The Ocean Race“So eine Erleichterung!” – Malizia ist zurück im Rennen

Tatjana Pokorny

 · 03.03.2023

"Malizia – Seaexplorer"-Skipper Boris Herrmann optimistisch auf dem Ausleger
Foto: Antoine Auriol/Team Malizia/The Ocean Race

Nach Will Harris’ Heldentaten am Vortag hat am Freitag Rosalin Kuiper die schwerste Arbeit im Reparaturmarathon für Team Malizia erledigt. Zweieinhalb Stunden kämpfte und arbeitete die Niederländerin nonstop im 28 Meter hohen Mast. Lohn der insgesamt zwei Tage währenden Aktion auf Etappe drei im Ocean Race: “Malizia – Seaexplorer” ist zurück im Rennen

Boris Herrmanns Team Malizia kann das Gaspedal auf der Königsetappe im Ocean Race wieder durchdrücken. Der Crew scheint der fast zwei Tage währende Reparatureinsatz offenbar gelungen zu sein. Eine erste Überprüfung der Arbeit am Freitag durch Rosalin Kuiper zeigte, dass die Chancen für ein Weitersegeln der deutschen Rennyacht nach dem vollständigen Aushärten der reparierten Fläche gut stehen.

Co-Skipper Will Harris hatte im Zusammenspiel mit der Mannschaft und dem Technik-Team bereits am Donnerstag mehrere Stunden lang die Schadenstelle um den 30 Zentimeter langen Riss im Mast angeschliffen, vorbereitet und die Kohlefasergelege auf den Mast aufgebracht. Die gefährliche Mission überstand der Brite übersät von Kohlestaub und mit blauen Flecken am ganzen Körper. Boris Herrmann, der die Reparaturen koordinierte, hatte gesagt: “Es braucht viel Mut, zu tun, was Will getan hat. Das ganze Team hat einen epischen Job gemacht. Jetzt können wir nur noch die Daumen drücken und abwarten, ob es gut geht.”

Wie eine fliegende Holländerin: Rosalin Kuiper mit neuem Mast-Rekord?

Am Freitag war es “Malizia”-Seglerin Rosalin Kuiper, die unterhalb des 40. Breitengrades Süd in 20 Knoten Wind den schwindelerregenden Arbeitsplatz von Will Harris übernahm. Die Niederländerin arbeitete zweieinhalb Stunden im 28 Meter hohen Mast, um die Reparaturmaßnahmen zu beenden, zu kontrollieren und Videos und Fotos zu machen. “Das muss ein neuer Rekord sein. So gut! Ich kann nicht glauben, dass sie das geschafft hat”, sagte Boris Herrmann anerkennend und dankbar.

Bei ihrem Einsatz klopfte Rosie Kuiper auch den Mast an der reparierten Stelle sorgsam ab, um zu hören, ob sich die Kohlefaserlaminate nach Plan mit dem Mast verbunden haben. Anhand der Bilder erfolgte eine erneute Rücksprache mit dem Technik-Team an Land. Dessen Empfehlung: Auf “Malizia – Seaexplorer” könne am Abend des 3. März wieder das Vorsegel gesetzt werden und das Boot volle Geschwindigkeit aufnehmen.

Rosie Kuiper war im Reparatur-Endspurt der weibliche MacGyver im Team Malizia

“Das ist so eine Erleichterung”, sagte Boris Herrmann an Tag fünf der laufenden dritten “Monster-Etappe”. Zu Rosie Kuipers weiteren Aufgaben beim Himmelskommando zählte das Aufriggen des Schlosses am Code-Zero-Fall. Der Code Zero war zwei Tage zuvor aus dem Nichts von oben gekommen. Dabei war auch der Riss im Mast entstanden. Diesen Job bezeichnete Rosalin Kuiper als “echte Herausforderung, weil wir das Fallenschloss verloren haben und das Fall durch das Schloss am Masttopp läuft und dann wieder am Mast hinunter”.

Das von Marine Rigging Services geleitete Rigging-Team an Land hatte Skipper Boris Herrmann und und Ocean-Race-Neueinsteigerin Rosie Kuiper zuvor erklärt, wie sie den Spigot (das einrastende Unterteil des Fallenschlosses) vom seltener verwendeten J4 umfunktionieren und mit dem Fall des Code Zero kombinieren können. Nachdem Boris die Maßnahme vorbereitet hatte, ging Rosie in den Mast, um die endgültige Befestigung vorzunehmen.

Doppelpass im Indischen Ozean: Rosie im Mast, Boris auf dem Ausleger

Um Rosie bei der Reparatur zu helfen, musste Boris auf den Ausleger klettern, um das Fall zur Seite zu halten und ihr einen besseren Winkel für die Reparatur zu ermöglichen. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Maßnahme kann das Team das Code-Zero-Fall nutzen, um daran die J0 hochzuziehen. Die J0 muss nun das größere, profiliertere Code Zero in einigen Bereichen ersetzen. Normalerweise wird ein J0 beim Vorwindsegeln in Winden um 20 Knoten eingesetzt.

Mit der vorerst beendeten Mast-Mission war die Aufgabenliste an Bord von “Malizia – Seaexplorer” aber noch nicht abgeschlossen. Das Team hat sich inzwischen etwas ausgeruht, die Segelpause aber auch genutzt, um weitere Ausrüstung zu reparieren. Nico Lunven und Boris Herrmann konzentrierten sich dabei auf die Reparatur der J2.

Boris Herrmann: “Es geht weiter! Wir sind nicht weit von 11th Hour Racing entfernt …”

Nico Lunven ließ das Team schließlich wissen: “Jetzt segeln wir wieder, die Reparatur scheint wirklich gut gelaufen zu sein, ich freue mich darauf, wieder zu navigieren und uns ins Rennen zurückzubringen!” Bei einem Telefonat mit Teamdirektorin Holly Cova hatte Boris Herrmann bereits am Mittag des 3. März gesagt: “Ich bin so glücklich, dass wir wieder segeln. Die Werkstatt ist aufgeräumt und die meisten Dinge an Bord sind repariert. Ich fühle mich so bereit für den nächsten Teil des Rennens. Es erfüllt mich mit Energie, wenn ich daran denke, was wir gerade mit dem gesamten Team erreicht haben. Ich bin bereit für den Rest dieser Etappe! Es geht weiter! Wir sind nicht weit von 11th Hour Racing und Biotherm entfernt und das Rennen ist noch lang!”

Angeführt wurde die Flotte auf der Königsetappe zu Beginn des sechsten Tages vom enteilten Schweizer Team Holcim – PRB. Mit knapp 600 Seemeilen Rückstand folgte Team Biotherm vor dem US-Team 11th Hour Racing. Team Malizia hatte am Freitagabend nur sechs Seemeilen Rückstand auf 11th Hour Racing. Auf dem Rückweg nach Kapstadt ist weiterhin das Guyot Environnement – Team Europe mit dem Berliner Co-Skipper Robert Stanjek. Das Boot hat einen Rumpfschaden und wird in Südafrika genau untersucht, bevor über die weitere Teilnahme am Ocean Race entschieden wird. Am Freitagabend hatte “Guyot” noch gut 200 Seemeilen bis nach Kapstadt zu absolvieren.

Das Finale beim Reparatur-Marathon auf “Malizia – Seaexplorer” seht Ihr hier: