.” Boris Herrmann

Team Malizias Segel-Quartett um den britischen Skipper Will Harris kam 31 Minuten und 41 Sekunden später ins Ziel. Und das nach einer Etappendistanz von 5500 Seemeilen! Die beiden dominierenden Boote der vierten Etappe hatten sich zuvor in der zweiten Etappenhalbzeit einen abwechslungsreichen und spannenden Zweikampf mit 16 Führungswechseln seit dem 30. April geliefert. Boris Herrmann, der das Finale aus Hambur verfolgte, sagte: “Ich bin total stolz auf mein Team! Ob Erster oder Zweiter auf dieser Etappe – das ist kein Anzeichen dafür, wie das Rennen am Ende ausgeht. Jetzt wird es erst richtig spannend!”

Weiter sagte Boris Herrmann, der am 15. Mai wieder zu seinem Team in Newport stößt und sich auf den Start zur fünften Etappe ins dänische Aarhus freut: “Die Crew hat einen perfekten Job gemacht. Sie sind aus meiner Sicht Helden. Sie haben eine super gute Seemannschaft abgeliefert. Wir haben Sport auf hohem Niveau gesehen. Yachtsport, wie man dachte, dass es nur mit One-Design-Booten geht. Wir haben gesehen, dass sie bis zum Ende sehr dicht zusammen sind. Das gibt total Mut für die nächsten Etappen im Ocean Race.”

Die entscheidende Schlüsselszene im Kampf zweier ebenbürtiger Teams

Dass sein Team Malizia den Zweikampf mit 11th Hour Racing so knapp verloren hatte, verdross den 41-Jährigen nicht: “Die Jungs und Rosie sollen heute Abend ordentlich feiern. Und ab 21. Mai werden wir hart am Wind segeln und voll angreifen.” Auch Boris Herrmann sieht die Nacht zum 8. Mai als entscheidende Schlüsselszene im Kampf um diesen Etappensieg.

Da war Team Malizia unter Wolken hängengeblieben und hatte binnen weniger Stunden 25 Seemeilen verloren. Zwar gaben Will Harris, Rosalin Kuiper, Navigator Nico “The Brain” Lunven” und Christpher Pratt danach nie auf und kamen in der Flaute am finalen Vormittag noch einmal bis auf sieben Seemeilen an die Amerikaner heran. Doch mehr war im schließlich wieder auffrischenden Wind nicht drin, mit dem 11th Hour Racing dem umjubelten Heimsieg in Newport entgegen segelte.

Gedanken und gute Wünsche für Team Guyot

Als drittes Boot wurde Paul Meilhats Team Biotherm in Newport erwartet. Die im Gesamtklassement führenden Top-Favoriten vom Schweizer Team Holcim-PRB hatten die Etappe am 27. April mit Mastbruch aufgeben müssen. Das gleiche Schicksal ereilte später das französisch-deutsche Team Guyot, das seinen Mast in der Nacht zum Dienstag verloren hatte und dem Zielhafen unter Motor entgegen fährt. Ob und wann die Mannschaft nach dem schon zweiten Etappen-Aus wieder ins Rennen einsteigen kann, ist noch offen.

So gingen Boris Herrmanns Gedanken und gute Wünsche am Finaltag der vierten Etappe auch in Richtung Guyot Environnement – Team Europe. “Wir hoffen natürlich, sie wieder ins Rennen zu bekommen. Es wäre ein großer Verlust, das Team nicht im Rennen zu haben. Ich habe auch den Eindruck, dass ihr Ausscheiden wirklich Pech ist. Wir haben ja alle die gleichen One-Design-Masten. Das Schiff war sehr gut erprobt, sehr gut gewartet und sehr gut bedient von seiner Mannschaft. Die Segelfläche war auf ein Minimum reduziert, als der Mast brach. Deswegen bleibt abzuwarten, was da genau passiert ist.”

Man kann nicht schlussfolgern, dass die Imoca-Klasse instablie Masten hat.” Boris Herrmann

Team Malizias Gründer und Skipper sagte weiter: “Es klingt nicht so, als hätten die ganz hart gepusht. Waren es ganz extreme Seebedingungen oder ist irgendein dummer Materialfehler dazwischengekommen? Man kann aber aus den beiden Mastbrüchen dieser Etappe nicht schlussfolgern, dass die Imoca-Klasse instabile Masten hat und es da ein grundsätzliches Problem gibt. Das sind einfach statistische Abweichungen – eine Anomalie – dass wir hier zwei Mastbrüche auf einer Etappe haben. Zum Leidwesen vor allem von Guyot. Was mir unheimlich leid tut.”

Boris Herrmann bezeichnete das erneute Etappen-Aus für Team Guyot mit Blick auf Co-Skipper Robert Stanjek und Phillip Kasüske auch als “Verlust für die deutsche Fangemeinde” und sagte, er hoffe, dass “es sich wieder einrenken lässt”. Vorerst jedoch müsse die Mannschaft erst einmal sicher an Land kommen. “Dort oben im rauhen Nordatlantik”, so Herrmann über die mastlose Imoca auf Kurs Newport, “da möchte ich jetzt nicht an deren Stelle sein.”

Ein Ocean-Race-Zwischenstand, der neue Spannung bringt

Die Ergebnisse der vierten Etappe bringen neue Spannung ins Ocean Race: Team Holcim-PRB verteidigt die Führung trotz Etappen-Aus mit 19 Punkten vor den punktgleichen Teams 11th Hour Racing und Malizia (beide 18) auf den Plätzen zwei und drei. Es folgen im Zwischenklassement nach vier von sieben Etappen Team Biotherm (13) und dem Team Guyot (2). Die fünfte und doppelt gewertete Transatlantik-Etappe ins dänische Aarhus startet am 21. Mai.

Hier geht es zu Team Malizias Live-Übertragung vom Finale der vierten Etappe: