The Ocean RaceNervenschlacht am Kap der Guten Hoffnung

Tatjana Pokorny

 · 11.02.2023

"Malizia – Seaexploer"-Skipper Will Harris studiert die Prognosen | Antoine Auriol/Team Malizia/The Ocean Race

Kein Thriller-Autor hätte dieses Finale kreieren können: Auf Etappe zwei ringen die Teams kurz vor dem Zieldurchgang um jeden Meter. Bug an Bug streben sie bei ständigen Führungswechseln der Ziellinie vor Kapstadt entgegen. Einen Tag vor dem Showdown lagen nach mehr als 6.000 gesegelten Meilen vier Boote nur vier Seemeilen auseinander!

Einmal pro Stunde wird der Tracker für Etappe zwei im 14. The Ocean Race aktualisiert. Fast jedes Mal hat in der Nervenschlacht auf Kurs Kapstadt nun ein anderes Boot die Führung übernommen. Auf den letzten 250 Seemeilen bis in den Zielhafen am Kap der Guten Hoffnung ringen die Crews atemlos um jeden Meter. Die gute Nachricht für Fans: Ab heute (11. Februar) um 17 Uhr deutscher Zeit wird der Tracker für die letzten rund 24 Stunden umgestellt und alle fünf Minuten aktualisiert.

Am 17. Tag der zweiten Etappe im Ocean Race lagen die vier vorderen Boote nur noch vier Seemeilen auseinander. Besonders auffällig war dabei Paul Meilhats “Biotherm” unterwegs, die noch vor zwei Tagen mehr als 200 Seemeilen Rückstand nahezu egalisiert hat. Am Samstagmittag machte die französische Equipe mit nur noch vier Seemeilen Rückstand auf die Spitzenreiter vom US-Team 11th Hour Racing als nördlichstes Boot weiter Druck. Die Teams 11th Hour Racing und Holcim – PRB lagen so dicht beieinander, dass der Tracker nur ein Bootssymbol zeigen konnte.

Atemlos auf Kurs Kapstadt: Die Zwischenstände auf Etappe zwei am 11. Februar um 13 Uhr deutscher Zeit. Die besten vier Boote trennen nach mehr als 6.000 gesegelten Meilen nur vier Seemeilen!Foto: Screenshot/The Ocean Race
Atemlos auf Kurs Kapstadt: Die Zwischenstände auf Etappe zwei am 11. Februar um 13 Uhr deutscher Zeit. Die besten vier Boote trennen nach mehr als 6.000 gesegelten Meilen nur vier Seemeilen!

Auch das Guyot Environnement – Team Europe schiebt sich immer dichter an das Führungsquartett heran, das in leichteren Winden mit Geschwindigkeiten von drei bis neun Knoten am Samstag zunächst nur langsam vorankam. “Guyot”-Skipper Robert Stanjek und sein Team – vor wenigen Tagen noch mit 500 Seemeilen Rückstand fast aussichtslos unterwegs – hatten ihr Defizit nach schnellen Passagen einen Tag vor dem Kapstadt-Showdown auf 67 Seemeilen reduziert.

Will Harris: “Es ist unglaublich, wie eng es ist!”

In allen Teams beherrscht zum Wochenendbeginn nur eine Frage die Gedanken: Haben wir die richtige Spur nach Kapstadt gewählt? Boris Herrmanns “Malizia – Seaexplorer” lag am Samstag um 13 Uhr im Tracking nur eine Seemeile hinter dem führenden US-Boot.

“Malizia – Seaexplorer”-Skipper Will Harris sagte YACHT online: “Es ist unglaublich, wie eng es ist! Jetzt sind alle vier oder fast schon fünf Boote ungefähr gleich weit vom Ziel entfernt. Wir mussten alle unsere Strategie wählen, um durch den leichten Wind zu kommen. Wir haben unsere gewählt, die sich ein bisschen von den anderen unterscheidet. Das kann entweder bedeuten, dass wir die richtige Strategie gewählt haben und gewinnen, oder es kann bedeuten, dass wir die falsche Strategie gewählt haben und das Rennen verlieren.”

“Im Moment ist es sehr nervenaufreibend!”

Weiter sagte der 29-jährige Brite, den Boris Herrmann als “sehr nervenstark” bezeichnete: “Im Moment ist es sehr nervenaufreibend, weil wir nicht wissen, wo wir landen. Wir versuchen einfach, jedes bisschen Geschwindigkeit aus dem Boot herauszuholen, um durch den leichten Wind zu kommen und uns die beste Chance zu geben. Wir sitzen alle hier und drücken auch die Daumen. Es gibt nicht viel, was wir im Moment tun können, denn wir haben unsere Entscheidung getroffen. Wir müssen einfach sehen, wie es läuft. Wir sind froh, wenn wir in Kapstadt ankommen und sagen können, dass wir alles versucht haben, was wir konnten.”

An Bord von “Holcim – PRB” genießt Susann Beucke bei ihrer Ocean-Race-Premiere die hochspannende Schlussphase: “Ich bin es vom olympischen Segeln gewohnt, dass es bis zum Zieldurchgang spannend bleibt. Dass erst kurz vor der Zielgeraden entschieden wird, wer gewonnen hat oder Letzter wird. Das macht es spannender. Manche Teammitglieder an Bord würden die Ergebnisse sicher gern schon jetzt mehr in trockenen Tüchern wissen. Aber mir macht es Spaß, dass es noch so eng ist.”

Sanni Beucke: “Ich bin der festen Überzeugung, dass Team Holcim – PRB das Ocean Race gewinnen kann”

Die Olympia-Zweite von Japan verriet auch lächelnd: “Das Blöde ist, dass wir keine Schokolade mehr an Bord haben. Das macht manche Teammitglieder ein bisschen nervös an Bord.” Die Offshore-Senkrechtstarterin aus Strande sagte: “Aber ich habe mir noch Lakritz von zu Hause aufbewahrt. Und das bewahre ich mir ganz sicher in meiner Tasche und habe es dann für harte Momente immer griffbereit.” Über ihren französischen Skipper Kevin Escoffier sagte Beucke im Endspurt: “Kevin ist ein sehr erfahrener Segler und weiß einfach in jeder Situation, was zu tun ist. Deswegen vertraue ich ihm superdoll. Es ist ein toller Leader, weil er immer mit anpackt und immer mit vollem Herzen dabei ist. Es macht Spaß, mit ihm zu segeln.”

Susann Beucke bei ihrer Ocean-Race-Premiere im Team Holcim – PRBFoto: Georgia Schofield/polaRYSE/Holcim - PRB
Susann Beucke bei ihrer Ocean-Race-Premiere im Team Holcim – PRB

Eine Prognose zum Kampf um den Gesamtsieg im 14. The Ocean Race wagte Sanni Beucke auch: “Ich bin der festen Überzeugung, dass Team Holcim – PRB das Ocean Race gewinnen kann. Aus dem einfachen Grund: Weil wir richtig gut sind. Weil wir das Boot dazu haben, weil wir das Team dazu haben, weil wir die Motivation dazu haben. Und weil unser Song ‘Unstoppable” von Sia ist. Wer auf die Lyrics gehört hat: ‘I am a Porsche with no breaks …’ (dt.: Ich bin ein Porsche ohne Bremsen). Das ist Holcim – PRB!”