The Ocean RaceMalizias 24-Stunden-Rekord – kaum zu schlagen?

Tatjana Pokorny

 · 29.05.2023

Seit Etappe fünf im Ocean Race hält "Malizia – Seaexplorer" den 24-Stunden-Weltrekord für Einrumpfyachten. Hier ist Skipper Boris Herrmann auf seinem Boot zu sehen
Foto: Sailing Energy/The Ocean Race
Nach dem Showdown von Etappe fünf im Ocean Race bleibt Team Malizias imposanter 24-Stunden-Rekord Top-Thema im dänischen Etappenhafen Aarhus. Ein Blick auf die historische Rekordliste für Einrumpfyachten verrät, warum die Bestmarke so herausragt. Und Boris Herrmann erklärt, wie außergewöhnlich ideal die Bedingungen für die rauschende Fahrt der “Malizia – Seaexplorer auf diesem Transatlantik-Abschnitt im Ocean Race waren

Vor 30 Jahren war es die europäische “Intrum Justitia”, die eine damals fabelhafte 24-Stunden-Bestmarke im Ocean-Race-Vorgänger Whitbread Round the World Race setzte. Der britische Skipper Lawrie Smith und seine Crew kamen auf Etappe zwei von Punta del Este nach Fremantle bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 17,83 Knoten auf 428 Seemeilen – eine herausragende Distanz auf den damaligen Booten vom Typ Whitbread 60. Von den heutigen Höchstleitungen aber liegt sie weit entfernt.

Die 641,13 Seemeilen von Malizia sind eine Fabelwelt. Das ist ja mehr als ein Fastnet Race!” (Tim Kröger)

Der Hamburger Weltumsegler Tim Kröger war als Vorschiffsmann bei seiner Ocean-Race-Premiere Crewmitglied auf “Intrum Justitia” und erinnert sich: “24-Stunden-Rekorde sind immer etwas Besonderes. Unser Boot hat damals gerumpelt, es war nass, es war kalt. Aber die Erfüllung, einen solchen Rekord zu brechen, die ist gigantisch.” Die elfte Verbesserung der 24-Stunden-Distanz seit 1993 gelang nun 30 Jahre später Boris Herrmanns Team Malizia.

Tim Kröger sagt: “Die 641,13 Seemeilen von Malizia sind eine Fabelwelt. Das ist ja mehr als ein Fastnet Race! Irre, was diese Boote heute leisten. Absolut Chapeau an Boris und die Crew. Der Rekord wird wohl ein bisschen halten …” Was die neue Rekorddistanz von Team Malizia über die seglerische Leistung hinaus besonders macht, erklärte Boris Herrmann am Pfingstmontag bei der Siegerehrung für Ocean-Race-Etappe fünf auf der Bühne.

Historische Rekordbedingungen im Nordatlantik

“Es herrschten historisch einmalige Bedingungen: glatte See, perfekter Winkel. Das wird nie wieder in einem Rennen so sein.” Augenzwinkernd fügte der Hamburger “Malizia – Seaexplorer”-Skipper hinzu: “Dieser Rekord wird mindestens weitere 30 Jahre Bestand haben.” Um 22 Seemeilen hat Team Malizia den zuvor acht Jahre gültigen 24-Stunden-Einrumpfrekord des deutlich größeren Hundertfüßers “Comanche” überboten.

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Kurz vor den Malizianern war es auch schon Kevin Escoffiers Team Holcim – PRB mit 640,91 Seemeilen gelungen, die “Comanche”-Bestmarke von 618,01 Seemeilen aus dem Jahr 2015 zu überflügeln. Die Freude darüber währte aber auf “Holcim – PRB” keine 24 Stunden, weil gleich darauf Team Malizia im Nordatlantik eine noch etwas weitere Strecke gelang.

Auf der Liste der 24-Stunden-Einrumpfrekorde stehen in den vergangenen drei Jahrzehnten eine ganze Reihe namhafter Rennyachten mit prominenter Besatzung, deren Leistungen die Rekordentwicklung bezeugen:

  • 1994: “Intrum Justitia”, 64 Fuß, Lawrie Smith (GBR), 428 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 17,83 Knoten
  • 1997: “Toshiba”, 64 Fuß, Dennis Conner (USA), 434 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 18,1 Knoten
  • 1997: “Silk Cut”, 64 Fuß, Lawrie Smith (GBR), 449,1 Seemeilen, Speed-Durchschnit: 18,71 Knoten
  • 2002: “illbruck”, 64 Fuß, John Kostecki (USA), 484 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 20,16 Knoten
  • 2003: “MariCha IV”, 140 Fuß, Robert Miller (GBR), 525,7 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 21,9 Knoten
  • 2005: “Movistar”, 70 Fuß, Bouwe Bekking (NED), 530,19 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 22,09 Knoten
  • 2005: “ABN Amro One”, 70 Fuß, Mike Sanderson (NZL), 546,14 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 22,75 Knoten
  • 2006: “ABN Amro Two”, 70 Fuß, Sebastien Josse (FRA), 562,96 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 23,45 Knoten
  • 2008: “Ericsson 4”, 70 Fuß, Torben Grael (BRA), 596,6 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 24,85 Knoten
  • 2015: “Comanche”, 100 Fuß, Jim Clark/Ken Read (USA), 618,01 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 25,75 Seemeilen
  • 2023: “Holcim – PRB”, 60 Fuß, Kevin Escoffier (FRA), 640,91 Seemeilen
  • 2023: “Malizia – Seaexplorer”, 60 Fuß, Boris Herrmann (Hamburg), 641,13 Seemeilen, Speed-Durchschnitt: 26,71 Knoten

Geht es nach den Experten, ist die foilende Imoca-Generation mit diesen jüngsten 24-Stunden-Distanzen noch lange nicht am Ende ihrer Möglichkeiten. Yachtdesigner Guillaume Verdier sagte im Gespräch mit der Imoca-Klassenvereinigung auf die Frage, ob der aktuelle Rekord in absehbarer Zeit zu schlagen ist: “Sicher, ja. Gilt die Frage dem Zustand, in dem sich die Yachten heute befinden? Die Aerodynamik dieser Boote ist ziemlich besch…, um ehrlich zu sein. Es gibt vieles, das man tun kann, um sie zu verbessern.” Künftige Imoca-Generationen werden aus Verdiers Sicht zu noch dramatischeren Resultaten auf den Rennstrecken der Meere führen.

Boris Herrmann im Gespräch mit dem NDR über den 24-Stunden Weltrekord:

“Comanche”! Diese 100-Fuß-Rennmaschine hat den 24-Stunden-Rekord acht Jahre gehalten, bis nun die Imocas die Latte hochschraubten:

Hier geht’s zum Weltrekord-Clip von Team Malizia:

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