Tatjana Pokorny
· 11.03.2023
Das US-Team 11th Hour Racing hat auf Etappe drei im Ocean Race einen neuen Standard für das Mannschaftssegeln auf Imocas gesetzt. Charlie Enright und seine Crew segelten 586,36 Seemeilen in 24 Stunden! Der rasende Lauf gelang mit Ersatzruder
Noch muss die neue Bestmarke für Imoca-Crews vom World Speed Sailing Record Council (WSSR) ratifiziert werden. Aber sie sorgt jetzt schon für Staunen, denn der Sprung von der vorherigen Bestzeit zum neuen Rekord beträgt imposante 46,65 Seemeilen. Damit ist eine neue Ära eingeläutet. Die nächste Stufe der nun möglich erscheinenden 600 Seemeilen über 24 Stunden erscheint nicht mehr weit.
Schon in der Vorwoche hatte das US-Team 11th Hour Racing mit seinem Imoca “Mālama” 544 Seemeilen geschafft. Die Steigerung gelang jetzt auf der Königsetappe im Ocean Race sogar mit Ersatzruder, nachdem das Team in der vergangenen Woche einen Riss im Steuerbord-Ruder entdeckt und es ausgetauscht hatte.
“Der Rekord wird wahrscheinlich wieder von jemandem gebrochen werden, vielleicht sogar von uns selbst. Er ist ein unauslöschliches Zeichen, das für immer in die Geschichte eingehen wird. Aber Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden”, sagte Skipper Charlie Enright aus Newport. Gemeinsam mit Teamchef und Wegbegleiter Mark Towill hatte Enright bereits die Ocean Races 2014/2015 (Team Alvimedica) und 2017/2018 (Vestas 11th Hour Racing) mitgeprägt.
Der Imoca des US-Rennstalls 11th Hour Racing trägt ihren Namen “Mālama” mit Bezug auf die Herkunft von Teamchef Mark Towill. Der 34-jährige Amerikaner wurde auf Hawaii geboren und wuchs dort an der Ostküste von Oahu auf. In der hawaiianischen Sprache bedeutet “Mālama”, sich um etwas zu kümmern, etwas zu schützen und zu achten. Gemeint ist das Engagement des erfahrenen Teams für die Gesundheit der Meere. In diesem Fall hat sich die Crew mit Charlie Enright, dem britischen Top-Navigator Simon “Sifi” Fisher, der Schweizerin Justine Mettraux und Jack Bouttell äußerst erfolgreich um eine neue Bestmarke gekümmert.
Beim Wettrennen der vier Boote zum ersten Wertungstor drücken die Teams das Gaspedal aktuell stark durch. An der Spitze des Feldes hat Kevin Escoffiers Schweizer Team Holcim – PRB nach Tagen der Meilenverluste seinen Vorsprung wieder leicht ausgebaut. Am Morgen des 13. Tages der Ocean-Race-Königsetappe segelte “Holcim – PRB” der imaginären Halbzeit-Ziellinie vor Tasmanien etwa beim 48. Breitengrad Süd mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 30 Knoten entgegen. Die Eisgrenze im aktuellen Revier ist auf 50 Grad Süd abgesenkt, sodass die Crews den “Furious Fifties” ganz nahe kommen dürfen. Diese Möglichkeit nutzen sie.
Im Kampf um die maximalen Punktgewinne beim ersten Wertungstor vor Tasmanien hielten sich die Verfolger von Team Holcim – PRB nicht zurück. Fans erleben es so: Beim Anklicken eines der drei Jägerboote im Tracker war zum Wochenendbeginn immer wieder ein anderes das schnellste. Mal die aktuell zweitplatzierte französische “Biotherm”, mal das Rekordboot “Mālama”, aber immer wieder auch Boris Herrmanns “Malizia – Seaexplorer”. Nur rund 15 Seemeilen trennten die drei hartnäckigen Verfolger der enteilten “Holcim – PRB” am Samstagmorgen voneinander.
Am Morgen des 11. März hatte das Escoffier-Segelquartett nur noch weniger als 800 Seemeilen bis zum Wertungstor zu absolvieren. Gut 130 Seemeilen dahinter folgte “Biotherm” vor “Mālama” und “Malizia – Seaexplorer”. Die Hoffnung der Verfolger: Es ist voraussichtlich eine weitere, etwas leichtwindigere Passage zu meistern, die Team Holcim – PRB zuerst erreichen wird.