The Ocean RaceEine Kollision mit Verletzten und ein Fabelrekord

Tatjana Pokorny

 · 25.05.2023

11th Hour Racings "Mālama" führte die Flotte auf Etappe fünf an, als es zur Kollision mit einem Meeressäuger kam
Foto: Amory Ross/11th Hour Racing/The Ocean Race

Während Team Holcim – PRB eine neue 24-Stunden-Fabeldistanz gelang, mussten die fast so schnellen Spitzenreiter vom US-Team 11th Hour Racing einen Unfall vermelden. Die Crew auf “Mālama” aktivierte ihren Notknopf am Donnerstagabend nach einer Kollision mit einem nicht genau erkannten Meeressäugetier. Zwei Crew-Mitglieder wurden verletzt. Mit Update vom Morgen des 26. Mai

Der Alarm des US-Teams 11th Hour Racing erschütterte am Donnerstagabend die Rennleitung und die gesamte Flotte. Die Crew löste ihn um 17.41 Uhr deutscher Zeit nach der Kollision aus, bei der nicht klar war, ob es sich um ein Meeressäugetier oder eine Megafauna handelte.

Kollision bei fast 30 Knoten Speed

Der Unfall ereignete sich im mittleren Nordatlantik auf 52° Nord 35° West, etwa 750 Seemeilen vor der Küste von Neufundland. 11th Hour Racings Imoca “Mālama” segelte mit 29 Knoten bei einer Windgeschwindigkeit von 28 Knoten und mehr in Rekordbedingungen auf Kurs Europa.

Durch den plötzlichen Aufprall wurden die Segler nach vorn geschleudert. Dabei hat sich der französische Vendée-Globe-Zweite und Trimmer Charlie Dalin vermutlich eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen. Der amerikanische An-Bord-Reporter Amory Ross hat sich an der Schulter verletzt.

Gehirnerschütterung, Schulterverletzung und ein Sicherheitscheck

Das Team hat schnell Kontakt zu Rennarzt Dr. Spike Briggs aufgenommen, der via Satellitentelefon mit den Seglern an Bord sprechen konnte. Der erfahrene Mediziner, der auch Boris Herrmann nach seiner Fußverbrühung beriet, hat Schmerzmittel, Bettruhe und viel Trinken verordnet und beobachtet die Situation genau. Beiden Seglern gehe es laut einem Statement des Teams den Umständen entsprechend gut. Ihre Angehörigen wurden informiert.

Die Besatzung, so heißt es im Statement von 11th Hour Racing, sei durch den Vorfall sehr erschüttert. Und weiter: “Die Crew wird sich an die bewährten Praktiken halten und den mutmaßlichen Schlag bei der Internationalen Walfangkommission melden.” Nach dem Vorfall bremste die Besatzung das Boot ab, um es auf mögliche Schäden zu untersuchen. Soweit Skipper Charly Enright und sein Team es bislang visuell beurteilen konnten, habe das Boot keine Schäden davongetragen.

Neuer 24-Stunden-Rekord für Team Holcim PRB

Die drei weiteren Segler an Bord hatten Glück im Unglück und blieben unverletzt. Skipper Charlie Enright, der britische Navigator Simon Fisher und die Schweizer Trimmerin Justine Mettraux segeln das Boot weiter in Richtung Etappenhafen Aarhus. Gegen 22 Uhr taten sie das bereits wieder mit einer Geschwindigkeit von 24 Knoten.

Mit 622,58 Seemeilen raste parallel das Schweizer Team Holcim – PRB am Abend des 25. Mai zu einem neuen 24-Stunden-Rekord. Damit knackten Skipper Kevin Escoffier und seine Crew nicht nur die 600er-Marke wie zuvor 11th Hour Racing mit 608 Seemeilen, sondern segelten in eine neue Dimension. Geschichte ist mit der Leistung von Team Holcim – PRB auch der bisherige Einrumpfrekord, den der Hundertfüßer “Comanche” seit 2015 mit 618,01 Seemeilen gehalten hatte. Die fabelhafte Distanz muss allerdings noch offiziell bestätigt werden.

Die Gefahren der Rekordfahrten

Weitere Rekorde bleiben möglich. Das Unglück und die Rekordfahrten am selben Tag zeigten zur Halbzeit der fünften Ocean-Race-Etappe aber auch, wie gefährlich die Hochgeschwindigkeitspassagen sein können, mit denen die Crews aktuell in brutalen Bedingungen über den Nordatlantik rauschen.

UPDATE VOM 26. MAI, 8.40 UHR

Inzwischen hat Team Holcim – PRB den 24-Stunden-Rekord auf atemberaubende 640,91 Seemeilen hochgeschraubt. Und die Rekordgeschwindigkeiten halten an! Boris Herrmanns Team Malizia segelt ebenfalls in neuen Dimensionen, erreichte zuletzt 620,94 Seemeilen über 24 Stunden und konnte den Rückstand auf die Spitzenreiter vom Team 11th Hour Racing am Morgen des 26. Mai auf 65 Seemeilen drücken. Team Holcim – PRB hat nur noch neun Seemeilen Rückstand auf die nach ihrer Kollision gehandicapten Amerikaner. Das mit nur noch drei Seglern agierende Team 11th Hour Racing kämpft darum, seinen so lange gehaltenen Vorsprung zu verteidigen, während die Jäger näherkommen.

Schnell, ruppig und kalt so geht es auf Etappe fünf im Nordatlantik zur Sache: