The Ocean RaceQuartett in Lauerstellung, ”Neustart” im Südmeer

Tatjana Pokorny

 · 19.03.2023

Gute Laune an Bord von "Malizia – Seaexplorer" haben Boris Herrmann, Rosalin Kuiper, Antoine Auriol und Will Harris
Foto: Antoine Auriol/Team Malizia/The Ocean Race

Unglaublich, wie eng die Teams nach drei Wochen und Tausenden Seemeilen auf der Königsetappe im Ocean Race beieinanderliegen! An der Eisgrenze ringen sie auf Kurs Kap Hoorn nach rund 8.000 gesegelten Meilen teilweise in Sichtweite miteinander um jede weitere Meile nach Osten!

Eine frische Rasur, ein kleines Sonnenbad an Deck und eine weitgehend ruhige Fahrt der Imocas: Selten geht es beim Ocean Race in den “Furiosen Fünfzigern” des Südmeers so sanft zu wie zum Ende der dritten Woche auf der Königsetappe im Ocean Race. “Die Bedingungen sind nicht normal für das Revier, in dem wir uns gerade befinden”, sagt 11th Hour Racings Skipper Charlie Enright.

Eine Woche noch bis Kap Hoorn

Am 21. Tag auf See atmen die Mannschaften durch im tiefen kalten Süden der Welt. Als Quartett in Lauerstellung segeln die Crews teilweise in Sichtweite zueinander. Nur sechs Seemeilen trennten die gesamte Flotte am Sonntagmorgen um 9 Uhr deutscher Zeit. Die Mammut-Etappe des Ocean Race erlebt rund zwei Wochen vor ihrem Finale im brasilianischen Itajaí einen echten Neustart.

Die leichteren Bedingungen, die zur Kompression der Flotte geführt haben, lassen den Teams Raum für dringend benötigte Wartungs- und Reparaturarbeiten. Das gilt für Boote und Menschen gleichermaßen. Die Segler holen Schlaf nach und finden Zeit für ein paar persönliche Pflegeeinheiten. Zum Wochenbeginn wird wieder frischerer Wind erwartet. Mit der Kap-Hoorn-Passage wird zwischen dem 26. und dem 27. März gerechnet.

Unfassbar dicht liegen die vier Ocean-Race-Teams nach drei Wochen im Southern Ocean beieinander. Am Morgen des 19. März trennten sie nur sechs Seemeilen!Foto: Screenshot/The Ocean Race
Unfassbar dicht liegen die vier Ocean-Race-Teams nach drei Wochen im Southern Ocean beieinander. Am Morgen des 19. März trennten sie nur sechs Seemeilen!

“Das Hochdruckgebiet hat dafür gesorgt, dass wir alle zusammengerückt sind”, sagt Will Harris, “wir starten das Rennen quasi neu, was gut und schlecht ist. Wir können um die Führung kämpfen, aber gleichzeitig haben wir unseren Vorsprung auf die Verfolger verloren.” Boris Herrmanns Team Malizia hatte am Freitagabend für einige Stunden die Führung des Klassements übernommen. Nun aber haben wieder alle vier Teams gute Chancen, erfolgreich in die vierte Woche der Ocean-Race-Königsetappe zu starten.

Bevor es erneut zur Sache geht, schickten Boris Herrmann und Rosalin Kuiper ihren jüngsten Podcast “Nicknames” (dt.: Spitznamen) von See. Dem ist vor allem die gelöste Stimmung an Bord zu entnehmen. Der Skipper und die Holländerin geben Einblicke in ihre Segelwelt im Southern Ocean, berichten mit viel Spaß davon, wie An-Bord-Reporter Antoine Auriol seine Drohne zur Konkurrenz auf “Bio Boutique” schickte und Paul Meilhats Team mit Spaß an Deck auf den kleinen Filmdreh reagierte. Boris Herrmann erzählt heiter: “Es ist so ein Kontrast zu unserem Leben bislang. Wir sitzen an Deck. Es ist zwar sehr kalt, aber wir sitzen draußen in der Sonne. Es ist unglaublich!”

Funkspaß im Südpolarmeer: “Hallo Bio-Boutique, hier spricht der Malizia-Partybus”

Herrmann und Kuiper verraten, dass sie Team Holcim – PRBs Team und Skipper Kevin Escoffier nach ihrem Sponsor “Die Betonbauer” (Herrmann) und “Popeye, der Seemann” (Kuiper) nennen. Es bleibt sogar Zeit für einen kurzen Funkspaß: “Bio-Boutique, hier spricht der Malizia-Partybus, was gibt es heute bei euch zum Lunch? Und wie ist die Laune bei euch an Bord auf einer Skala von eins bis zehn?”

“Biotherm”-Seglerin Sam Davies funkt zurück: “Ich mache gerade den Lunch. Bei uns gibt es heute Grünes Curry mit Hühnchen. Ich bin gerade nach wirklich gutem Schlaf aufgewacht. Meine Laune heute ist eine Neun. Nur eine Neun, weil ich meine Haare noch nicht gewaschen habe. Sobald ich das gemacht habe, wird es eine Zehn sein.” Anschließend verrät Davies noch, dass sie an diesem Tag etwas vom Frischwasser an Bord zum Haarewaschen benutzen darf.

Voraussichtlich am 21. März wird die Flotte Point Nemo erreichen: den von jeglicher menschlicher Zivilisation am weitesten entfernten Punkt. “Man kann auf dem Planeten nicht weiter entfernt von allem anderen sein als an diesem Ort”, sagt Boris Herrmann. Der abgelegenste Ort der Welt befindet sich zwischen Chile und Neuseeland, jeweils knapp 2.700 Kilometer entfernt von Ducie Island, Moto Nui als Teil der Osterinseln und Maher Island in der Antarktis.

Das Ende der von Boris Herrmann als “sehr willkommene Ruhepause” bezeichneten Leichtwindphase ist bereits in Sicht. “Dieses Wochenende ist noch ruhig. Danach werden wir Gas geben”, kündigte Rosalin Kuiper an. Es wird mit Beginn der vierten Woche wieder zur Sache gehen im Wettrennen um die zweiten Punktpakete auf dieser doppelt gewerteten Etappe.

Wie eng es auf See zugeht, zeigt dieser Clip. “Flugkapitän” Antoine Auriol ließ am Samstag wieder seine Drohne los. Teamintern heißt er “The Titanic”:

Der Southern Ocean einmal anders: sonnig statt grau, sanft statt rau. Die Crews genießen diese Tage und zeigen das auch: