Tatjana Pokorny
· 06.02.2023
Wer hätte das in der vergangenen Woche gedacht: Team Malizia hat auf Etappe zwei im Ocean Race am zwölften Tag die Führung übernommen. Vergessen sind die mehr als 200 Seemeilen Rückstand und die Foil-Probleme der letzten Tage. Jetzt kann die Crew um Skipper Will Harris die Starkwindstärken der “Malizia – Seaexplorer” voll ausspielen. Dazu eine aktuelle Prognose von Boris Herrmann
In den Fan-Gruppen in den sozialen Netzwerken brach am Montagnachmittag spontaner Jubel aus, als Team Malizia am Nachmittag des 6. Februar in Führung ging. Lange hatten die Mannschaft und ihre Anhänger darauf warten müssen. Bei mehr als 200 Seemeilen Rückstand hatte Team Malizia zwischenzeitlich stark zu kämpfen. Jetzt ist das Comeback da. Nach beharrlicher Westpositionierung ist es Skipper Will Harris, Navigator Nico Lunven, Rosalin Kuiper und Yann Eliès mit gutem Timing gelungen, optimal auf den schnellen Zug nach Osten aufzuspringen.
Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu rund 25 Knoten und 18 Knoten im jüngsten 24-Stunden-Durchschnitt jagte “Malizia – Seaexplorer” in den vergangenen beiden Tagen die Konkurrenz. Zum Wochenbeginn wies der Tracker den Imoca unter deutscher Flagge erstmals um 15 Uhr als Spitzenreiter aus. Eine Stunde später war der Vorsprung vor Kevin Escoffiers Team Holcim – PRB mit Susann Beucke bereits von 0,9 auf 3,1 Seemeilen gestiegen.
Und Team Malizia drückte das Gaspedal in Winden um 17 bis 20 Knoten weiter durch, nutzt ein kleines Tief für den Ritt in Richtung südafrikanischer Küste. Zuletzt hatte “Malizia – Seaexplorer” 435 Seemeilen in 24 Stunden absolviert. “Das ist so cool! Es ist magisch, wenn man bedenkt, dass wir mehr als 200 Seemeilen Rückstand hatten. Wir sind so glücklich, diese Ergebnisse zu sehen”, freute sich die niederländische Malizia-Seglerin Rosalin Kuiper.
Bis zur viertplatzierten “Biotherm” von Paul Meilhat lagen die Boote auf der zweiten Ocean-Race-Etappe bei knapp unter 2.000 Seemeilen bis zur Ziellinie vor Kapstadt eng beieinander. Team Malizia und Team Biotherm trennten am Montagnachmittag nur 35 Seemeilen. Allein das Guyot Environnement – Team Europe ist stark zurückgefallen. Der Berliner Skipper Robert Stanjek und die deutsch-französische Crew mit Navigator Seb Simon, Anne-Claire le Berre und Phillip Kasüske hatten am Montagnachmittag 245,5 Seemeilen auf Team Malizia gutzumachen. Der zweite Versuch, den Kurs nach Kapstadt im Flautenband mit östlicher Positionierung abzukürzen, war nach hinten losgegangen. Der zerplatzte Spinnaker hatte das “Guyot”-Team zusätzlich belastet.
Entschieden ist der Kampf um die Podiumsplätze auf Etappe zwei aber nach etwa zwei Dritteln der Strecke noch lange nicht. Die Teams erwartet auf dieser wechselvollen zweiten von sieben Ocean-Race-Etappen voraussichtlich noch mindestens eine Flautenprüfung auf Kurs Kapstadt. Nach wie vor ist davon auszugehen, dass die Boote tief in den Süden eintauchen werden, um sich der südafrikanischen Hafenmetropole möglichst aus Süden zu nähern. So wollen sie dem Flautenband besser begegnen, das sich entsprechend einigen Prognosen vor dem Ziel ausbreiten könnte.
Für YACHT online gab Boris Herrmann, der seinen verbrühten Fuß in Kapstadt auskuriert und sein Team dort erwartet, eine aktuelle Prognose für die kommenden Tage ab: “Jetzt geht es weiter mit Kaltfronten und Tiefdruckgebieten richtig in den Southern Ocean. Es wird kalt! Wir werden an die Eisgrenze ransegeln. Das wird also eine richtige Southern-Ocean-Woche. Mit der Ankunft der Boote wird momentan am 11. oder 12. Februar gerechnet. Der Proviant muss rationiert werden. Es wird jetzt also ein bisschen Southern-Ocean-Feeling geben in den nächsten Tagen. Die Temperaturen gehen vielleicht auf 15 oder sogar zehn Grad runter. Das kann man auf der Datenbank auf unserer Team Website sehen.”