The Ocean RaceKieler Fly-by – Liebeserklärung an die Weltumsegler

Tatjana Pokorny

 · 09.06.2023

Heimspiel für Team Malizia
Foto: Sailing Energy/The Ocean Race
Das war ein Fest für alle Segelsinne: Der Kieler Fly-by der Ocean-Race-Flotte hat mehr als 25.000 Menschen an die Förde gelockt. Auf dem Wasser sorgten 2.000 Boote bei Kieler Kaiserwetter für eine Atmosphäre wie im America’s Cup. Boris Herrmanns Team Malizia und die Berliner „Guyot“-Segler wurden wie Helden gefeiert, auch wenn sie sich bessere Positionen an der prominenten Kieler Wendemarke gewünscht hätten.

Die Ufer waren dicht mit Fans besetzt. La-Ola-Wellen, Jubelschreie und laut dröhnende Schiffshörner sorgten an diesem Freitagnachmittag immer wieder für Gänsehautstimmung auf der Kieler Förde: Der Fly-by im Ocean Race war ein Fest für den Segelsport. Mehr als 25.000 Zuschauer strömten in den Ocean Live Park und säumten die Ufer entlang der Kiellinie. Mehr als 2.000 Boote auf der Förde sorgten für imposante Bilder und einen einzigartigen Empfang der Imocas. In meist leichten Winden kam die Flotte der Weltumsegler in die Innenförde gerauscht.

Vielen Dank an alle, die nach Kiel gekommen sind. Kiel hat sich von seiner besten Seite gezeigt.” Boris Herrmann

„Das war eine spektakuläre Passage, die uns unvergesslich bleiben wird – für uns alle hier an Bord. Vielen Dank an alle, die nach Kiel gekommen sind. Kiel hat sich von seiner besten Seite gezeigt, ein perfekt organisierter Fly-by. Die Fahrrinne wurde freigehalten, die Passage war sicher“, zog „Malizia – Seaexplorer“-Skipper Boris Herrmann vom Team Malizia nach dem schönen Schaulaufen in der Förde Bilanz.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Dass die Stippvisite für die Segler auch navigatorische Herausforderungen mit sich brachte, brachten das hohe Zuschaueraufkommen und die Enge des außergewöhnlichen Stadtkurses beim Einsegeln in die Innenförder mit sich. Boris Herrmann sagte: „Wir waren natürlich trotzdem angespannt bei dem böigen Wind, wo das Boot auch seine Geschwindigkeit so schnell ändert. Da hatten wir leider nicht sehr viel Zeit uns hinzustellen und den Fans zuzuwinken.“

Der Kieler Fly-by war ein ganz besonderes Highlight wie die Passage von Kap Hoorn.” Boris Herrmann

Seglerisch waren alle Crews im Fly-by zu höchster Konzentration gefordert. Boris Herrmann erklärte: „Wir waren sehr fokussiert auf das Einstellen und Manövrieren des Schiffes. Wir waren bis zum Anschlag gefordert mit zwei Seglerinnen und zwei Seglern bei uns an Bord. Wir sind jetzt nach der letzten Nacht ziemlich erschöpft, aber es hat schon total Spaß gemacht. Jetzt freuen wir uns auf die letzten Seemeilen rund Skagen und durch die Nordsee nach Den Haag. Da wollen wir gerne wieder ganz vorne dabei sein. Das wird jetzt schwierig, aber wir sehen, was wir noch machen können.“

Den Kieler Segelgipfel behält Boris Herrmann als einen der Höhepunkte des 14. The Ocean Race im Gedächtnis: „Das war ein ganz besonderes Highlight wie die Passage von Kap Hoorn.“ Dass sein Team in der ersten Etappennacht einigen Boden auf die vorderen Boote verloren hatte, erklärte der 42-jährige Hamburger in Kiel auch: „Wir hatten in der Nacht einfach nicht so ein glückliches Händchen, aber wir haben alles gegeben. Wir glauben, dass noch was drin ist für uns auf dieser Etappe und geben weiter alles.“

Trotz hinterer Plätze: stürmischer Jubel für die deutschen Ocean-Race-Segler

Als erste hatten die Ocean-Race-Spitzenreiter vom US-Team 11th Hour Racing die Wendemarke querab der Kiellinie gerundet. Es folgten das Schweizer Team Holcim-PRB und das französische Team Biotherm, bevor die deutschen Segler im Rennen trotz der hinteren Plätze vier und fünf stürmisch gefeiert wurden. Das Guyot Environnement – Team Europe rundete die Wendemarke mit den Berlinern Robert Stanjek und Phillip Kasüske knapp zehn Minuten vor Herrmanns Team Malizia.

Für Team Guyot ging mit der Rundung ein acht Jahre gehegter Traum in Erfüllung. So lange hatten der Berliner Teammanager und Musikproduzent Jens Kuhphal, Robert Stanjek und das Offshore Team Germany für ihre Teilnahme am Ocean Race gearbeitet. Im Zusammenschluss mit dem französischen Skipper Ben Dutreux und seiner Gruppe war das Guyot Environnement – Team Europe entstanden.

Das ist der i-Punkt des Rennens.” Robert Stanjek

Zweimal stand Team Guyot bei dieser 14. Auflage des Rennens um die Welt wegen eines Schadens am Rumpf auf der Kap-Hoorn-Königsetappe und des Mastbruchs auf Etappe vier vor dem Aus. Zweimal gelang das Comeback. Zuletzt dank gebündelter Kieler Kräfte mit einer intensiven Blitzreparatur auf der Kieler Werft Knierim Yachtbau.

„Wir haben dazu beigetragen, dass es die Wendemarke beim Kieler Fly-by gibt. Es durfte nicht sein, dass die anderen sie runden und wir nicht“, hatte Jens Kuphal vor dem Kieler Ocean-Race-Gipfel gesagt. Es herrschte Gänsehautstimmung an Bord von «Guyot», als sich der schwarze Rumpf um die weiße Tonne schob. „Das ist der i-Punkt des Rennens“, sagte Co-Skipper Robert Stanjek bei diesem Höhepunkt seines ersten Ocean Race.

Die Entscheidung im Kampf um den Gesamtsieg fällt erst auf Kurs Genua

Punkte wurden beim Schaulaufen der futuristischen Foiler in Kiel nicht vergeben. Die sechste und vorletzte Etappe führt das Feld nach Den Haag, wo die Boote bereits am Sonntag erwartet werden. Erst dort werden die Zähler an die Ocean-Race-Konten der Teams verteilt, bevor auf der finalen Etappe in den italienischen Zielhafen Genua die Entscheidung über den Gesamtsieg fällt.

21 Jahre nach dem ersten deutschen Triumph der „illbruck“ sind die Hoffnungen gesunken, dass mit „Malizia – Seaexplorer“ wieder eine Yacht unter deutscher Flagge siegen kann. Dabei hatte die im Ocean Race 2002/2002 erfolgreiche „illbruck“ die Flotte unter ihrem neuen Namen „Glashäger“ und im blauen Look von Aarhus nach Kiel begleitet. Den Erfolg von einst konnte sie aber zumindest auf dem ersten Drittel der sechsten Etappe nicht auf „Malizia – Seaexplorer“ übertragen.

Hier geht es zu den Höhepunkten vom Fly-by in Kiel:

Meistgelesen in der Rubrik Regatta