Tatjana Pokorny
· 02.05.2023
Boris Herrmanns Team Malizia hat im Ocean Race den Äquator ganz knapp vor 11th Hour Racing gekreuzt. Das Spitzenduell der beiden Teams prägt das Renngeschehen kurz vor der Halbzeit der vierten Etappe. Dabei sind die Doldrums fast schon gemeistert. Etappen-Skipper Will Harris berichtet …
Auch mit vier Booten bleibt es spannend im Ocean Race. Sportlich liegt es daran, dass sich Team Malizia mit Etappen-Skipper Will Harris und Charlie Enrights US-Team 11th Hour Racing seit Tagen ein atemloses Spitzenduell liefern. “Das beflügelt uns. Es ist so eng, dass wir ihnen beinahe einen Tennisball zuwerfen könnten”, berichtete Will Harris kurz nach dem Kreuzen des Äquators, den Team Malizia bei dieser 14. Ocean-Race-Edition ganz knapp vor den Amerikanern erreicht hatte.
Auch am Morgen des 2. Mai trennten das deutsche und das amerikanische Boot um 8 Uhr morgens deutscher Zeit nach mehr als 2.500 absolvierten Seemeilen nur eineinhalb Meilen. In den flaueren Winden des Kalmengürtels hat auch Paul Meilhats Team Biotherm Boden gutmachen und seinen Rückstand auf nur noch acht Seemeilen verkürzen können. Das Guyot Environnement – Team Europe, das mit einer gerissenen Trimmleine für ein Foil und der mühsamen Reparatur 200 Seemeilen zurückgefallen war, hatte an Tag neun der vierten Ocean-Race-Etappe noch 170 Seemeilen auf die Spitzenreiter aufzuholen.
YACHT online gegenüber zog Will Harris kurz nach der Rückkehr seines Teams auf die Nordhalbkugel eine positive Zwischenbilanz: “Ich glaube, wir haben es bislang wirklich gut gemacht, sind ein konstantes Rennen gesegelt. Wir waren zu keiner Zeit besonders langsam, sondern immer unter den schnellsten Booten. Auch haben wir keine großen Strategiefehler gemacht. Einmal sind wir zu Beginn unter einer Wolke hängen geblieben. Da ist uns aber das Comeback gelungen. Wir haben bislang ein sehr sauberes Rennen bestritten. Das hat uns wahrscheinlich hierher gebracht.” Den Äquator hatte Team Malizia am 1. Mai um 21.39 Uhr deutscher Zeit nach 8 Tagen, 3 Stunden, 24 Minuten und 57 Sekunden gekreuzt.
Wir wissen, dass 11th Hour Racing stark ist in solchen Bedingungen.” (Will Harris)
Die aktuell noch einmal flaue Doldrums-Phase in Winden um acht Knoten, so Harris, den das britische Regatta-Magazin “Seahorse” jüngst zum Segler des Monats kürte, halte etwas länger an als erhofft. “Sie ist fordernd. Wir dachten gestern, dass wir schon fast durch sind, doch die Modelle haben gezeigt, dass sie noch einmal zurückkommen. Entsprechend fordernd ist es aktuell. Alles, was wir tun können, ist, zu den Windgöttern zu beten und zu hoffen, dass wir die richtige Route gewählt haben.”
Gleichzeitig wuchs an Bord von “Malizia – Seaexplorer” die Vorfreude auf die nahenden Passatwinde. “Das wird schön mit konstanteren und stärkeren Winden”, sagte Harris. Die hatten wir auf dieser Etappe noch nicht so sehr oft. Also Reaching in mittleren bis starken Winden. Wir wissen, dass 11th Hour Racing ziemlich stark ist bei solchen Bedingungen. Wir sind glücklich darüber, dieses enge Duell mit ihnen zu haben, weil es uns nach vorn pusht. Ich bin mir sicher, dass es in den Passatwinden anhält.”
Mit Blick in die nahe Etappenzukunft sagte Will Harris: “In den kommenden Tagen steht eine ziemlich große Wetterentscheidung an. Darüber denken wir aktuell nach. Natürlich werden auch die anderen Teams ihre Entscheidungen fällen. Wir werden sie im Blick behalten. Diese anstehende Entscheidung wird wahrscheinlich den Etappenausgang bestimmen. Also sind die kommenden 40 Stunden von ziemlicher Bedeutung.”
Die Tatsache, dass Team Malizia im Fall eines Etappensieges die Gesamtführung im Ocean Race übernehmen könnte, spiele für die Entscheidungen seines Teams keine Rolle, sagte Will Harris. “Die Möglichkeit ändert nichts an unserer Motivation. Für uns ist es immer wichtig zu gewinnen. Wir segeln so gut wir können, um das zu erreichen. Natürlich wäre es sehr schön, die Nummer eins in der Gesamtwertung zu sein. Aber das beschäftigt uns nicht zu sehr. Und es ist auch nicht die Art, wie wir Holcim – PRB die Führung abjagen wollten – indem sie ihr Rigg verlieren. Das Streben nach dem besten Ergebnis ist immer Teil des Rennens.”
Wir müssen die Segel mit jeder Wolke trimmen.” (Will Harris)
Die aktuelle Arbeit an Bord beschreibt Will Harris als fordernd: “Wir müssen die Segel mit jeder Wolke trimmen. Unsere Wachen sind aktuell sehr aktiv. Wir versuchen, jedes Quäntchen Speed aus dem Boot herauszuholen. Der Wind ändert sich schnell, alle paar Minuten. Es ist ein harter Job, schnell zu bleiben.”